Hypo: Kredit-Unterlagen, die im Tresor verschwinden

Nationalbank kritisierte Aufbewahrung im Tresor. Sie ortet fehlende Analyse und Dokumentation des Kreditnehmers.
Bregenz Wo bewahren Banken die Jahresabschlüsse jener Firmen auf, denen sie Millionen leihen? Jede Bank hat zwar ihr eigenes Computersystem. Aber manchmal wird eine alte, aber bewährte Methode verwendet: der Tresor. Gemeinsame Recherchen von VN und ORF Vorarlberg zeigen: So geschehen bei der Hypo Vorarlberg und einem Kredit an die “Rauch Privatstiftung”. Wie die Österreichische Nationalbank (OeNB) in einem Prüfbericht im Jahr 2022 feststellte, übermittelte die Stiftung den Abschluss zwar an die Bank – dort landete er allerdings in einem Tresor des Vorstandbüros. Dabei in einer Doppelrolle: Jodok Simma.
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Der Prüfbericht und die Stellungnahme der Hypo Vorarlberg an die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) stammen aus dem Cofag-Untersuchungsausschuss und liegen den Vorarlberger Nachrichten und dem ORF Vorarlberg vor. Finanziell handelt es sich beim Kredit um Peanuts im Vergleich zur Finanzkraft des Fruchtsaftkonzerns. Rund 30 Millionen Euro legte die Hypo für die Rauch Privatstiftung bereit, zum Zeitpunkt der Nationalbankprüfung rief die Stiftung 4,6 Millionen Euro ab, heißt es im Bericht. Die Kritik: Der Konzern übermittelte zwar den Jahresabschluss an die Hypo. Allerdings stellte die OeNB fest: „Es erfolgte lediglich eine Ablage im Tresor des Vorstandbüros. (…) Somit fehlte gänzlich eine Darstellung der wirtschaftlichen Situation des Kunden und der Rückzahlungsfähigkeit im Kreditantrag.” Die Nationalbank spricht zudem von einer “Blankoobligo”. Also einem Kredit ohne Sicherheit.
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Auch die Prüfung der Finanzkraft des Unternehmens sorgt für Kritik. Sie ist nicht mittels der üblichen umfassenden Prüfung des Unternehmens (Unternehmensrating) festgestellt worden. Sondern mit einem sogenannten Expertenrating. Das bedeutet: Ein Vorstandsmitglied ist in diesem Fall der Experte. Er habe sich die “wirtschaftlichen Unterlagen” jährlich und persönlich angesehen, schrieb die OeNB.
“Keine Analyse und Dokumentation”
Die Nationalbank fasste zusammen: „Es erfolgte keine Analyse und Dokumentation der wirtschaftlichen Situation des Kreditnehmers und die Rückführbarkeit wurde im Kreditantrag nicht dargestellt.“ Und: „Das Expertenrating ist aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Daten nicht nachvollziehbar.“
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Die FMA sah darin einen möglichen Verstoß gegen das Bankwesengesetz und bat die Hypo um eine Stellungnahme. Die Landesbank antwortete, dass sich aus den Bilanzen eine ausgezeichnete Bonität ergeben habe, die Kreditwürdigkeit sei hoch, weshalb die Rückzahlungsfähigkeit außer Zweifel stand. Und: „Die Bilanzen wurden dem Risikovorstand, dem Vertriebsvorstand, dem Vorsitzenden des Kreditausschusses und dessen Stellvertreter vorgestellt.“
Simma auf beiden Seiten
Vorsitzender des besagten Kreditausschusses ist Jodok Simma, auch Aufsichtsratsvorsitzender und einst Vorstandsvorsitzender der Hypo Vorarlberg. Sein Name findet sich in diversen anderen Stiftungsvorständen des Landes, etwa in einer „R & R Privatstiftung“ und einer „Rätikon Privatstiftung“. Diese beiden Stiftungen wiederum gehören der Familie Rauch und der „Rauch Privatstiftung“. Also jener Stiftung, die den Kredit bekommen hat und deren Bilanz zunächst nicht im System, sondern nur im Tresor landete. Die Hypo wollte sich dazu nicht äußern. Nur so viel: “Bei Vorliegen von Befangenheitsgründen muss ein Organmitglied diese bekannt geben und ist bei Abstimmungen nicht stimmberechtigt.”
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Die Hypo hat nach der Prüfung reagiert. In der Stellungnahme an die FMA heißt es, dass die Bilanzen mittlerweile ins System gestellt und ausgewertet wurden. „Aufgrund dieser Zahlen wurde ein entsprechendes Rating erstellt und im Rahmen eines Antrages den zuständigen Gremien auch die wirtschaftliche Situation der Unternehmen zur Kenntnis gebracht“, schreibt die Hypo weiter.
“Maßnahme wurde erledigt”
Rauch-CEO Jürgen Rauch erklärte auf Anfrage von VN und ORF Vorarlberg: „Ich darf Ihnen mitteilen, dass der gegenständliche Kreditabschluss fremdüblich und korrekt abgewickelt wurde.” Für Details zum Kredit möge man sich an die Hypo wenden. Diese erklärt: „Die Hypo Vorarlberg hat der Kritik der OeNB entsprochen und die zur Feststellung getroffene Maßnahme wurde erledigt.“ Schon bevor die Unterlagen ins System gegeben wurden, seien alle Kreditentscheidungen auf Basis einer vollumfänglichen Prüfung getroffen worden.
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Die Hypo hat am Montag in einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung die Mitglieder über alle Entwicklungen in Bezug auf die Signa-Insolvenz informiert. „Der Aufsichtsrat hat Verständnis, dass es aufgrund der medialen Berichterstattung Unklarheiten bei der Bevölkerung und den Kundinnen und Kunden der Bank gibt“, heißt es in einer Aussendung. Deshalb unterstütze er die von den Parteien geforderte Rechnungshofprüfung, um für mehr Transparenz zu sorgen. Am Mittwoch ist die nächste Möglichkeit dazu. Der Hypo-Vorstand trifft sich wieder mit Mitgliedern der Landtagsfraktionen.