EU-Wahl: Diese Vorarlberger wollen nach Brüssel

Wo stehen Vorarlbergs Spitzenkandidaten bei der EU-Wahl politisch? In welchen Bereichen sollte sich Europa zum Beispiel zurücknehmen und wo mehr tun?
Bregenz, Wien Mit einem Austritt Österreichs aus der Europäischen Union kokettieren die Freiheitlichen immer wieder. Zuletzt gab sich FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky auf die Frage der „Kleinen Zeitung“, ob er bei einer blauen Regierungsbeteiligung einen „Öxit” anstreben würde, kryptisch: „Wir streben an, möglichst viele Kompetenzen zurück nach Österreich zu holen.“ Gemäßigter klingt das bei Joachim Fritz: „Ganz grundsätzlich müssen wir ein Interesse an einer gut funktionierenden EU haben“, sagt der 49-jährige FPÖ-Politiker den VN. Er ist einer von fünf Vorarlberger Spitzenkandidaten bei der anstehenden Europawahl am 9. Juni – ein Mandat ist aber wohl für alle außer Reichweite.
Joachim Fritz (49, FPÖ)
Österreichs EU-Mitgliedschaft habe laut Fritz sowohl positive als auch negative Auswirkungen: „Gerade unsere vielen exportorientierten Unternehmen profitieren vom freien Warenverkehr. Negativ wirken sich die vielen Überreglementierungen und bürokratischen Auflagen aus, die uns aus Brüssel vorgegeben werden und die unseren Gestaltungsspielraum als Region zum Teil massiv einschränken.“

Vielmehr solle die EU Lösungen in den großen gemeinsamen Fragen umsetzen. “Wie etwa dem Schutz unserer Außengrenzen.“ Und es gelte, aktiver und innovativer zu agieren, sagt Fritz. „Damit wir gegenüber den anderen großen Wirtschaftsräumen wie den USA und China nicht den Anschluss verlieren.“
Christine Schwarz-Fuchs (49, ÖVP)
Einen ähnlichen Standpunkt hat Bundesrätin Christine Schwarz-Fuchs, die für die Vorarlberger ÖVP ins Rennen um das Europaparlament geht: Die Stärkung der Wirtschaft gehöre in den Mittelpunkt gestellt, nicht etwa eine „überbordende Regulierung“, wie sie es beschreibt. „Aktuell wird breit über die Lieferketten-Richtlinie diskutiert. Der gute Zweck heiligt aber nicht die falschen Mittel“, sagt sie den VN. Mit bürokratischen Auflagen würden österreichische und europäische Interessen, vor allem kleinerer und mittlerer Unternehmen, aufs Spiel gesetzt. „Und das können wir uns nicht erlauben.“

Prinzipiell bringe die EU aber für Vorarlberg einiges auf den Weg, sagt Schwarz-Fuchs, und zählt Beispiele auf: gestärkte Exporte aufgrund der Warenfreiheit, gestärkte Bildung und Beschäftigung durch den Europäischen Sozialfonds und eine gestärkte Region Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein dank zur Verfügung gestellter Förderungen.
Christoph Gruber (Neos, 34)
Davon ist auch Christoph Gruber überzeugt, Finanzreferent der Vorarlberger Neos, der auf Listenplatz 14 ins Rennen geht: “Mit gezielten Projekten wird die EU unsere Vernetzung und Weiterentwicklung mit den Nachbar-Regionen stärken”, sagt er den VN. Und er ist überzeugt: “In Zukunft wird die EU auch eine positive Rolle für uns spielen, wenn es zum Beispiel um die Bereiche Innovation, Digitalisierung, Raumplanung und Verkehr geht.”

Wichtig sei dafür aber, dass sich die EU nicht in kleinen Themen verstricke, vielmehr sollen im Europaparlament die großen Entscheidungen für Europa diskutiert und beschlossen werden. Neben der Gemeinsamen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik “für eine mächtigere Rolle von Europa in der Welt” ist das für Gruber die Inflationsbekämpfung.
Philipp Kreinbucher (SPÖ, 37)
SPÖ-Kandidat Philipp Kreinbucher geht mit seinen Forderungen in Richtung Brüssel ebenfalls in eine monetäre Richtung: “Ein zentraler Punkt ist die Bekämpfung der Ungleichheit im Steuersystem. Es ist unübersehbar, dass Großkonzerne wie Netflix oder Starbucks durch die derzeitigen Regelungen in der Lage sind, ihre Steuerlast erheblich zu minimieren.” Laut Kreinbucher gilt es für die EU, eine Balance zu finden: “Zwischen dem notwendigen Engagement, um Gerechtigkeit und Chancengleichheit zu fördern, und der Zurückhaltung, um nicht durch Überregulierung die Vielfalt und Eigenständigkeit ihrer Mitgliedsstaaten zu untergraben.”

Damit könne die EU bürgernäher und gerechter werden. Dennoch habe Vorarlberg von der EU profitiert – etwa am Handelsmarkt – und das erwartet sich Kreinbucher auch für die Zukunft: “Besonders in den Bereichen Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung sehe ich großes Potenzial für EU-finanzierte Initiativen, die unser Bundesland stärken.”
Johannes Hartmann (Die Grünen, 27)
Auch Johannes Hartmann, Kandidat der Vorarlberger Grünen, sieht in der EU Potenzial für den Klimaschutz: “Beispielsweise beim Klimaschutz, bei gemeinsamer Wirtschaftspolitik oder internationaler Kooperation ist die EU als Institution gut geeignet, um im Sinne der Mitgliedsstaaten Entscheidungen zu treffen und diese umzusetzen. Das erleichtert vieles und gibt Europa auch weltweit eine starke Stimme.” Die Union sei eine weltweit treibende Kraft in Sachen Klima- und Naturschutz. Und: “Ohne die EU wäre meine Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft deutlich geringer als mit ihr.”

Vorarlberg sei durch die EU lebenswerter geworden: “Die EU macht vieles leichter, freier und offener. Früher gab es Grenzkontrollen Richtung Lindau, man musste deutsche Mark wechseln und der wirtschaftliche Austausch war bürokratisch und kompliziert. Vorarlberg war umzingelt von Grenzkontrollen.” Aber, und das hält er ganz im Sinne des Subsidiaritätsprinzips auch fest: “Wenn zum Beispiel Obdachlosigkeit in Österreich bekämpft werden soll oder eine Zugverbindung ins Montafon gebaut werden soll, macht es wohl mehr Sinn, diese Dinge auf nationaler oder regionaler Ebene zu behandeln.”