Weiter so! Bloß wie und mit wem?

Politik / 02.10.2023 • 22:44 Uhr
Ganz so amikal wie bei der Fahrt zu einer Kabinettssitzung über den Bodensee geht es zwischen Markus Söder und Hubert Aiwanger wohl nicht mehr zu.DPA
Ganz so amikal wie bei der Fahrt zu einer Kabinettssitzung über den Bodensee geht es zwischen Markus Söder und Hubert Aiwanger wohl nicht mehr zu.DPA

Bayerische Landtagswahl: Eine „gmahde Wiesn“ für Söder und seinen Koalitionspartner?

München Selten war eine bayerische Landtagswahl so langweilig und so spannend zugleich. Langweilig, weil – wenn die Alpen nicht vorher zusammenbrechen – klar ist, dass der alte Ministerpräsident auch der neue sein wird. Und dass Markus Söder und die CSU aller Voraussicht nach auch weiter mit den Freien Wählern als Koalitionspartner regieren werden.

CSU (wieder) im Fall?

Spannend aber wird die Wahl aus vielerlei anderen Gründen. Für Söder persönlich gilt der 8. Oktober als die Bewährungsprobe schlechthin. Schafft er es noch, das historisch schlechte CSU-Ergebnis von 2018 zu erreichen, als die Partei um mehr als zehn Punkte auf nur noch 37,2 Prozent abstürzte? Oder geht der Niedergang der CSU weiter, wie es die jüngsten Umfrageergebnisse zumindest andeuten?

Zweitens: Wie stark werden die Freien Wähler am Ende wirklich? Die Flugblatt-Affäre um ihren Vorsitzenden Hubert Aiwanger hat der Partei zuletzt nochmals weitere Bekanntheit verschafft. In Umfragen erlebten Aiwanger & Co. seither einen ungekannten Höhenflug, lagen mit bis zu 17 Prozent rund fünf Punkte über ihrem Ergebnis von 2018. Aber halten diese Solidarisierungseffekte mit Aiwanger, dessen andauernder Kampagnen-Vorwurf bei manchen wirkt, bis zum Wahltag an? Aiwanger und viele Freie Wähler sehen sich dank des Höhenfluges gar mit einem Fuß im Bundestag, hoffen auf einen Erfolg bei der Bundestagswahl 2025.

Was wird aus den Liberalen?

Drittens: Was wird aus der „bayerischen Ampel“? Bekommen Grüne, SPD und FDP sozusagen als Berliner Halbzeitbilanz die Quittung vieler Wähler in Bayern, die vor allem mit der Arbeit der Bundesregierung unzufrieden sind? Verpasst die FDP mit Landeschef Martin Hagen gar die Fünf-Prozent-Hürde, wie es die Demoskopen vorhersagen? Und fährt die SPD nach 2018 erneut eine historische Pleite ein?

Müssen sich die Grünen mit ihren ambitionierten Spitzenkandidaten Katharina Schulze und Ludwig Hartmann nach Platz zwei 2018 diesmal wieder weiter hinten einordnen? Insbesondere für Schulze sehen viele in Bayern, nicht nur bei den Grünen, bereits heute eine wichtige Rolle bei der Landtagswahl 2028. Dann könnte die mit Abstand bekannteste Landtagsgrüne ob ihres Alters nämlich erstmals Söder direkt herausfordern, da sie im Falle eines Wahlsieges auch formell Ministerpräsidentin werden könnte. Bisher verhinderte dies die in der Verfassung verankerte Altersgrenze für Ministerpräsidenten.

AfD wohl in neuen Höhen

Und viertens: Wie schneidet die AfD diesmal ab? Fakt ist, dass die Rechtspopulisten, die in Bayern vom Verfassungsschutz beobachtet werden, hier weit von Umfragewerten in anderen Ländern entfernt sind. Dennoch räumen die Demoskopen ihnen Chancen ein, zweit- oder zumindest drittstärkste Kraft im Freistaat und damit gegebenenfalls größte Oppositionspartei zu werden – mit womöglich erheblichen Konsequenzen für ihren Status im Parlament, etwa wenn es um die Verteilung von Ausschuss-Vorsitzen oder Posten von Landtagsvizepräsidenten geht.

Söder gibt sich äußerlich demonstrativ gelassen, spricht von Demut vor Wahl und Wählern und glaubt, dass es meistens anders kommt, als die Umfragen vorhersagen. Den Höhenflug Aiwangers nennt er eine „Fieberkurve“. Die Nervosität bei ihm und den Christsozialen ist aber dennoch enorm. Wer hätte gedacht, dass Söder nach mehr als fünf Jahren Regierungszeit derart Sorgen haben muss, nicht noch weiter abzustürzen?

Für Söders bundespolitische Ambitionen, von ihm selbst regelmäßig zurückgewiesen, könnte das der Todesstoß werden – zumindest wenn die CDU ihre Wahlen bis zur Kür des Unionskanzlerkandidaten im Herbst 2024 nicht ebenfalls in den Sand setzt.