„Wir gehen protestieren, obwohl wir wissen, dass wir eine Strafe bekommen“

Politik / 14.02.2024 • 19:30 Uhr
Marina Hagen-Canaval und „Extinction Rebellion“ wollen weiterhin für Klimaschutz demonstrieren. <span class="copyright">VN/Stiplovsek</span>
Marina Hagen-Canaval und „Extinction Rebellion“ wollen weiterhin für Klimaschutz demonstrieren. VN/Stiplovsek

Landtag fordert vom Nationalrat Änderung des Versammlungsgesetzes. Dort fehlt allerdings eine Mehrheit.

Darum geht’s:

  • Landtagsvorplatz wird während Sitzungen abgeriegelt aufgrund von Demo-Verstößen
  • Rechtsfrage zur Bannmeile während Sitzungsunterbrechungen ist ungeklärt
  • Parteien im Landtag verlangen Änderung des Versammlungsgesetzes

Bregenz Mittlerweile zählt es zur Routine bei Landtagssitzungen: Der Landhausvorplatz des einstmals offenen Hauses wird mit Gittern abgeriegelt. Securitys passen auf, dass nur Menschen durchkommen, die im Haus etwas zu suchen haben. Die Polizei beobachtet die Szenerie, in die Garage darf man nur mit Anmeldung. Und das alles, weil Klimaschutzaktivistinnen und -aktivisten die Bannmeile während Landtagssitzungen nicht einhalten – und die Politik befürchtet, dass sie mittags gar nicht gilt. Während Nationalrats-, Bundesrats-, Bundesversammlungs- und Landtagssitzungen darf innerhalb von 300 Metern zur Sitzung nicht demonstriert werden.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Die Rechtsfrage ist nicht geklärt: Theoretisch könnte die Bannmeile nur während der Sitzung gelten, nicht aber während Sitzungsunterbrechungen. Das offizielle Vorarlberg sieht es rechtlich zwar anders, möchte aber, dass der Nationalrat das Versammlungsgesetz ändert und diese Unklarheit beseitigt. Dazu dürfte es aber nicht kommen. Innerhalb der Bundesregierung herrscht Uneinigkeit.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Ausgangspunkt der Diskussion sind die sogenannten Klimademos. Den Aktivistinnen und Aktivisten wird nachgesagt, ein rechtliches Schlupfloch zu suchen und damit vielleicht gefunden zu haben. Doch Marina Hagen-Canaval widerspricht: „Man hat uns unterstellt, dass wir so argumentieren würden. Die Idee ist gut. Aber es sind bewusste Verwaltungsübertretungen. Wir wollen nicht den Landtag stören, sondern die politischen Entscheidungsträger darauf aufmerksam zu machen, gegen die Klimakatastrophe vorzugehen.“

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Im Landtag sieht man es wohl anders. Denn dort haben die Parteien auf der vergangenen Sitzung beschlossen, dass das Versammlungsgesetz geändert werden soll. Entweder soll die Bannmeile an Sitzungstagen von 0 bis 24 Uhr gelten oder zumindest ab drei Stunden vor und bis drei Stunden nach einer Sitzung. Landtagspräsident Harald Sonderegger (ÖVP) erklärte im Landtag: „Obwohl herrschende Meinung ist, dass die Bannmeile auch während Sitzungsunterbrechungen gilt, formulieren wir diesen Allparteienantrag.“

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Empfänger dieser Forderung ist die Bundesregierung, das Versammlungsgesetz ist nämlich Bundessache. Aus dem zuständigen Innenministerium heißt es dazu auf VN-Anfrage: „Das werden die Fachleute im Ministerium prüfen. Aus Sicht des Innenministeriums ist das durchaus überlegenswert.“ Ein Ministeriumssprecher fügt aber an: „Um das Versammlungsgesetz zu ändern, braucht es allerdings eine parlamentarische Mehrheit.“ Über diese verfügt die ÖVP bekanntlich mit den Grünen. Und der Koalitionspartner des Innenministers entgegnet: „Im Moment sehen wir dazu keine Veranlassung.“ Der Wunsch der Vorarlberger Landtagsparteien dürfte also ungehört bleiben.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Verfassungsexperte Peter Bußjäger kann den Wunsch nicht verstehen. Er sagt: „Die Frage ist, ob der Gesetzgeber überhaupt alles regeln muss oder ob man die Klärung von offenen Rechtsfragen nicht den Gerichten überlassen kann.“ An sich sei der Verwaltungsgerichtshof nämlich dazu da.

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Iframely angezeigt.

Die Klimaaktivistinnen und -aktivisten dürften sich aber davon sowieso nicht aufhalten lassen. „Wir gehen protestieren, obwohl wir wissen, dass wir eine Strafe bekommen”, betont Hagen-Canaval. Momentan habe sie mehrere offene Verfahren in Vorarlberg, aber auch viele in anderen Bundesländern, zum Beispiel in Wien. „Einfach, weil es uns so wichtig ist, dass alle Menschen hier vor der Klimakatastrophe geschützt werden“, führt sie aus. In diesem Fall wohl auch bei der nächsten Landtagssitzung am 6. März.