Vollspaltenböden wohl nun doch früher verboten, in Vorarlberg herrscht darüber nicht nur Freude

Politik / 08.01.2024 • 20:00 Uhr
Vollspaltenböden in der Schweinehaltung - hier einmal dargestellt vom "Verein gegen Tierfabriken" bei einer Kundgebung in Bregenz - sollen schon eher der Vergangenheit angehören. <span class="copyright">VN/Philipp Steurer</span>
Vollspaltenböden in der Schweinehaltung - hier einmal dargestellt vom "Verein gegen Tierfabriken" bei einer Kundgebung in Bregenz - sollen schon eher der Vergangenheit angehören. VN/Philipp Steurer

Der Verfassungsgerichtshof hat einem Antrag der burgenländischen Landesregierung über das Tierschutzgesetz statt gegeben, Vollspaltenböden in der Schweinehaltung soll es nun doch schon vor 2040 gar nicht mehr geben.

Wien, Bregenz Der Verfassungsgerichtshof hat es wieder einmal getan. Er schiebt einem Projekt der Bundesregierung einen Riegel vor. Ursprünglich hatten ÖVP und Grüne ja im Parlament beschlossen, die Schweinehaltung auf Vollspaltenböden zu verbieten – aber erst ab 2040, nach einer langen Übergangsfrist von 17 Jahren. Nur neue dementsprechende Anlagen dürfen bereits seit 2023 nicht mehr gebaut werden. Das ist rechtswidrig, hat das Höchstgericht entschieden.

Nur einseitig Investitionen geschützt

Denn Betreiber neuer Anlagen – gebaut seit letztem Jahr – hätten wegen der für sie geltenden höheren Standards höhere Kosten als bestehende Betriebe: „Damit herrscht ein ungleicher Wettbewerb, der 17 Jahre lang dauern würde“, heißt es von der Freyung in Wien in einer Presseaussendung. Mit der Übergangszeit werde zu einseitig nur auf den Investitionsschutz abgestellt, ohne Rücksicht darauf, wann die Investitionen im Bau getätigt wurden – das widerspricht angesichts des grundsätzlichen Bekenntnisses der Regierungsparteien zur Abschaffung von Vollspaltenböden dem Gleichheitsgrundsatz. Der Gesetzgeber muss nun bis zum 1. Juni 2025 eine neue, kürzere, Übergangsfrist festlegen, oder das Betriebsverbot tatsächlich gleich wirksam werden lassen.

“Das ist ein historisches Urteil und ein großer Erfolg für den Tierschutz. Noch immer leidet in Österreich der Großteil der Schweine auf Betonböden.”

Sandra Pfister, Verein gegen Tierfabriken
Sandra Pfister setzt sich beim "Verein gegen Tierfabriken" ein, der auch dieses Bild von einer Kundgebung zum Thema Vollspaltenböden in der Schweinehaltung zur Verfügung gestellt hat.
Sandra Pfister setzt sich beim "Verein gegen Tierfabriken" ein, der auch dieses Bild von einer Kundgebung zum Thema Vollspaltenböden in der Schweinehaltung zur Verfügung gestellt hat.

Naturgemäß groß ist die Freude über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bei den Tierschützern. Vollspaltenböden stehen bei ihnen in der Kritik, der Verein gegen Tierfabriken sieht darin für die Schweine ein „Leben über ihren eigenen Exkrementen“. Diese fallen nämlich durch die Spalten in eine Güllegrube unter dem Betonboden, Schweine leiden oft an Entzündungen an den Gelenken. Die Vorarlbergerin Sandra Pfister vom VGT spricht gegenüber den VN also von einem „historischen Urteil“ und einem großen Erfolg für den Tierschutz: „Noch immer leidet in Österreich der Großteil der Schweine auf Betonböden.“

“Insgesamt sind eineinhalb Jahre Zeit, die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen und das Gesetz zu adaptieren. Wir sind mit Nachdruck dahinter, praktikable Regelungen zu schaffen.”

Josef Moosbrugger, Präsident Landwirtschaftskammer
Der Vorarlberger Josef Moosbrugger ist Präsident der österreichischen Landwirtschaftskammer. <span class="copyright">APA/Hans Punz</span>
Der Vorarlberger Josef Moosbrugger ist Präsident der österreichischen Landwirtschaftskammer. APA/Hans Punz

Josef Moosbrugger, Präsident der Landwirtschaftskammer, gibt im Gespräch mit den Vorarlberger Nachrichten aber zu bedenken, dass bei einer kürzeren Übergangsfrist die wirtschaftlichen Grundlagen vieler Betriebe auf dem Spiel stehen würden: „Wir sind mit Nachdruck dahinter, rechtskonforme, aber gleichzeitig praktikable, Regelungen zu schaffen.“ Außerdem plädiert er bei einem früheren Verbot für den Betrieb von Vollspaltenböden für ein Importverbot von Schweinefleisch dieser Haltungsart: „Alle, die die Entscheidung als Erfolg verkaufen, verschweigen, dass das System nur mit einem Regalverbot funktioniert, weil Leute ansonsten lieber zum günstigeren Produkt greifen.“

Nächster Punkt auf der Liste der Koalition

Tierschutzminister Johannes Rauch sieht sich bestätigt, nun liegt es an ihm, mit Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig eine neue Gesetzesvorlage auszuverhandeln. Er wünscht sich eine Lösung, die den Landwirten den Übergang wirtschaftlich ermöglicht, „damit bessere Bedingungen in der Schweinehaltung rasch Wirklichkeit werden“.

Der für die Landwirtschaft zuständige Landesrat, Christian Gantner, äußerte sich gegenüber den VN nicht zum Thema, weil es das in Vorarlberg kaum mehr sei. Aus dem Amt der Landesregierung heißt es, dass maximal eine Handvoll von 564 Betrieben weiter auf Vollspaltenböden setzen würden – der größte Teil der 6570 Schweine im Land lebe also nicht mehr darauf.

Tierschutzminister ist Johannes Rauch (M.), Landwirtschaftsminister ist Norbert Totschnig (r.) und zu sehen auf diesem Archivbild ist auch Vizekanzler Werner Kogler (l.). <span class="copyright">APA/Helmut Fohringer</span>
Tierschutzminister ist Johannes Rauch (M.), Landwirtschaftsminister ist Norbert Totschnig (r.) und zu sehen auf diesem Archivbild ist auch Vizekanzler Werner Kogler (l.). APA/Helmut Fohringer