Kapitalsteuer auf Vorsorgeaktien spaltet die Regierung

Brunner pocht auf eine Behaltefrist, die von der Kapitalertragssteuer befreit. Die Grünen bleiben bei ihrem “Nein”.
Darum geht’s:
- Die österreichische Bundesregierung plant eine Behaltefrist für die Kapitalertragsteuerbefreiung von Kursgewinnen bei Wertpapieren und Fondsprodukten.
- Ursprünglich sollte die Frist 2-3 Jahre betragen, nun wurde ein neuer Vorschlag mit einer zehnjährigen Behaltefrist gemacht.
- Die Grünen sind gegen den Vorschlag, da sie befürchten, dass vor allem die Reichsten davon profitieren würden.
Wien Der türkis-grünen Bundesregierung läuft die Zeit davon. Zumindest wenn es darum geht, alle Vorhaben im Regierungsprogramm umzusetzen. Insbesondere jenes auf Seite 51: “Erarbeitung einer Behaltefrist für die Kapitalertragsteuerbefreiung für Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten”. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) startet jetzt einen weiteren Anlauf – und wird prompt vom Koalitionspartner wieder gebremst.
Wer in Österreich mit Fonds, Aktien oder anderen Anlagen Gewinne erzielt, muss davon 27,5 Prozent besteuern. Das macht Anlagevorhaben unattraktiver, mahnt die ÖVP. Zumindest möchte sie Kapitalanlagen wieder attraktivieren, allerdings nicht für kurzfristige Spekulationen, sondern zur Vorsorge. Also erdachte Brunners Finanzministerium vor rund einem Jahr folgenden Plan: Wer Geld in Aktien, Fonds oder Anleihen in einem Vorsorgedepot anlegt, kann dies bis 100.000 Euro steuerfrei tun. Die Gewinne sollen also von der Kapitalertragsteuer (KEST) befreit werden. Damit kurzfristige Spekulationen davon aber ausgenommen werden, muss das Geld mindestens zwei bis drei Jahre im Depot liegen, sonst wird die Steuer fällig. Nicht nur der grüne Koalitionspartner sprach anschließend von einer zu kurzen Frist. Auch Rechtsexperten bemängelten den Vorschlag: Die Frist sei zu kurz, um Spekulationen auszunehmen. Und das Gesetz sehe vor, dass eine KEST-Befreiung nur für die Vorsorge möglich ist.
Neuer Vorschlag
Jetzt hat Brunner nachgebessert. Der neue Vorschlag sieht eine zehnjährige Behaltefrist vor. Erst dann greift die KEST-Befreiung. “Wir haben uns mit Experten beraten, um verfassungsrechtliche Konformität zu schaffen. Wir sind auf die Bedenken und Sorgen eingegangen, die Zehnjahresfrist zeigt, dass es um den Vorsorgegedanken geht”, betont Brunner. Er ist überzeugt: “Jetzt gibt es keine sachliche Kritik mehr. Nur noch eine allgemeine. Und die äußert man nur, wenn man prinzipiell dagegen ist, etwas umzusetzen, was das Regierungsprogramm vorsieht.”
Die zehnjährige Behaltefrist gilt aber nicht immer. Wer Geld für Vorsorgeprojekte wie eine Wohnung oder die Pension benötigt, kann es auch früher steuerfrei aus dem Depot nehmen. Brunner betont: “Das ist ein wichtiges Thema, weil der Vorsorgegedanke damit in die breite Gesellschaft getragen wird. Aber natürlich geht es auch um eine Attraktivierung des Kapitalmarktes.”
Grüne nicht begeistert
Der Koalitionspartner bleibt auf der Bremse. Die grüne Finanzsprecherin Nina Tomaselli erteilt Brunners Ansinnen eine Absage. “Zehn Prozent der vermögendsten Menschen besitzen 58 Prozent des Aktienvermögens”, rechnet sie vor. “Wenn ich die KEST senke, und die Behaltefrist ist eine Steuersenkung, dann profitieren also vor allem die Reichsten davon.” Und das, obwohl Kapitalgewinne steuerlich gegenüber dem Arbeitseinkommen schon bevorzugt werden. “Die KEST-Reduktion würde dieses Ungleichgewicht verstärken”, fährt Tomaselli fort.
Das Vorhaben findet sich zwar im Regierungsprogramm, aber: “Im Moment gibt es andere Prioritäten, um die wir uns kümmern müssen, etwa den Kampf gegen die Klimakrise und den Kampf gegen die Teuerung.” Geld aus dem öffentlichen Haushalt könne man nie zweimal ausgeben. “Und da muss ich mich als Politik entscheiden, wofür ich es ausgebe. Momentan gibt es Wichtigeres als ein Aussetzen der KEST.”
Brunner widerspricht: “Dinge, die im Regierungsprogramm stehen, sollte man vorantreiben.” Er kenne viele bei den Grünen, die dem Vorschlag offen gegenüberstehen, sagt Brunner. Und: “Ich werde weiter darum kämpfen.”