Den Kindern eine Grundsicherung?

Politik / 16.02.2024 • 19:20 Uhr
Vor allem Alleinerziehende und Mehrkindfamilien könnten von der Grundsicherung profitieren, sagt Wiesflecker. <span class="copyright">APA</span>
Vor allem Alleinerziehende und Mehrkindfamilien könnten von der Grundsicherung profitieren, sagt Wiesflecker. APA

Konzepte für die Kindergrundsicherung gesucht: Minister und Landesrätin haben Arbeitsgruppen einberufen.

Darum geht’s:

  • 176.000 Kinder bundesweit sind armutsgefährdet, 18.000 davon in Vorarlberg.
  • Kinderarmut kostet den Staat jährlich 17,2 Milliarden Euro.
  • Arbeitsgruppen sollen Lösungen für die Kindergrundsicherung erarbeiten.

Schwarzach Die Volkshilfe hat es getestet: Was bringt eine Grundsicherung für Kinder? Familie Maier (Name der Redaktion geändert) aus dem Oberland war dabei. Nach einem Krankheitsfall sind die Maiers mit vier Kindern in die Armutsspirale gerutscht. Als dann noch eine Auto-Reparatur fällig war, ging es nicht mehr. „Es war eine Katastrophe“, erinnert sich Herr Maier. Die Volkshilfe hat geholfen. Endlich konnte er seinem Sohn Fußballschuhe kaufen. An die Politik hat Herr Maier eine Nachricht: „Die da oben sollten einmal mitkriegen, was unten bei den Leuten wirklich los ist.“

Hohe Kosten

Einige von denen da oben schauen sich das Modell der Kindergrundsicherung jetzt genau an. Sowohl Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) als auch Vorarlbergs Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) haben Arbeitsgruppen ins Leben gerufen. Denn österreichweit seien etwa 176.000 Kinder armutsgefährdet, davon 18.000 in Vorarlberg. Laut einer OECD-Studie kostet Kinderarmut den Staat jährlich 17,2 Milliarden Euro. Den Betroffenen entstünden durch eine geringere Anzahl an gesunden Lebensjahren Einkommensverluste von 9,6 Milliarden. Dem Staatshaushalt entgehen so 5,6 Milliarden Euro an Einkommensteuern und Sozialabgabe.

Den Kindern eine Grundsicherung?

Rauch hat deshalb seit längerer Zeit besagte Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. Der Minister ist überzeugt, dass er noch vor den Wahlen im Herbst ein Konzept vorlegen kann. „Man wird das nicht mehr vor der Wahl umsetzen können. Das heißt aber nicht, dass man die Arbeit einstellt. Das Ministerium existiert ja weiter. Alles, was jetzt an Vorarbeit geleistet wird, bleibt verfügbar und kann abgerufen werden.“

Erwerbsanreiz muss bleiben

So lautet auch das Ziel im Land. Auch in Vorarlberg wird im Herbst gewählt. Zum Start müssen nun alle Daten und mögliche Modelle gesammelt werden, sagt Landesrätin Wiesflecker. „Wir müssen schauen, was für Familienleistungen es überhaupt gibt.“ Denn die sind vielfältig. Familienbeihilfe, Familienzuschuss, Familienbonus – eine Leistung des Landes, eine des Bundes, eine über Steuern. Für Michael Fuchs vom „European Centre for social welfare policy and research“ könnte die Grundsicherung das ändern: „Sie würde die Leistungen bündeln und den administrativen Aufwand senken.“ Zudem könne die Grundsicherung Kindern helfen, aus der Armutsspirale auszubrechen. Allerdings müsse man aufpassen, dass sie nicht den Erwerbsanreiz für Frauen und Mütter reduziert.

Sachleistungen bevorzugt

Die Grundsicherung muss kein reiner Geldbetrag sein. Sie kann auch aus Sachleistungen bestehen, wie der kostenlosen Kinderbetreuung. Jetzt ist die Arbeitsgruppe am Zug. Wiesflecker möchte sie erstmals am 22. März einladen, fünf Sitzungen abhalten und im Juni den Bericht vorstellen. Danach ist die neue Regierung gefragt. Aber: „Ein Auftrag lautet auch herauszufinden, ob es kurzfristige Maßnahmen gibt, die umgesetzt werden können“, sagt die Soziallandesrätin.

Eine Kindergrundsicherung wäre ein Mammutprojekt mit einer grundlegenden Reform des Steuer- und Sozialsystems. Jede Partei möchte Kinderarmut bekämpfen. Aber die Kindergrundsicherung hat derzeit keine Mehrheit. Ob es so bleibt, zeigt sich im Herbst. Dann wird gewählt. Und die Nachfolgeregierung wird entscheiden, ob sie das Konzept aufnimmt – oder in der Schublade verschwinden lässt.