Schwangerschaftsabbrüche in der Schweiz: In jedem Kantonsspital auf Kasse

Die Eidgenossenschaft geht einen anderen Weg als Österreich. Eine Expertin kritisiert aber nach wie vor existierende Hürden.
Darum geht’s:
- In der Schweiz werden Schwangerschaftsabbrüche in allen Kantons- und Regionalspitälern durchgeführt.
- Die Kosten für eine Abtreibung werden von der Krankenversicherung übernommen, es fällt jedoch ein Selbstbehalt an.
- Zwei Initiativen zur Einschränkung von Schwangerschaftsabbrüchen scheiterten in der Schweiz.
Schwarzach, Bern Wie es mit Schwangerschaftsabbrüchen in Vorarlberg nächstes Jahr weitergeht, ist noch immer ungewiss. Die Landesregierung hat sich lediglich darauf festgelegt, dass es kein Angebot in den Krankenhäusern geben soll, auch nicht übergangsweise. Ein Blick zu den Nachbarn in der Schweiz zeigt: Dort finden Abtreibungen in allen Kantons- und Regionalspitälern statt, und zwar auf Kasse, wie Barbara Berger, Geschäftsleiterin der Organisation Sexuelle Gesundheit Schweiz den VN schildert. Sie nennt aber Zugangshürden.
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Fristenregelung seit 2002
Wie in Österreich ist eine Fristenregelung auch im Nachbarland geltendes Recht. Hierzulande trat diese 1975 in Kraft, in der Eidgenossenschaft erst 2002. Bis zur zwölften Woche können ungewollt Schwangere straffrei einen Abbruch vornehmen lassen. Die Krankenkasse bezahlt dafür. In Österreich ist das in der Regel nicht der Fall. Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) betonte kürzlich: „Die Durchführung der Fristenlösung ist möglich in einer Ordination außerhalb des Spitals als Privatordinationsleistung, niemals als Gratis-Kassenleistung.“ Allerdings können auch in der Schweiz hohe Kosten anfallen. Das hat mit den Besonderheiten des dortigen Gesundheitssystems zu tun. Eine Abtreibung kostet je nach Kanton zwischen rund 500 und 3000 Franken. Der Eingriff wird von der Grundversicherung übernommen, allerdings muss ein Selbstbehalt und eine sogenannte Franchise abgezogen werden, erklärt Barbara Berger. Auf die Frage, ob es in der Schweiz umstritten ist, dass die Kasse mitbezahlt, antwortet die Expertin: „Nein. Das Problem ist die Franchise.“ Ziel sei, den Schwangerschaftsabbruch von dieser auszunehmen.

Mit der Franchise legen die Schweizer Versicherten fest, bis zu welcher Höhe sie für medizinische Behandlungskosten aufkommen. Sie beträgt zwischen 300 und 2500 Franken. Je höher die Franchise, desto niedriger sind die monatlichen Versicherungsprämien. Dafür fallen wiederum die Behandlungskosten höher aus. Wer sich für den höchsten Betrag entscheide, müsse diesen auch bezahlen können, schildert Berger. „Häufig wählen jene Personen die höchste Franchise, die auch in einer sozioökonomisch angespannten Lage sind. Somit gehen sie erst spät in eine medizinische Konsultation und das Bezahlen eines Abbruchs wird zum Problem.“ Als weiteren Knackpunkt nennt die Expertin die Vertraulichkeit bei der Abrechnung. Diese sei möglich, müsse aber separat eingefordert werden.
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Initiativen scheiterten
Grundsätzlich sind in allen Schweizer Kantons- oder Regionalspitälern Schwangerschaftsabbrüche möglich, dazu kommen mehrere ärztliche Praxen. Bannmeilen für Abtreibungsgegner vor Klinken oder Ordinationen seien bisher nicht notwendig gewesen, sagt Berger. Gleichwohl gibt es auch in der Schweiz Versuche, Schwangerschaftsabbrüche einzuschränken. Zwei Volksinitiativen scheiterten heuer an der nötigen Schwelle an Unterschriften. „Das zeigt, dass der Schwangerschaftsabbruch bei der stimmberechtigten Bevölkerung in der Schweiz gut verankert und akzeptiert ist“, sagt Berger. Sie kritisiert aber, dass mit den aktuellen Bestimmungen im Strafgesetzbuch Abbrüche grundsätzlich noch immer strafbar sind und Betroffene in den ersten zwölf Wochen eine Notlage geltend machen müssen. „Eine solche rechtliche Grundlage bedeutet eine Hürde beim Zugang zur Abtreibung, denn sie schränkt Freiheitsrechte ein, trägt zu Stigmatisierung bei und belastet das Gesundheitspersonal.“ Zudem stehe sie im Widerspruch der WHO-Richtlinien von 2022, wonach der Schwangerschaftsabbruch vollständig entkriminalisiert und aus dem Strafrecht gestrichen werden soll. Das ist auch in Österreich noch ausständig.