Neue Gesetzespläne: Darum tobt ein Streit um die Kompetenzen der Apotheker

Politik / 01.11.2023 • 05:10 Uhr
Der Schwarzacher Pharmazeut Steinlechner spricht von sinnvollen Erweiterungen.   <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Der Schwarzacher Pharmazeut Steinlechner spricht von sinnvollen Erweiterungen.   VN/Steurer

Längere Öffnungszeiten, Medikationsanalyse, Blutdruckmessungen vor Ort: Vorhaben sieht viele Änderungen vor. Ärzte sind kritisch.

Schwarzach Die Apotheke ist in vielen Fällen die erste Anlaufstelle.“ Das betont Alfred Steinlechner, Leiter der Heilquell Apotheke in Schwarzach. „Es handelt sich um den Teil des Gesundheitssystems, der auf niedrigster Schwelle für alle zugänglich ist.“ Pharmazeuten wie er sollen künftig mehr Befugnisse bekommen. Das sieht eine geplante Gesetzesänderung der Bundesregierung vor. Aus der Sicht Steinlechners bringt sie eine sinnvolle Erweiterung. Apothekerkammerpräsident Christof van Dellen spricht von einem „lange gehegten Wunsch, der in Erfüllung geht.“ Bei den Ärzten sorgen die Pläne für Kopfschütteln. Sie fürchten um die Qualität der medizinischen Versorgung.

Apotheker sollen zukünftig mehr dürfen als bisher, zum  Beispiel  Blutzucker oder Blutdruck messen. <span class="copyright">APA/Gindl</span>
Apotheker sollen zukünftig mehr dürfen als bisher, zum Beispiel Blutzucker oder Blutdruck messen. APA/Gindl

Länger geöffnet

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) schickte den Entwurf kürzlich in Begutachtung. Das Gesetz soll Anfang 2024 in Kraft treten. Unter anderem sind längere Öffnungszeiten geplant. Die Apotheken dürfen werktags zwischen sechs und 21 Uhr und am Samstag zwischen sechs und 18 Uhr geöffnet haben. Die zulässige Gesamtöffnungszeit steigt von 48 auf 72 Stunden pro Woche. Außerdem sollen in den Apotheken einfache Gesundheitstests, etwa die Messung von Blutdruck, und Medikationsanalysen möglich sein, also eine fachliche Prüfung, ob sich die jeweils eingenommenen Präparate miteinander vertragen oder Wechselwirkungen auftreten. Vorgesehen ist auch, dass es Abgabestellen mit eingeschränktem Angebot und Öffnungszeiten geben darf, wenn es im Versorgungsgebiet Ortschaften ohne eigene Apotheke oder ärztliche Hausapotheke gibt. Auch die Zahl der Filialapotheken, die Apothekeninhaber in einem solchen Fall im Umkreis von maximal vier Kilometer betreiben dürfen, wird von einer auf drei erweitert. In Vorarlberg gibt es nur eine solche Filialapotheke in Koblach.

Christof van Dellen, Präsident der Vorarlberger Apothekerkammer und Leiter der Kurapotheke in Schruns, sieht viele Vorteile. Ein lange gehegter Wunsch gehe in Erfüllung. <span class="copyright">MEDIArt/Andreas Uher</span>
Christof van Dellen, Präsident der Vorarlberger Apothekerkammer und Leiter der Kurapotheke in Schruns, sieht viele Vorteile. Ein lange gehegter Wunsch gehe in Erfüllung. MEDIArt/Andreas Uher

Christof van Dellen, Leiter der Kurapotheke Schruns, ist überzeugt, dass die Änderungen Vorteile für die Menschen bringen. „Gerade Kollegen in den Einkaufszentren können aktuell bei bestimmten Aktionen nicht mitmachen, weil sie dann die Mindestöffnungszeiten überschreiten würden.“ Er erinnert auch daran, dass in den Apotheken zum Beispiel schon in der Coronazeit PCR-Tests vorgenommen wurden. Vieles laufe bereits in einer Art Graubereich ab. Zudem sei klar: „Wenn wir sehen, dass der Blutdruck bei einer Messung hoch ist, werden wir die Betroffenen natürlich zum Arzt schicken.“

Der Ärztekammerchef Burkhard Walla hat keine Freude mit den Plänen. <span class="copyright">VOL.at/Mayer</span>
Der Ärztekammerchef Burkhard Walla hat keine Freude mit den Plänen. VOL.at/Mayer

Anders argumentiert die Ärztekammer Österreich. Deren Präsident Johannes Steinhart bezeichnete die längeren Öffnungszeiten kürzlich als das einzig Positive an den Plänen. Die Erweiterung auf bis zu drei Filialapotheken nannte er sogar eine „absolute Kriegserklärung und Zerstörung der Hausapotheke”. Auch der Vorarlberger Kammerpräsident Burkhard Walla ortet einige heikle Aspekte im Entwurf. Tests wie die Blutdruckmessung brächten etwa für sich allein wenig, sagt der Internist. Daraus müsse eine Konsequenz gezogen werden, wofür die Apotheker aber nicht ausgebildet seien. Es gebe einen Behandlungs- und Diagnosevorbehalt für Ärzte. “Ein Schlosser kann wahrscheinlich auch einen Tisch bauen. Aber es handelt sich um eine Vermischung der Berufe, es verwischt die Qualität.“ Ferner gibt der Kammerpräsident zu bedenken, dass durch einen drohenden Verlust der Hausapotheke kleinere Gemeinden im ländlichen Bereich ihre Allgemeinmediziner verlieren könnten.

Kein Impfen in der Apotheke

Eine Änderung, auf welche die Apothekerkammer gehofft hätte, bringt das neue Gesetz nicht: Impfungen in den Apotheken. Walla hält das für positiv. „In den Ordinationen sind wir entsprechend ausgestattet, um mögliche Notfälle zu behandeln.“ Zudem gelte auch hier, dass den Apothekern die entsprechende Ausbildung fehle. Apothekerpräsident van Dellen verweist hingegen auf die Schweiz oder Deutschland, wo die Kollegen bereits längst unter strengen Auflagen impfen dürften. Der Schwarzacher Pharmazeut Steinlechner bekräftigt: „Es wäre auf jeden Fall sinnvoll, wenn wir bei Erkrankungen wie der Influenza eine möglichst hohe Durchimpfungsrate hätten.“ Die Apotheken könnten dazu beitragen.