Ein Flächenbrand droht

Politik / 15.10.2023 • 22:35 Uhr
Der Kibbutz Beeri ist einer jener Orte, der vor mehr als einer Woche überfallen wurde. AFP
Der Kibbutz Beeri ist einer jener Orte, der vor mehr als einer Woche überfallen wurde. AFP

Israel muss Bodenoffensive wetterbedingt verschieben. Die Verzweiflung in Gaza steigt.

Tel Aviv, Gaza Der schlimmste Terrorangriff in der Geschichte Israels mit mehr als 1400 Toten durch die im Gazastreifen herrschende Hamas droht die Region ins Chaos zu stürzen. Seit dem Überfall am Samstag vor einer Woche bombardiert die israelische Armee das dicht besiedelte Gebiet. Bisher starben dabei nach palästinensischen Angaben mindestens 2329 Menschen, mehr als 9000 wurden verletzt. Das waren binnen einer Woche schon mehr als bei dem letzten großen Gaza-Krieg von 2014, der 50 Tage dauerte.

Die Lage der von Versorgungsgütern abgeschnittenen mehr als zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens wurde unterdessen immer dramatischer. Das Leiden könnte bei einer Bodenoffensive Israels noch viel schlimmer werden und Gegner Israels auf den Plan rufen. Die USA und andere Länder versuchten, das Schlimmste zu verhindern.

Zweite Front droht

Schon vor der Bodenoffensive aber spitzte sich die Lage an Israels zweiter Front im Norden an der Grenze zum Libanon immer weiter zu. Neun Raketen wurden nach israelischen Militärangaben am Sonntag vom Libanon aus auf Israel abgefeuert. Die Raketenabwehr habe fünf der Geschosse abgefangen. Die israelische Armee erwidere das Feuer und greife die Abschussorte im Libanon an, hieß es in der Mitteilung.

Schon in den vergangenen Tagen hatte es auf beiden Seiten Tote bei kleineren Gefechten der israelischen Armee mit der pro-iranischen Hisbollah-Miliz gegeben. Am Sonntag starb in Israel mindestens ein Mensch durch Hisbollah-Beschuss. Die vom Iran finanzierte Miliz gilt als wesentlich schlagkräftiger als die Hamas. Israelischen Schätzungen zufolge verfügt sie über rund 100.000 Raketen.

Weitere US-Kriegsschiffe

Die USA verlegen weitere Kriegsschiffe ins östliche Mittelmeer, unter anderem den Flugzeugträger „USS Dwight D. Eisenhower“, den Lenkwaffenkreuzer „USS Philippine Sea“ und zwei Zerstörer. Sie sollen sich den bereits in die Region verlegten Schiffen anschließen, wie das Verteidigungsministerium in Washington mitteilte. Die Kriegsschiffe sollen sich demnach nicht an Kampfhandlungen beteiligen, sondern der Abschreckung dienen. Das Weiße Haus betonte auch, dass man nicht plane, Bodentruppen nach Israel zu schicken.

US-Außenminister Antony Blinken setzte derweil seine Krisendiplomatie im Nahen Osten fort. Am Sonntag traf er sich in Riad mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. Saudi-Arabien strebe eine Deeskalation in dem Konflikt an, sagte der faktische Herrscher des Landes nach Angaben von Staatsmedien bei dem Treffen. China schickt nach der jüngsten Eskalation seinen Sondergesandten für den Nahen Osten kommende Woche zu Gesprächen in die Region.

Beginn der Bodenoffensive unklar

Wann die erwartete Bodenoffensive beginnen würde, blieb weiter unklar. Unbestätigten Medienberichten zufolge ist die Offensive wetterbedingt verschoben worden. Israel will die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas zerstören. Die Armee hatte mehr als eine Million Bewohner des nördlichen Gazastreifens aufgefordert, sich in den Süden zu begeben. Viele Menschen setzten sich daraufhin in den Süden ab, obwohl es dort kaum Unterkünfte für so viele Menschen gab.

Die Vereinten Nationen hatten die Evakuierungsanordnung für undurchführbar erklärt und deren Rücknahme gefordert. Zudem müsse Israel sofort die Versorgung der Menschen in dem abgeriegelten Gebiet mit Nahrung, Wasser, Medikamenten und Treibstoff zulassen. Am Sonntagnachmittag drehte Israel für den Süden des Gazastreifens das Wasser wieder auf.

Tausende Palästinenser fliehen derzeit in den Süden des Gazastreifens. AFP
Tausende Palästinenser fliehen derzeit in den Süden des Gazastreifens. AFP