Humor gegen Kickl
Herbert Kickl ist auf die klassischen Medien beleidigt. Auf den ORF ganz besonders. Von dem wird er gar nicht so befragt, wie er es gern möchte. Diese Woche nutzte Kickl die erste Sitzung des Nationalrats zu einem Rundumschlag gegen „als Journalisten getarnte Polit-Akteure, die den ORF für Propaganda gegen die freiheitliche Partei missbrauchen“.
Wie er lieber befragt würde, hat danach SPÖ-Klubchef Philip Kucher aufgezeigt. Nämlich so, wie man Kickl im Online-Portal FPÖ-TV befragt: „Herbert, was ist das Geheimnis deines Erfolges, was macht dich so einzigartig?“ Kucher: „Kickl ist immer in der Lage, diese kritischen Fragen zu beantworten.“ Doch allen klassischen Medien zum Trotz führt Kickl die Umfragen deutlich an. Wie man ihm beikommen könnte, hat Kucher aufgezeigt. Mit Humor, dennoch glasklar. Er warf dem FPÖ-Obmann nicht dessen fragwürdiges Vokabular vor oder die Versuche, Medien à la Orban in den Griff zu bekommen, sondern erinnerte ihn nur – an dessen Vergesslichkeit. Kickl habe drei Jahre lang von seiner Partei zusätzlich zur Nationalrats-Gage „unabsichtlich“ jeden Monat 10.000.- Euro kassiert, „an flotten Zehner“ (Kucher). Als er dabei ertappt wurde, sagte er: „Ich weiß nicht, wie das passieren konnte“ (Kucher). Beifall aller Fraktionen, außer der FPÖ. Deren Generalsekretär Hafenecker meinte nur, mit verkniffenem Gesicht, er habe sich amüsiert.
Nein, Kickl braucht die etablierten Medien nicht. Eine Studie der Universität Oxford in 46 Ländern hat ergeben, dass nur mehr 23 Prozent der Menschen ihre Nachrichten von klassischen Medien beziehen. Kickl hat das längst erkannt. FPÖ-TV ist auf YouTube reichweitenstark, dank knapp 200.000 Abonnenten. Mittlerweile wurden fast 6000 Videos hochgeladen. Seit der Gründung 2012 gab es 133 Millionen Aufrufe. Vergleichsweise bescheiden ist der YouTube-Kanal der ÖVP (32.000 Aufrufe, knapp 1200 Abonnenten). Die FPÖ ist auch auf den sozialen Medien präsent wie niemand sonst. Traditionelle Medien werden als „Systempresse“ bezeichnet, so wie von der Schwesterpartei AfD. Also will man die Anhänger davon überzeugen, dass sie sich nur auf die eigenen und die sozialen Medien verlassen können. Kickl hat auf Facebook 275.000 Follower (Facebook hat zwei Milliarden Nutzer weltweit, Nutzergruppe zwischen 25 und 54 Jahre alt). Sein Account wird laufend aktualisiert, mit manchmal 3000 Likes pro Beitrag, also Zustimmungserklärungen. Karl Nehammer: 60.000 Follower, sein Account wird tagelang nicht aktualisiert, ebenso jener von Andreas Babler (geschätzte 38.000 Follower). Ähnlich die Situation bei der Plattform Instagram, die sich auf Fotos und Videos fokussiert (zwei Milliarden Nutzer weltweit, besonders beliebt bei jungen Menschen). Kickl hat 61.000 Fans, die laufend mit Reden-Ausschnitten versorgt werden und Botschaften wie „ÖVP hat Angst vor dem Volkskanzler“. Auch Nehammer (51.000 Follower) lässt seine Instagram-Seite laufend aktualisieren, Andreas Babler (24.000 Follower) hingegen wenig. Nur auf Twitter (436 Millionen Nutzer weltweit) ist Kickl wenig präsent. Diese Plattform wird überdurchschnittlich von Menschen mit besserer Bildung genutzt.
Humor als Rezept gegen Kickl, so wie von Kucher oder von Karikaturisten. Thomas Wizany von den SN zeichnete Kickl unlängst als hüpfendes Rumpelstilzchen am Rednerpult, wie er sich wechselseitig als Christus-Statue („Erlöser“), Herkules („Herkickles“) oder Terminator mit Fahndungsliste sieht, daneben zwei Ärzte, die draußen mit Fangnetz und Rettungsauto auf ihn warten. Aber vielleicht vergeht uns ohnehin im Herbst das Lachen. Wie sagte doch der FPÖ-Präsidentschaftskandidat, Norbert Hofer? „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist!“
Wolfgang Burtscher, Journalist und ehemaliger ORF-Landesdirektor, lebt in Feldkirch.
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