Kurz vor Gericht: „Bitte krieg einmal den Hals voll“, habe er Schmid sagen wollen

Ex-Kanzler Sebastian Kurz wurde nun auch am Wiener Straflandesgericht – dem „Landl“ – zum Vorwurf der Falschaussage im Untersuchungsausschuss befragt. Die Conclusio: Thomas Schmid habe er vor allem einbremsen wollen.
Wien Sebastian Kurz kämpft um alles. Stundenlang wird der 37-Jährige am Freitag am Wiener Landesgericht befragt. Wie eine strafrechtliche Hauptverhandlung wirkt das Zwiegespräch zwischen ihm und dem Vorsitzenden in einigen Momenten aber nicht, sondern eher wie eine der vielen Pressekonferenzen, die Kurz während seiner Amtszeit als Bundeskanzler gab.
Er sagt Dinge, noch bevor Richter Michael Radasztics die Frage zu einem vorgelegten Dokument stellen kann.
Er führt wie in den vergangenen Monaten immer wieder aus, dass er an voller Aufklärung interessiert sei, möchte dann aber keine Fragen der Ankläger beantworten (wie es das Recht jedes Angeklagten ist).
Er erwähnt den Gesichtsausdruck eines Anwesenden („der Staatsanwalt schaut schon verdutzt“), wird dafür vom Richter aber gerügt: Das „tu ma nicht kommentieren“.

Ein Demokrat
Außerdem kritisiert der Altkanzler bereits in seiner ersten Stellungnahme die Stimmung im Untersuchungsausschuss, wo er – wie es ihm die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorwirft – falsch ausgesagt haben soll. „Ich bin ein überzeugter Demokrat“, schätzt er sich selbst ein, und damit auch der parlamentarischen Kontrolle gegenüber positiv eingestellt, im U-Ausschuss müsse man sich aber regelmäßig davor „fürchten“, danach gerichtlich verfolgt zu werden. „Die Opposition wollte mich nicht nur anpatzen, sondern mich einfach zerstören.“

Warum Sebastian Kurz das erwähnt, wenn er seine Aussagen dort doch nach bestem Wissen und Gewissen wahrheitsgemäß tätigte, wie er immer wieder ausführt, verwundert auch den Richter. Er legt ihm fast eine Rutsche zum Konstrukt des „Aussagenotstandes“: Kurz würde freigesprochen, wenn er angibt, bewusst falsch ausgesagt zu haben, um sich nicht der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen. Aber er bleibt dabei: Wäre er auf die Befragung im Parlament besser vorbereitet gewesen, hätte er zwar anders, im Sinne von genauer, ausgesagt, inhaltlich stehe er jedoch weiterhin dazu. Und, vor allem: Von der WKStA fühle er sich ungleich behandelt.
„Ich habe mein Jus-Studium zwar nicht abgeschlossen, aber eines habe ich mir mitgenommen: Vor dem Gesetz sind alle gleich. Ich will nicht jammern, das ist auch gar nicht mein Naturell.“
Sebastian Kurz, Bundeskanzler außer Dienst
Aber: „Ich möchte nicht jammern, das ist nicht mein Naturell.“
Ein Medienvertreter lacht in diesem Moment laut auf.
Für Schmid wichtiger als für ihn
Das heißt: Er bleibt weiter dabei, in die Bestellung von Thomas Schmid zum (mittlerweile wieder ehemaligen) Vorstand der staatlichen ÖBAG nur informiert gewesen zu sein, nicht direkt involviert. „Ich kann Ihnen versichern: Das war für ihn wichtiger als für mich.“ Die WKStA wirft Kurz ja vor, seine Rolle im Zusammenhang mit dieser Bestellung im Ibiza-Untersuchungsausschuss heruntergespielt zu haben. Unter anderem will sie das durch Chats belegt sehen: „Kriegst eh alles was du willst“, schreibt Kurz mit drei Bussi-Emojis an Schmid, als es gerade um Postenbesetzungen geht.
„Es ist sehr bedauerlich, dass Ihnen Aufklärung nicht am Herzen liegt.“
Gregor Adamovic, Oberstaatsanwalt (WKStA)
„Bitte krieg einmal den Hals voll“, habe Kurz damit ausdrücken wollen, sagt er in der Vernehmung. Also quasi mit einem ironischen Unterton. Eben ausgedrückt durch die drei Bussis.

Außerdem hält Kurz fest, dass er für den Posten in der ÖBAG ja jemand anderen favorisiert hätte: den Unternehmer Siegfried Wolf. Schmid habe diesen praktisch „bekämpft“. Den Richter erstaunte das: „Und das lassen Sie sich alles aufs Aug’ drücken?“
Wieder ein Lacher.
Bonelli nicht mehr befragt
Unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen durfte nach dem zweiten Verhandlungstag der zweite Angeklagte, Bernhard Bonelli, unter Sebastian Kurz Kabinettchef im Bundeskanzleramt. Der Richter wird ihn erst am Montag erstmals befragen.
Außerdem wurde fixiert, wer der erste Zeuge, der befragt werden soll, sein werde: Kurz’ Anwalt Otto Dietrich stellte den Antrag, Thomas Schmid zuerst zu laden. Das akzeptierten WKStA und Vorsitzender, der unter der Maßgabe, dass terminbedingte Verschiebungen immer möglich seien.