Sanktionierte Russen in Vorarlberg: Neos fordern mehr Transparenz bei Grundbesitz

Politik / 17.01.2024 • 17:00 Uhr
Sanktionierte Russen in Vorarlberg: Neos fordern mehr Transparenz bei Grundbesitz
Stephanie Krisper und Johannes Gasser machen Druck wegen russischem Geld im heimischen Grundbuch. APA, VN, Canva

Die Neos zeigen sich über den Umgang mit Grundstücken möglicherweise sanktionierter Personen mit russischer Staatsbürgerschaft irritiert.

Wien Wie soll mit Eigentum umgegangen werden, das Menschen oder deren Firmen gehört, die von Sanktionen gegen regierungsnahe russische Personen betroffen sind? Spätestens seit zwei Jahren – dem Beginn des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine – ist diese Frage wieder höchst relevant. Mehr darüber wollten jetzt die Neos herausfinden. Mit mehreren parlamentarischen Anfragen auf Bundesebene sowie in den Landtagen, wie es Nationalratsabgeordnete Stephanie Krisper den Vorarlberger Nachrichten erklärt. Doch die Antwort aus Vorarlberg – vom zuständigen Landesrat Christian Gantner von der ÖVP – lässt aus ihrer Sicht zu wünschen übrig.

Als Reaktion auf den Angriff auf die Ukraine verschärfte der Rat der Europäischen Union die Sanktionen gegen Russland und seine Staatsbürger mehrmals deutlich. <span class="copyright">AFP/John Thys</span>
Als Reaktion auf den Angriff auf die Ukraine verschärfte der Rat der Europäischen Union die Sanktionen gegen Russland und seine Staatsbürger mehrmals deutlich. AFP/John Thys

Keine Rückabwicklung möglich

Denn Klubobmann Johannes Gasser wollte Folgendes von ihm wissen: „Welche Assets, die von Wirtschaftssanktionen gegen Russland betroffen sind, konnten bisher in Vorarlberg festgestellt werden?“ Er forderte von Gantner also etwa eine Liste mit Grundstücken, die Menschen gekauft haben, die mittlerweile sanktioniert wurden. Diese könnten laut Neos nämlich eingefroren werden, auch wenn sie vor den Sanktionen über die Bühne gingen: „Es geht uns nicht darum, jemanden zu enteignen, sondern nur darum, Vermögen einzufrieren“, sagt Krisper dazu. Gantners Antwort: „In grundverkehrsrechtlicher Hinsicht besteht keine Sanktionsmöglichkeit (Rückabwicklung etc.) zulasten ausländischer Personen, die nachträglich mit Wirtschaftssanktionen belegt werden.“ Ohne Liste.

Sanktionierte Russen in Vorarlberg: Neos fordern mehr Transparenz bei Grundbesitz
Neos-Klubobmann Johannes Gasser (r.) hat die Anfrage im Land gestellt, Parteikollegin Stephanie Krisper ist als Nationalratsabgeordnete im Bund für dieses Thema zuständig. APA/Roland Schlager, Maurice Shourot

Dass Gantner nur darauf verwies, keine Rückabwicklungsmöglichkeit zu haben, irritierte die Neos – und stellte sie vor die Frage, ob es im Land Grundstücke gibt, die sanktionierten Personen gehören. Und das kann der Landesrat auch nachvollziehen. Im VN-Gespräch beteuert er: „Ich verstehe, dass die Formulierung in der Anfragebeantwortung das offen lässt.“ Er hält aber fest: „Der Verdacht ist unbegründet, es wäre gar nicht notwendig gewesen, irgendwelche Verkäufe rückabzuwickeln, weil es keine Anlassfälle gab.“

Grundstückskäufe durch Ehepaare

Und: Seit den 1990er-Jahren wurden laut dem Vorsitzenden der Grundverkehrs-Landeskommission weniger als 30 Grundstückskäufe durch Personen mit russischer oder belarussischer Staatsbürgerschaft genehmigt: „Bei den meisten Fällen handelt es sich um Ehepaare, wobei der andere Ehepartner Inländer war.“ Als Inländer im Sinne des Grundverkehrsgesetzes gelten auch Angehörige von Staaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums.

„Es wäre gar nicht notwendig gewesen, irgendwelche Verkäufe rückabzuwickeln, weil es keine Anlassfälle gab.“

Christian Gantner (ÖVP), Landesrat

Für Krisper ist das Ganze aber immer noch nicht zufriedenstellend. Denn sie bezweifelt, dass das Vorarlberger Prozedere tatsächlich wirksam ist, um etwa die gewerbliche Nutzung von Immobilien durch mit Sanktionen belastete Personen einzuschränken – zum Beispiel, indem man sie, wie beschrieben, einfriert. Laut dem Vorsitzenden der Grundverkehrskommission wurde im Frühjahr 2022 eine Liste der Russen und Belarussinnen an das Innenministerium übermittelt, die Eigentum in Vorarlberg erworben haben. Mittlerweile tausche man sich aus, wenn es eben notwendig sei.

Landesrat Christian Gantner ist für die Abteilung „Landwirtschaft und ländlicher Raum“ zuständig – und damit auch für die Grundverkehrskommission. <span class="copyright">Maurice Shourot</span>
Landesrat Christian Gantner ist für die Abteilung „Landwirtschaft und ländlicher Raum“ zuständig – und damit auch für die Grundverkehrskommission. Maurice Shourot

„Für einen Anlassfall muss man halt auch hinschauen, wenn jemand nachfragt. Das Absurde ist, dass diesbezüglich nicht einmal Erfolge zu sehen sind, selbst wenn Investigativjournalisten etwas aufdecken“, sagt Krisper diesbezüglich. Und ihr Parteikollege Johannes Gasser wünscht sich eine allgemein transparentere Arbeitsweise der Grundverkehrskommission: „Man weiß nicht genau, wer drinsitzt, man weiß nicht genau, wie die Abläufe ausschauen, das ist alles nicht optimal“, sagt er den VN.

Stichwort: Die Grundverkehrs-Landeskommission

Werden land- und forstwirtschaftliche Flächen oder Baugrundstücke an einen neuen Eigentümer übertragen, kommt in bestimmten Fällen die Grundverkehrs-Landeskommission zum Zug. Bei unbebauten Baugrundstücken etwa, um die verpflichtende Erklärung des Käufers, das Grundstück innerhalb von zehn Jahren zu bebauen, zu überwachen: “Hiermit wird das Ziel verfolgt, eine möglichst breite, sozial verträgliche und der Größe des Landes entsprechende Streuung des Grundeigentums zu erhalten und insbesondere der Baulandhortung entgegenzuwirken”, heißt es auf der Website der Vorarlberger Landesregierung.

Die Kommission muss aber auch handeln, wenn Grundstücke durch Ausländerinnen und Ausländer erworben werden sollen – in solchen Fällen muss sie den Kauf selbst genehmigen. Nicht als Ausländer gelten in diesen Fällen Angehörige von Staaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums – sie sind Inländern gleichgestellt.

Laut des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes besteht die Grundverkehrs-Landeskommission aus einem Vorsitzenden, einem Juristen aus der Abteilung im Amt der Landesregierung und sechs Beisitzern, die von der Landesregierung für fünf Jahre bestellt werden: Je einen Beisitzer nominieren Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer, je zwei der Gemeindeverband und die Landwirtschaftskammer.