„Wir müssen heute hier stehen”

Dornbirn Sandra und Jürgen Mathis aus Hohenems stehen in der Menschenmenge. „Wir haben vier Kinder”, erzählt Sandra Mathis. „Wir sind hier, damit sie in Freiheit gut leben können.” Jürgen Mathis fügt an: „Wir können heute auf die Straße, weil wir frei sind. So soll es bleiben. Wir müssen heute hier stehen.” Die politische Situation im In- und Ausland ließe ihnen keine andere Wahl. Wie sie dachten 3000 bis 4000 weitere Menschen, die am Sonntagabend auf den Dornbirner Marktplatz kamen, um für Menschenrechte und Demokratie sowie gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren.

17.40 Uhr, Mitorganisator Peter Mennel ruft gerade zur Gedenkminute für Alexej Nawalny auf, da trudeln noch einmal Hunderte ein. Ein Zug ist angekommen. Vielen Menschen ist es wohl ein Anliegen, an diesem Tag hier zu stehen. Manche halten große Plakate in die Luft, andere haben aus kleinen Amazon-Paketen Protestschilder gebastelt. Ein Jugendlicher verteilt „Free Palästina”-Flugzettel, Kinder huschen zwischen den Beinen der Demonstranten umher.

Es war ein Treffen in Potsdam, das Abertausende in Deutschland und in Österreich auf die Straße gebracht hat. Die Rechercheplattform „Correctiv” berichtete über ein Treffen von Unternehmern, Politikern der AfD und CDU mit Rechtsextremen am 25. November des Vorjahres. Dabei soll vor allem über „Remigration” gesprochen worden sein. Auch Martin Sellner, früherer Kopf der rechtsextremen „Identitären”, hielt einen Vortrag. „Correctiv” schreibt: „Im Grunde laufen die Gedankenspiele an diesem Tag alle auf eines hinaus: Menschen sollen aus Deutschland verdrängt werden können, wenn sie die vermeintlich falsche Hautfarbe oder Herkunft haben. Auch, wenn sie deutsche Staatsbürger sind.” Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bestreiten zwar, dass über massenhafte Ausweisungen gesprochen worden ist. Der Bericht reicht aber aus, um in vielen Städten Deutschlands und Österreichs Proteste auszulösen. Am Sonntag in Dornbirn.

Politische Gäste, einige Beispiele: Der Grüne-Gesundheitsminister Johannes Rauch ist da, seine Landesparteichefs ebenfalls. Der ÖVP-Bürgermeister von Lustenau, Kurt Fischer, ist ebenso im Publikum wie der Bregenzer SPÖ-Bürgermeister Michael Ritsch, Neos-Klubobmann Johannes Gasser und AK-Präsident Bernhard Heinzle. Aus der Ferne betrachtet FPÖ-Stadtrat Christoph Waibel den Auflauf.

Hanna ist aus Hörbranz gekommen, um zu demonstrieren. „Weil mir die politische Entwicklung Sorgen macht. Es ist deshalb wichtig, gegen Rechtsextremismus aufzustehen. Vor allem in Österreich”, erzählt sie. So sieht es auch Alexander Eberle aus Lauterach. „Ich bin hier, weil der Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft immer stärker wird. Es ist wichtig, sich dagegenzustellen”, schildert er seine Beweggründe. Und hält sein Schild gegen FPÖ-Chef Herbert Kickl in die Höhe.