Was wurde aus der Aufarbeitung der Pandemie?

Politik / 09.11.2023 • 17:05 Uhr
Die Akademie der Wissenschaften will unter anderem der Frage nachgehen, wie sich die starke Polarisierung rund um die Covid-Impfpflicht – ausgedrückt etwa hier auf einer Demonstration in Wien Ende 2021 – hätte vermeiden lassen. <span class="copyright">APA/Florian Wieser</span>
Die Akademie der Wissenschaften will unter anderem der Frage nachgehen, wie sich die starke Polarisierung rund um die Covid-Impfpflicht – ausgedrückt etwa hier auf einer Demonstration in Wien Ende 2021 – hätte vermeiden lassen. APA/Florian Wieser

Zeitplan mit der wissenschaftlichen Untersuchung bis zum Jahresende dürfte wohl nicht halten.

Wien Die Pandemie ist nicht vorbei. Nicht nur, weil immer noch täglich Menschen an Covid-19 erkranken. Auch Österreichs Institutionen beschäftigen sich weiterhin mit den Nachwirkungen des Virus. Etwa das Vorarlberger Landesverwaltungsgericht, bei dem zum Beispiel am Mittwoch drei Verfahren zum Thema verhandelt wurden: Wegen eines Verstoßes gegen das – mittlerweile schon außer Kraft getreteneCovid-19-Maßnahmengesetz und wegen des staatlichen Ersatzes auf Verdienstentgang laut Epidemiegesetz. „Das wird uns, schätze ich, noch bis Mitte 2024 begleiten“, sagt Gerichtspräsident Nikolaus Brandtner.

Der Prozess zieht sich

Der Bund beschäftigt sich dennoch schon mit der Aufarbeitung der Pandemie. Und zwar seit geraumer Zeit. Bereits Anfang Mai kündigten Mitglieder der Bundesregierung einen wissenschaftlichen Prozess an, der darauf abziele, „Erkenntnisse zu gewinnen und Lehren für künftige Krisensituationen zu ziehen sowie wieder mehr Verständnis zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen herzustellen“, hieß es damals in einer Aussendung. Also wurde die Akademie der Wissenschaften mit einer sozialwissenschaftlichen Analyse beauftragt, bis Ende dieses Jahres sollte ein Abschlussbericht vorliegen. Und, so führte der an der ÖAW für das Projekt verantwortliche Soziologe Alexander Bogner damals aus: „Die Zwischenergebnisse der Analyse sind Ende des Sommers zu erwarten.“

Präsentierten im Mai gemeinsam den „Covid-19-Aufarbeitungsprozess“: die Regierungsmitglieder Johannes Rauch, Karoline Edtstadler, Martin Polaschek und Alexander Bogner (v.l.n.r.) von der Akademie der Wissenschaften. <span class="copyright">APA/Eva Manhart</span>
Präsentierten im Mai gemeinsam den „Covid-19-Aufarbeitungsprozess“: die Regierungsmitglieder Johannes Rauch, Karoline Edtstadler, Martin Polaschek und Alexander Bogner (v.l.n.r.) von der Akademie der Wissenschaften. APA/Eva Manhart

Daraus wurde nichts. Zumindest konnten die Vorarlberger Nachrichten nichts in diese Richtung erfahren. Eine Sprecherin der ÖAW erläutert auf Nachfrage, dass die Experten gerade ihre Projekte zum Thema „finalisieren“ würden, prinzipiell sei die Arbeit aber noch nicht ganz erledigt: „Wie das bei wissenschaftlichen Projekten oft so ist, war der Zeitplan sehr ambitioniert.“ In eine ähnliche Kerbe schlägt eine Sprecherin von Karoline Edtstadler. Die Verfassungsministerin war bereits bei der Präsentation des Aufarbeitungsprozesses zugegen. „Der Prozess endet planmäßig Ende des Jahres, aber er zieht sich etwas. Es wird sicher noch weiter geforscht werden“, heißt es aus dem Büro der ÖVP-Politikerin. Vom bis zum Sommer angedachten Zwischenbericht ist auch dort keine Rede.

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Untersuchung und Fokusgruppen

Der Aufarbeitungsprozess der Bundesregierung ist zweigeteilt. Die Akademie der Wissenschaften widmet sich wissenschaftlichen Fragen: Etwa welche Optionen es gegeben hätte, eine gesellschaftliche Polarisierung rund um die Impfung oder das Homeschooling zu vermeiden, oder wie die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Politik während der Pandemie funktionierte. „Der andere Strang sind Fokusgruppen mit Bürgerinnen und Bürgern, die hat das Bundeskanzleramt übernommen“, sagt Edtstadlers Sprecherin. Eine Arbeitspsychologin sei damit beauftragt worden. Die ÖAW erstellte das Konzept hierfür: „Die Menschen sollen ihre Erwartungen an Politik, Wissenschaft und Medien für zukünftige Krisenereignisse formulieren”, heißt es darin.

Gesundheitsminister Johannes Rauch im Nationalrat. Diesem möchte er schon längere Zeit ein neues Epidemiegesetz vorlegen. <span class="copyright">APA/Roland Schlager</span>
Gesundheitsminister Johannes Rauch im Nationalrat. Diesem möchte er schon längere Zeit ein neues Epidemiegesetz vorlegen. APA/Roland Schlager

Nicht als Teil des Aufarbeitungsprozesses, aber dennoch als Nachwirkung der Pandemie hat sich das Gesundheitsressort einem anderen Großprojekt angenommen: der Novellierung des Epidemiegesetzes. Es basiert im Kern auf einem Gesetz aus 1913, aus Zeiten der Monarchie und war für eine moderne Pandemiebekämpfung ungeeignet. Seit 2020 wurde es über 20 Mal angepasst. Also kündigte Minister Johannes Rauch von den Grünen bereits im September 2022 an, dem Parlament ein komplett neues, modernes Epidemiegesetz vorlegen zu wollen. Doch auch das lässt auf sich warten. Ein Sprecher Rauchs sagt zu den VN, dass die zuständige Fachabteilung aktuell mit diesem Thema beschäftigt sei, ob der Zeitplan bis Ende des Jahres halte, sei aber offen.

Also wird sich das Landesverwaltungsgericht wohl noch länger mit dem veralteten Recht auseinandersetzen müssen.

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