Tempo 30 bald auf Landesstraßen möglich: “Wir finden das natürlich ganz toll”

Neue Straßenverkehrsordnung geht in Begutachtung. Gemeinden erhalten mehr Spielraum für Tempo 30 auf Landesstraßen durchs Ortszentrum.
Bregenz, Wien Die Römerstraße in Bregenz. Ein ganz normaler Morgen. Ein Bus hält. Türe auf, Kinder raus, Türe zu. Nächster Bus, selbes Spiel. Bus hält, Kinder raus, Bus fährt. Die Kinder, die hier aussteigen, müssen in eine der drei umliegenden Schulen. Dafür müssen sie unter der Straße durch, manche gehen darüber, es ist jedenfalls einiges los – und das kann gefährlich sein. Manche Autos fahren langsam, manche bleiben stehen, andere halten sich an die Höchstgeschwindigkeit und manche bleiben auf dem Gaspedal stehen. Barbara und Christian Tuerr ärgern sich seit langer Zeit darüber. Sie haben deshalb eine Initiative für Tempo 30 auf Straßen wie der Römerstraße gefordert. Die Römerstraße ist eine Landesstraße, Kommunen können nicht einfach die Geschwindigkeit reduzieren. Bis jetzt. Heute präsentierte die Bundesregierung eine Änderung der Straßenverkehrsordnung. In Zukunft wird es Bürgermeistern wesentlich erleichtert, Tempo 30 auch auf Landesstraßen einzuführen.

Zur großen Freude von Georg Bucher, Bürgermeister von Bürs. Sein Ort wird durch eine Landesstraße durchtrennt. Kinder, Jugendliche, Erwachsene – alle müssen die Straße queren, wenn sie in die Schule, in den Supermarkt oder ins Rathaus müssen. Besonders gefährlich wird es, wenn sie an der Straße entlanglaufen. Der Gehsteig ist manchmal nur einen halben Meter breit, Autos und Busse fahren mit 50 Stundenkilometern und mehr durch Bürs. “Wir haben sehr viele Schulwege, private Wege, zur Kirche und so weiter, für alle muss man die Landesstraße queren. Tempo 30 würde massiv zur Verkehrssicherheit beitragen”, sagt Bucher. Er erhält nun das nötige Instrument.

Mehr als 50 Städte und Gemeinden haben sich in Vorarlberg für eine Änderung der Straßenverkehrsordnung ausgesprochen. Darunter Bürgermeister von ÖVP, SPÖ, Grüne und FPÖ. Auch der Vorarlberger Gemeindeverband fordert eine Novelle. Heute ist es soweit, das neue Gesetz geht in Begutachtung. Es sieht vor, dass Städte und Gemeinden zukünftig auch auf Landesstraßen Tempo 30 einführen können. Und zwar immer dann, wenn die Straße in einem Bereich mit besonderem Schutzbedürfnis liegt – also eben zum Beispiel im Schulbereich, bei Krankenhäusern oder Freizeiteinrichtungen. Vorarlbergs Mobilitätslandesrat Daniel Zadra erläutert: “Die Verkehrsberuhigung muss die Verkehrssicherheit insbesondere für Fußgänger und Radfahrer erhöhen. Alle Experten gehen davon aus, dass das im Ortszentrum immer der Fall ist.”
Bisher waren die Unfallzahlen ausschlaggebend. “Es konnte sein, dass ein Bürgermeister Tempo 30 wollte, die Bezirkshauptmannschaft aber auf das strenge Gesetz verweisen musste und den Wunsch ablehnte, weil es zu wenig Opfer gab.” Georg Bucher aus Bürs kann davon ein Lied singen: “Hätten wir mehr Verletzte und Tote gehabt, wäre der 30er in Ordnung gewesen.” Jetzt werden präventive Temporeduktionen auf Landesstraßen möglich, um die Sicherheit zu erhöhen.
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Barbara Tuerr von der Initiative in Bregenz ist darüber hocherfreut: “Wir finden das natürlich ganz toll.” Natürlich gehe es vor allem um die Sicherheit. Aber: “Auch der Lärmaspekt spielt eine Rolle. Speziell, wenn die Fahrbahn nass ist, ist es extrem laut. Auch an der Rheinstraße gibt es eine ähnliche Situation.” Sie wünscht sich nicht nur die Temporeduktion. “Es braucht auch sinnvolle Maßnahmen rundum das Gesetz, also dass die Geschwindigkeit kontrolliert wird und die Straßen rückgebaut werden.”
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Auch die Kontrolle soll den Gemeinden mit dem neuen Gesetz erlaubt sein. Sie dürfen künftig Radarkontrollen selbst durchführen. Bisher war das nur möglich, wenn sie eine eigene Gemeindepolizei haben. Gemeindeverbandspräsidentin Andrea Kaufmann ist ebenfalls froh über die Gesetzesänderung: “Nun sollen endlich langjährige Forderungen des Gemeindebundes umgesetzt werden.” Sie ist auch Vizepräsidentin des österreichischen Gemeindebundes und Dornbirner Bürgermeisterin. In Dornbirn fordern Bürger in Haselstauden Tempo 30, auch in der Höchsterstraße möchte die Stadt die Geschwindigkeit reduzieren.
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Alles natürlich vorausgesetzt, der Nationalrat stimmt dem Gesetz schließlich auch zu. Landesrat Zadra wirbt jedenfalls dafür. “Ich rufe alle Parteien auf, mitzustimmen.” Läuft alles nach Plan, tritt das Gesetz im Sommer in Kraft. In Bürs wäre ein langer Kampf damit vorläufig zu Ende. Dort wird gerade auch über eine andere Verkehrssicherheitsmaßnahme diskutiert. Während Bregenz oder Hohenems bereits auf Gemeindestraßen großflächig Tempo 30 eingeführt haben, ist das in Bürs nicht der Fall. Vielleicht kommt dort die Temporeduktion auf Landes- und Gemeindestraßen zur gleichen Zeit.