Ein Ex-Bürgermeister vor Gericht: Was hinter der Anklage rund um die Gemeinde Fußach steckt

An mindestens vier Verhandlungstagen verhandelt das Landesgericht Feldkirch im Mai über die vom Landesrechnungshof aufgedeckten Verfehlungen in Fußach.
Von Matthias Rauch und Maximilian Werner
Fußach Was der Landesrechnungshof im Juni 2021 aufdeckte, barg kommunalpolitischen Sprengstoff. Roland Frühstück, ÖVP-Klubobmann im Landtag, sagte damals: „Ich kann mich an keinen Rechnungshofbericht erinnern, der so massive Kritik äußert.”
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Über Jahre hinweg wurden im Fußacher Gemeindeamt öffentliche Gelder verspekuliert, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht korrekt angestellt und teils mit Gutscheinen bezahlt und eigentlich vorgesehene Kontrollinstrumente nicht genutzt oder bewusst umgangen. Der damals bezifferte Schaden: rund zwei Millionen Euro.
Vorerst vier Verhandlungstage
Verantwortlich für die Angelegenheit sollen vor allem der ehemalige Bürgermeister Ernst Blum und dessen frühere Leiter der Finanzabteilung im Rathaus sein. Davon geht zumindest die Staatsanwaltschaft Feldkirch aus. Sie brachte bereits im Juni vergangenen Jahres Anklage wegen eines Teils der vom Landesrechnungshof aufgedeckten Unregelmäßigkeiten gegen die beiden Männer ein. Nun nimmt sich das Feldkircher Landesgericht Verzögerung der Sache an. Erst jetzt, weil in der Zwischenzeit die Zuständigkeit für das Verfahren zu einem anderen Richter wechselte, sagt Dietmar Nußbaumer, Leiter der Medienstelle, auf VN-Anfrage.

“Die wesentlichen Tatvorwürfe betreffen den Zeitraum von 2013 bis 2020”, sagt er außerdem. Der nun zuständige Richter hat die ersten Verhandlungstage angesetzt. Die Einvernahme der beiden Angeklagten geht an vier Vormittagen zwischen 14. und 17. Mai im Schwurgerichtssaal über die Bühne, voraussichtlich folgen dann weitere Termine.
Privatbeteiligte Gemeinde
In der Gemeindestube von Fußach ist man noch zurückhaltend. “Wir haben noch keine Forderungen angemeldet”, bestätigt Bürgermeister Peter Böhler den Vorarlberger Nachrichten. Mit der Gemeindevertretung ist abgestimmt, zuerst die Verhandlungen der Republik gegen die beiden Beschuldigten abzuwarten, bevor man eigene Schadenersatzforderungen anmeldet. Der Klage gegen den früheren Bürgermeister und seinen Finanzleiter ist Fußach als Privatbeteiligter angeschlossen.

Fußach hilft hier auch, dass bereits ein Teil des entstandenen Schadens retourniert wurde. So flossen aus den Niederlanden 1,5 Millionen Euro aus den Spekulationsverlusten in die Gemeindekasse zurück. “Das hilft, dem Prozess entspannter entgegenzublicken”, bestätigt Böhler. Ansonsten müsse man nun die Verhandlung abwarten. Im Gegensatz zum finanziellen sei der politische Schaden in der Bodenseegemeinde kaum abzuschätzen. Auch die Verwaltung musste von Grund auf neu aufgebaut werden.
Der Vorwurf: über 200.000 Euro Schaden
Laut des Tatvorwurfs hätten die beiden Angeklagten eine Sonderzulage und eine fixe Überstundenabgeltung für den angeklagten Finanzabteilungsleiter beschlossen. Außerdem sollen sie nach Aufhebung einer entsprechenden Verordnung durch die Gemeindeaufsichtsbehörde dennoch eine nachträgliche Entschädigung an den angeklagten Bürgermeister vereinbart und ausbezahlt haben. All das sei teilweise ohne Genehmigung des Gemeindevorstandes und teilweise entgegen der vom Gemeindevorstand beschlossenen Gehaltsobergrenze geschehen. Die Schadenssumme aus der angeklagten Tat: über 200.000 Euro.

Ernst Blum, der bis 2020 für 27 Jahre als Bürgermeister der Gemeinde Fußach vorstand und zwischen 2009 und 2014 auch Landtagsabgeordneter für die FPÖ war, war für die Vorarlberger Nachrichten vorerst nicht erreichbar. Eine angefragte Stellungnahme zu den in der Presseaussendung des Landesgerichts wiedergegebenen Vorwürfen wird bei Einlangen ergänzt. Vor dem Kontrollausschuss des Landtags betonte Blum, von den Vorgängen in seiner Gemeinde nichts gewusst zu haben. Bei einem Schuldspruch durch den Schöffensenat droht ihm eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren, auch aufgrund des hohen Schadens. Nach Informationen der Austria Presse Agentur ist in der Anklage der Komplex um die Veranlagungen abgespalten worden. Damit könnten in der Causa noch weitere Verfahren folgen.

Korrektur um 17.50 Uhr: In einer ersten Version des Artikels sprachen wir davon, dass “Geschworene” am Landesgericht über das Verfahren entscheiden würden. Das war nicht korrekt, die Angelegenheit wird vor einem Schöffensenat verhandelt. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.