Gefährliche Untersuchungsausschüsse

Politik / 10.01.2024 • 17:55 Uhr
Gefährliche Untersuchungsausschüsse
Im Frühjahr werden gleich zwei Untersuchungsausschüsse im Parlament eingesetzt. SPÖ und FPÖ möchten die ÖVP untersuchen – und umgekehrt. APA

Experte warnt davor, dass das Kontrollinstrument beschädigt wird.

Wien Am Donnerstag beginnen im Nationalrat zwei Untersuchungsausschüsse. SPÖ und FPÖ haben einen U-Ausschuss zur Covid-Finanzierungsagentur Cofag angestoßen, die ÖVP initiierte einen U-Ausschuss mit dem Thema „Rot-Blauer Machtmissbrauch“. Beiden Ausschüssen bleibt wenig Zeit. Dafür sorgt die nahende Nationalratswahl. In der Wahlkampfphase sind U-Ausschüsse nicht erlaubt. Zwar treten die U-Ausschüsse heute erstmals zusammen, die Befragungen beginnen allerdings erst im März. Die letzten Sitzungen sind am 1. Juli geplant. Politikberater Thomas Hofer warnt: „Die Gefahr ist, dass in der aktuellen hoch emotionalisierten Politikumgebung dieses ganz zentrale Instrument entwertet wird.“

„Nicht stumpf machen“

In der Bevölkerung sei dies schon bei den vergangenen U-Ausschüssen geschehen, stellt Hofer fest. “Auch wenn der jüngste Ausschuss durchaus relevante Ergebnisse gebracht hat, ist das laut Umfragen weniger in der Bevölkerung angekommen. Hängen blieb mehr das politische Hickhack. Da muss man aus einer demokratiepolitischen überparteilichen Sicht schon warnen, dass man dieses Instrument nicht stumpf macht, indem man es für tagespolitische und wahlkampftechnische Überlegungen einsetzt.“ Denn ein Untersuchungsausschuss sei eigentlich ein ganz wesentliches und unverzichtbares Instrument des Parlaments, betont der Experte.

Debatte über Übertragung

Im Vorfeld der Ausschüsse ist auch über eine Fernseh-Übertragung der Sitzungen diskutiert worden. Hofer findet Für und Wider: „Einerseits ist es natürlich ein legitimes Anliegen, Transparenz zu schaffen. Andererseits muss man Zweifel an der demokratiepolitischen Reife unterschiedlicher Fraktionen haben. Der Ausschuss darf nicht zur Rhetorikbühne werden.“

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Richtig los geht es im März. Zum Thema Cofag sind die ersten Auskunftspersonen am 6. März geladen. In der Woche danach jene zum „Rot-Blauen Machtmissbrauch“. Keine vier Monate später ist wieder Schluss. Eine Verlängerung über den Juli hinaus ist praktisch ausgeschlossen. Laut Verfahrensordnung müssen Untersuchungsausschüsse 83 Tage vor der Nationalratswahl ihre Tätigkeit einstellen. Sollte die Wahl wie vor fünf Jahren am 29. September stattfinden, müssten die Ausschüsse somit am 8. Juli ihre Tätigkeit einstellen.

Die ÖVP möchte mit ihrem Ausschuss die Regierungsbeteiligungen von SPÖ und FPÖ im Zeitraum Jänner 2007 bis zum Jänner 2020 unter die Lupe nehmen. FPÖ und SPÖ wollen im Cofag-Ausschuss die Coronaförderungen und die Coronazeit aufarbeiten, wie FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker erklärt. Er hat am Mittwoch präsentiert, wen die FPÖ in den Cofag-Ausschuss laden möchte. Fixstarter als Auskunftspersonen sind Ex-Finanzminister Gernot Blümel, dessen Nachfolger Magnus Brunner und Kanzler Karl Nehammer (alle ÖVP) sowie Investor René Benko. Heute sollen neben dem Arbeitsplan bereits erste Ladungslisten vorgelegt und beschlossen werden.

Hofer hofft, dass sich die Parteien an der Nase nehmen. „Ich lebe nicht in einer naiven Welt. Natürlich wird jede Fraktion versuchen, politisches Kapital aus dem Untersuchungsausschuss zu schlagen. Allerdings sind diese politiktaktischen Überlegungen dominant geworden.“ Auch die Bevölkerung nehme das mittlerweile so wahr. „Und das ist eine problematische Entwicklung“, warnt Hofer.