Signa-Pleite: Hypo Vorarlberg könnte Millionen verlieren

Die Landesbank rechnet damit, dass in Millionenhöhe vergebene Kredite an die Signa und ihre Tochterunternehmen ausfallen.
Bregenz, Wien Die Pleite der Signa Holding GmbH und zahlreicher ihrer Tochtergesellschaften macht auch vor Vorarlberg nicht Halt. Unter anderem die Landesbank – die Hypo Vorarlberg – spürt die Auswirkungen. Unterlagen, die von der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) an den Cofag-Untersuchungsausschuss des Nationalrates geliefert wurden, zeigen: Die Hypo Vorarlberg stuft an von der Signa-Insolvenz betroffene Unternehmen vergebene Kredite in Millionenhöhe als ausgefallen ein. Das bedeutet: Der Kreditnehmer zahlt diese nicht (mehr) zurück. Die Dokumente liegen den Vorarlberger Nachrichten, dem ORF und dem „Standard“ vor.
Auch “Chalet N” betroffen
Konkret geht es um ausgefallene „Exposures“ mit einer Gesamthöhe von 131,2 Millionen Euro. Das teilten Hypo-Vorstandsvorsitzender Michel Haller und der Leiter der Rechtsabteilung in einem Schreiben Anfang Dezember der FMA mit. Unter anderem gehört dazu ein Ausfall von Krediten in der Höhe von 15,7 Millionen Euro an die Muxel Berggasthof Schlössle GmbH – also an jene Firma, die über eine verzweigte Konstruktion von Tochterunternehmen und Stiftungen Signa-Gründer René Benko selbst zugerechnet wird. Sie ist Eigentümerin des “Chalet N” in Lech, rund um das zuletzt Gerüchte laut wurden, wonach es viel mehr Zweitwohnsitz für die Familie als tatsächlich Hotel sein könnte.

Neben Krediten für Bauprojekte in Berlin und Wien verzeichnet die Hypo auch einen Ausfall in der Höhe von 3,2 Millionen bei der Licca Immobilien GmbH. Ihr gehört das als “Pension Licca” bekannte Haus in Lech, das seit dem Kauf im Jahr 2019 als Wohnheim für das Personal des “Chalet N” diente.
61 Prozent unbesichert
Für Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen im Cofag-Untersuchungsausschuss, stellt sich die Frage: “Wieso vergeben kreditgebende Banken Millionenkredite ohne Sicherheiten?”
Daten der Österreichischen Nationalbank aus dem November 2022 zeigen, dass 61 Prozent des damals an die Signa-Gruppe vergebenen Kreditausmaßes an der Hypo Vorarlberg unbesichert waren. Die OeNB warnte außerdem bereits Mitte 2022 nach einer Vor-Ort-Prüfung vor möglichen finanziellen Schwierigkeiten bei der Signa.

Aufschluss zur Frage gibt zum Beispiel ein Antrag der Familie Benko Privatstiftung über einen Blankokredit für die Holding über 25 Millionen Euro aus 2021, der den VN vorliegt. Bei Blankokrediten haftet allein der Kreditnehmer mit seiner eigenen Kreditwürdigkeit. Die Abteilung für Kreditmanagement der Hypo führt als Argument für eine Kreditvergabe an: “Dass Herr Benko zweifelsohne über ein ausgezeichnetes und weitverzweigtes Netzwerk in Wirtschaft und Politik verfügt.” Außerdem stehe die Expertise, Erfahrung und Durchsetzungskraft der im Konzern agierenden maßgeblichen Personen fest.
“Schwer nachvollziehbare Verflechtungen”
Dem gegenüber stehen dennoch einige Punkte auf der Negativliste für den Kredit, der aber wieder getilgt worden sein dürfte: “Die insgesamt komplexe (und sich laufend ändernde) Konzernstrukturen und damit einhergehend für Außenstehende schwer nachvollziehbare wirtschaftliche und gesellschaftsrechtliche Verflechtungen in der Unternehmensgruppe”, wie die Fachabteilung der Hypo etwa anführt. Oder: “Die positiven Ergebnisse der letzten Jahre im für die Gruppe maßgeblichen Teilkonzern Signa Prime beruhen in erster Linie auf den aus Aufwertungen erstandenen Erträgen und nur sekundär aus der operativen Geschäftstätigkeit”, schreibt die Bank bereits Anfang 2021. Dennoch wird der Kredit schlussendlich vergeben. Obwohl er – und auch das hält die Bank fest – ihrer eigenen Risikostrategie widersprach: “Blankoanteil zu hoch.”
“Nicht Sache des Landes Vorarlberg”
“Das operative Geschäft der Hypo Vorarlberg besorgt der Vorstand und nicht der Eigentümer. Details zur Kreditvergaben sind deshalb nicht Sache des Landes Vorarlberg. Im Übrigen ist der Anfragebeantwortung vom 20. Dezember 2023 nichts hinzuzufügen”, lautet unterdessen die kurze Stellungnahme aus dem Büro von Landeshauptmann Markus Wallner zu den ausgefallenen Hypo-Krediten an die Signa – und zu mehreren Fragen zum Thema. Etwa zu den Fragen, seit wann Wallner die Angelegenheit bekannt war, wer die politische Verantwortung dafür trägt und ob der Steuerzahler nun für diese Ausfälle haften muss. Schließlich ist die Hypo mehrheitlich im Eigentum des Landes.

Doch ein Sprecher Wallners bekräftigt nur noch einmal die parlamentarische Anfragebeantwortung, in der der Landeshauptmann die Hypo wie folgt zitiert: “Die Hypo Vorarlberg vergibt Finanzierungen in marktüblichen Strukturen und mit entsprechender Besicherung.” Nina Tomaselli hat aber ein Problem mit genau diesem Punkt: “Einfache Häuslbauer können von solchen Kreditbedingungen nur träumen.”
Die Bank selbst verweist auf das Bankgeheimnis. “Wir bitten um Verständnis, dass die Hypo Vorarlberg über das Bestehen von Kundenbeziehungen keine Auskünfte erteilen darf”, heißt es von einer Sprecherin. “Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass wir am 31. Jänner 2024 unser vorläufiges Ergebnis 2023 veröffentlicht haben.” Darin – im Gesamtergebnis von 91,2 Millionen Euro – seien die aktuellen Entwicklungen am Immobilienmarkt bereits eingepreist.