Causa Hypo: “Sie waren tagelang auf Tauchstation Herr Landeshauptmann”

Politik / 06.03.2024 • 11:37 Uhr
landtag, aktuelle stunde zum thema hypo vorarlberg
Wallner geriet im Landtag ins Kreuzfeuer der Kritik. VN/Steuer

Der Landtag widmete sich den Signa-Krediten der Vorarlberger Hypobank. LH Wallner hat im Jänner von den hohen Hypo-Rückstellungen erfahren.

Bregenz Die Hypo Vorarlberg steht nicht zum ersten Mal im Kreuzfeuer der Kritik im Landtag. Im Jahr 2005 blicke die Landespolitik samt Bank gebannt nach Südtirol. Eine Hypo-Tochter setzte 30 Millionen Euro in den Sand. Große Diskussionen, der Vorstand trat zurück. 2016: Die Panama Papers wurden öffentlich. Darin enthalten auch Hypo-Offshore-Geschäfte. Große Diskussion im Land, der Vorstand trat zurück. Und jetzt? Die Hypo hat sich beim Signa-Konzern von René Benko verzockt, Kredite von bis zu 130 Millionen Euro könnten ausfallen. Am Mittwoch hat sich wieder die Politik damit beschäftigt. Das Match lautete – wie so oft – Opposition plus Grüne gegen die ÖVP. Und über allem stand die Frage: Welchen Zweck hat die landeseigene Hypo Vorarlberg?

Causa Hypo: "Sie waren tagelang auf Tauchstation Herr Landeshauptmann"
Aus dem Archiv: die Hypo Vorarlberg in den Schlagzeilen.

Im Jahr 1897 gründete der Vorarlberger Landtag die Hypothekenbank des Landes Vorarlberg. 127 Jahre später ist die Bank wieder Thema am Rednerpult. Wobei sich manchmal der Eindruck erweckt, dass die Abgeordneten aneinander vorbeireden. Etwa, wenn es um die mögliche Schadenssumme geht: bis zu 131 Millionen Euro? Oder doch nur 50? Handelt es sich um Steuergeld? Oder ist definitiv kein Cent Steuergeld in Gefahr?

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SPÖ-Klubobfrau Manuela Auer machte den Auftakt zur Landtagssitzung. VN/Steurer

Auch die Verantwortungsfrage wird unterschiedlich beantwortet: Ist der Landeshauptmann als Eigentümervertreter verantwortlich? Oder der Vorstand? Der Aufsichtsrat? Oder: Welchen Zweck soll die Bank in Händen des Landes verfolgen? Benötigt es dafür die Risikogeschäfte? Und vor allem: Hat der Landeshauptmann richtig reagiert?

Causa Hypo: "Sie waren tagelang auf Tauchstation Herr Landeshauptmann"
Aus dem Archiv: die Hypo Vorarlberg in den Schlagzeilen.

Zur Erinnerung: Wie die VN berichteten, hat die Hypo an den Signa-Konzern mehrere Kredite vergeben. 131 Millionen Euro in sieben Projekten wackeln. Manche Kredite sind als “ausgefallen” kategorisiert, andere noch nicht. Bei drei Großprojekten steht die Hypo über eine andere Bank im Grundbuch, bei kleineren Projekten direkt. Und 47 Millionen an die Familie Benko Privatstiftung sind mit Geschäftsanteilen besichert. Viele Signa-Firmen sind bekanntlich insolvent. Jetzt bangen die Hypo und deren Eigentümer – das Land Vorarlberg – um die Millionen.

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Neos-Klubobmann Johannes Gasser. VN/Steurer

SPÖ-Klubobfrau Manuela Auer ärgert sich. “Landtagssitzung am 31. Jänner. Krisensitzung in der Cafeteria. Der Wolf war los”, erinnert sie sich. “Danach der Landeshauptmann in den Medien: Eine rote Linie ist überschritten. Konsequentes Handeln, oberste Priorität”, fährt sie fort und wendet sich direkt an Wallner: “Das, weil ein verängstigter Wolf durch eine Siedlung gescheucht wurde. Ich hätte mir auch erwartet, dass Sie bei der Hypo so reagieren.” Und egal, ob 50 oder 130 Millionen. “Das sind keine Peanuts. Verlorenes Geld ist verlorenes Geld.”

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Aus dem Archiv: die Hypo Vorarlberg in den Schlagzeilen.

Ihr Neos-Amtskollege Johannes Gasser fragt sich: “Es mag schon stimmen, dass die Landes-Hypo einen wichtigen Beitrag im Land leistet. Die Frage ist: Mit welchen Risiken ist dieser Beitrag verbunden?” Der Versuch der Hypo, Licht ins Dunkel der Besicherungen zu bringen, habe eher zu Verunsicherung geführt. “Man hätte die Warnzeichen in den letzten zwei Jahren sehen müssen”, ist Gasser überzeugt. Standard & Poor’s hat im Dezember den Ratingausblick der Hypo auf “negativ” gesetzt. Für Gasser ist klar: “Das führt zu höheren Refinanzierungskosten.” Und auch er ärgert sich über die Performance des Landeshauptmanns. Bei jeder Strompreissenkung der Illwerke-VKW stehe Wallner vor den Medien an erster Stelle. Bei negativen Geschichten wolle er aber keine Stellung nehmen.

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FPÖ-Chef Christof Bitschi. VN/Steurer

FPÖ-Chef Christof Bitschi fährt nahtlos fort: “Zuerst ging der Landeshauptmann tagelang auf Tauchstation. Durch den Druck der Opposition und der Medien nimmt er schließlich Stellung.” Dass die ÖVP diese Wartezeit mit dem Bankgeheimnis argumentiert, veranlasst Bitschi zu einer weiteren Wortmeldung: “Ich habe gestern nachgefragt, ob wir alle Informationen ohne Teilaufhebung des Bankgeheimnisses nicht bekommen hätten. Die Antwort lautete: Einen Großteil hätte man uns auch so sagen dürfen.” Unternehmen und Menschen im Land würden große Schwierigkeiten haben, an Kredite zu kommen. Und für Benko sei es kein Problem gewesen. Das würden die Menschen im Land nicht verstehen, sagt der FPÖ-Chef.

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ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück. VN/Steurer

Roland Frühstück, Klubobmann der ÖVP, pflichtet ihm bei: “Die Optik ist verheerend”, und widerspricht Bitschi: “Auch wenn es keine Folge davon ist, dass es für manche Häuslebauer keine Wohnbaukredite gibt. Das hängt mit der KIM-Verordnung zusammen.” Die Bank werde derzeit von der FMA geprüft, zudem sei kommende Woche ein Sonderaufsichtsrat geplant. “Sämtliche Experten sagen, dass die Bank stabil ist”, betont Frühstück. “Und wir sollten akzeptieren, dass der Landeshauptmann kein Organ der Bank ist und mit Kreditvergaben nichts zu tun hat”, nimmt er seinen Parteichef in Schutz. Und er ärgert sich darüber, dass Akten aus dem Untersuchungsausschuss in Wien an die Öffentlichkeit gelangt sind.

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Grünen Parteichefin Eva Hammerer. VN/Steurer

Frühstücks Koalitionspartner reitet in Form von Klubobfrau Eva Hammerer zur Attacke aus. “Es geht um euer Geld”, wendet sich Hammerer direkt ans Publikum und ärgert sich: “Eine Regionalbank mit dem volkswirtschaftlichen Auftrag, für die Menschen und Unternehmen im Land zu arbeiten, betreibt derartige Risikogeschäfte mit dem vom Immobilienspekulationshimmel gefallenen René Benko.” Die Teilaufhebung des Bankgeheimnisses sei ein Bluff gewesen. Und zwar von einem Vorstand, dessen Kopf sich in der Schlinge befindet. “Jeder verspekulierte Cent ist einer zu viel”, sagt Hammerer und fordert: “Wir müssen darüber sprechen, was die Bank überhaupt machen soll. Soll unsere Landesbank Risikogeschäfte am Kapitalmarkt betreiben? Oder soll sie ein solider Partner für die Bevölkerung und Unternehmen im Land sein?” Sie wäre für Zweiteres.

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Aus dem Archiv: die Hypo Vorarlberg in den Schlagzeilen.

Und handelt sich direkt eine Absage von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ein. “Wir haben im Jahr 2021 das Zielbild beschlossen. Es gibt keinen Grund für eine neue Diskussion über die Strategie der Hypo.” Die Hypo sei eine echte Perle, Tochter des Landes, mit einer Bilanz von mehr als 15 Milliarden Euro. “Als Eigentümervertreter nehme ich mir heraus, selbst zu entscheiden, wann, wie und was ich in der Öffentlichkeit sage”, entgegnet er der vereinten Kritik der Opposition. “Was nicht meine Aufgabe ist, in der Öffentlichkeit Krawall zu veranstalten.” Er könne den Ärger in der Bevölkerung aber verstehen. “Die Bankvorstände wissen: Sollte ein Schaden eintreten, gibt es keinen Cent aus dem Steuertopf. Und natürlich muss der Vorstand Verantwortung übernehmen”, zeichnet der Landeshauptmann die Pyramide der Verantwortung. Erste Verantwortung: Vorstand. Es folgen der Kreditausschuss im Aufsichtsrat, der Aufsichtsrat und schließlich in strategischen Fragen der Eigentümer – vertreten durch Wallner. “In dieser Reihenfolge”, hält der Landeshauptmann fest.

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Landeshauptmann Markus Wallner hat im Jänner von den Rückstellungen erfahren. VN/Steurer

Auch die Rückstellungen werden thematisiert. Die Hypo hat bekanntlich 75 Millionen Euro Risikovorsorge auf die Seite gelegt. Sie geht davon aus, dass dieser Betrag ausreichen wird. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 hat die Hypo laut Geschäftsbericht 72 Millionen Euro als Rückstellung auf die Seite gelegt, im Jahr 2022 waren es 61 Millionen Euro. Wallner hat im Jänner davon erfahren, sagt er im Landtag. “Von der unerfreulich hohen Rückstellung von 75 Millionen für das gesamte Kreditgeschäft”, erinnert er sich. Neos-Mandatar Gerfried Thür hält fest: “Bei einem privaten Unternehmen würde der Hut brennen, wenn plötzlich potenziell 75 Millionen Euro den Bach runtergehen.”

Womit die Aktuelle Stunde zur Hypo auch wieder zu Ende ist. Die Diskussion wird aber weitergehen.

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Der Vorarlberger Landtag diskutierte die Hypo-Kredite für das Benko-Imperium. VN/Steurer