Zahl der Kinder in Wohnungsnot schnellt in die Höhe

Politik / 21.02.2024 • 16:25 Uhr
In den Beratungsstellen der Wohnungslosenhilfe-Einrichtungen in Vorarlberg ist derzeit einiges los. <span class="copyright">Caritas</span>
In den Beratungsstellen der Wohnungslosenhilfe-Einrichtungen in Vorarlberg ist derzeit einiges los. Caritas

70 Prozent mehr Minderjährige bei Beratungseinrichtungen der Wohnungshilfe als im Vorjahr. Armutskonferenz fordert höhere Wohnkostenunterstützung in der Sozialhilfe.

Darum geht’s:

  • Die Zahl der Kinder in Wohnungsnot steigt drastisch an.
  • Armutskonferenz fordert: Die Unterstützung für den Wohnbedarf muss dringend erhöht werden.
  • Im letzten Jahr gab es eine Steigerung von 20 Prozent bei den Beratungen zu Wohnungslosigkeit.

Bregenz Wie geht es den ärmeren Menschen im Land? Diese Frage beschäftigt Politik, Institutionen und natürlich die Menschen selbst stetig. Als großes soziales Netz in Österreich soll die Sozialhilfe helfen, das Schlimmste zu verhindern. Die regelmäßige Streitfrage in Österreich lautet: Bekommen arme Menschen im Land zu wenig oder zu viel Unterstützung? Oder wird ihnen ausreichend geholfen? Die Vorarlberger Armutskonferenz ist überzeugt: Es ist zu wenig. Vor allem beim Wohnen.

Die Politik hat sich heuer darauf geeinigt, Sozialleistungen zu indexieren. Das heißt, sie wird an die Teuerung angepasst. Nicht davon umfasst sind die Wohnkosten. Für Michael Diettrich von der Vorarlberger Armutskonferenz ist das dringend notwendig: “Die Unterstützung für den Wohnbedarf ist seit Jänner 2022 nicht mehr erhöht worden. Man sieht schon bei den Richtsätzen: Für eine Familie mit zwei Kindern wird es verdammt knapp. Man muss einfach auch bei den Wohnkosten anpassen.” Die zuständige Landesrätin Katharina Wiesflecker versteht die Kritik: “Es ist schon richtig, bei den steigenden Mieten auch einen Blick auf die Wohnkosten zu werfen.” Und sie fügt an: “Das ist im Moment in der Koalition im Gespräch.” Eine Erhöhung steht also an.

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Wohnen ist nicht nur für Empfänger von Sozialhilfe ein immenser Kostenfaktor – sondern für viele Vorarlbergerinnen und Vorarlberger. Das spüren auch die Beratungseinrichtungen. Sie haben wieder Bilanz gezogen. Und die zeigt: Im vergangenen Jahr zählten Caritas, Kaplan Bonetti, Dowas und das ifs insgesamt 948 ambulante Beratungen. Das sind 160 Fälle mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Also eine Steigerung von 20 Prozent. Die Zahl der Betroffenen ist in die Höhe geschnellt – von 1988 auf 2833, was eine Steigerung von 42 Prozent ergibt. Besonders bei Minderjährigen fällt die Steigerung auf. 36 Prozent der Betroffenen sind minderjährig. Noch nie seit Erhebungsbeginn war die Zahl so hoch. Im Oktober 2023 waren 1030 Minderjährige von Wohnungslosigkeit mitbetroffen oder davon bedroht oder wohnten in Haushalten mit existenziellen Notlagen. Das ist eine Steigerung von 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

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Ferdinand Koller von der ARGE Wohnungslosenhilfe betont: “Mit ein Grund ist der Wohnschirm des Sozialministeriums. Das hat bestimmt auch dazu geführt, dass sich mehr Menschen über diese Unterstützungsleistung haben beraten lassen. Das erklärt die höhere Zahl zumindest zum Teil. Sie zeigt aber auch eindeutig, dass Menschen diese Unterstützung brauchen, weil sie existenzielle Probleme haben.”

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Darunter sind bei Weitem nicht nur Sozialhilfebezieher. Aber eben auch. Und zumindest für die werde schon einiges getan, betont Wiesflecker. “Man darf die Diskussion nicht nur bei den Wohnkosten belassen. Sondern generell zeigen, was es an Unterstützung in Form von Geld und Sachleistungen für diese Gruppe gibt. Und das kann sich sehen lassen.” Michael Diettrich von der Armutskonferenz spricht dem Land das gar nicht ab. “Also man versucht eh, alles möglichst auszureizen. Aber mit dem aktuellen Grundsatzgesetz ist nicht mehr möglich. Es muss endlich wieder ein umgekehrtes Gesetz der Sozialhilfe geben. Also dass es keine Höchstsätze mehr gibt, sondern Mindestsätze für die Bundesländer.”

Zahl der Kinder in Wohnungsnot schnellt in die Höhe

Ein weiterer Kritikpunkt Diettrichs: Er ortet unterschiedliche Handhabungen bei den Bezirkshauptmannschaften. “Es gibt BHs, da schauen die Mitarbeiter wirklich dazu, auf welche Sozialleistungen die Betroffenen ein Recht haben. Anders ist es in Feldkirch, da scheint die Grundhaltung zu sein, dass man darauf achten muss, dass die Leute nicht zu viel bekommen.” Ein Vorwurf, dem Wiesflecker vehement widerspricht: “Ein einheitlicher Vollzug ist ganz im Sinne des Landes. Die Bereichsleiter treffen sich regelmäßig und es gibt einen Leitfaden.” Der Umgang untereinander hänge eher vom Einzelfall ab, sagt die Landesrätin. Also wie der Mitarbeiter und der Betroffene miteinander umgehen.

Michael Diettrich möchte aber auch eine gute Nachricht hervorheben. 2017 haben im Jahresdurchschnitt rund 8000 Menschen gleichzeitig Sozialhilfe bezogen. Im Jahr 2022 waren es rund 4500. “Dieser Wert hat sich also fast halbiert.”

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