Frau fuhr auf einen Polizisten zu: Die Untersuchung ihrer DNA war dennoch nicht rechtens

Dass im Rahmen einer erkennungsdienstlichen Behandlung die DNA einer Frau untersucht wurde, war rechtswidrig, hat der Verfassungsgerichtshof (vorerst) entschieden.
Bregenz, Wien Will die Polizei die DNA einer Person untersuchen, braucht sie dafür einen triftigen Auslöser. Im Sicherheitspolizeigesetz sind für diesen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit nämlich nur einzelne Rechtfertigungsgründe festgeschrieben. Eine Bregenzerin, die von der Polizei erkennungsdienstlich untersucht wurde, sah diese Voraussetzungen für eine DNA-Abnahme bei ihr nicht gegeben und wandte sich an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Vorerst mit Erfolg.
Am Rande einer Corona-Demonstration
Die Beschwerdeführerin war jene Person, die rechtskräftig wegen versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt zu einer teilbedingten Geldstrafe verurteilt wurde; unbedingt hatte sie 3000 Euro zu bezahlen. Der Grund, laut dem Landesgericht Feldkirch: Die 31-Jährige fuhr mit dem Auto in Bregenz auf einen Polizisten zu. Dieser musste zur Seite ausweichen, um nicht gerammt zu werden. Der Beamte verweigerte der Täterin die Weiterfahrt zu ihrer Wohnung in die Innenstadt, weil dort zu diesem Zeitpunkt eine Corona-Demonstration stattfand.
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Nach dem Vorfall wurde die Frau zweimal zur Vernehmung in die Polizeiinspektion Bregenz geladen. Weil sie sich beim ersten Mal weigerte, wurde keine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt; beim zweiten Termin dann schon: “Die Beschwerdeführerin sei von zwei Polizeibeamten unter Widerstand und mit lautem Schreien von ihrem Stuhl aufgezogen, am linken und rechten Oberarm gepackt worden und ihre Hände seien gesichert worden”, fasste der Verfassungsgerichtshof zusammen: “Als die Polizeibeamtin der Beschwerdeführerin angedroht habe, sie werde auf Grund ihres Verhaltens erneut eine Anzeige wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt erhalten, wenn sie nicht mitwirke, habe sich die Beschwerdeführerin beruhigt.” Und ließ die erkennungsdienstliche Behandlung über sich ergehen.
Keine genaue Begründung
Später legte sie dagegen jedoch Beschwerde am Landesverwaltungsgericht (LVwG) ein – unter Berufung auf Befunde, wonach die Amtshandlungen zu Hämatomen an den Armen und Beschwerden im Hals-Schulter-Nackenbereich geführt hätten. Doch das Gericht sah die DNA-Untersuchung als rechtmäßig an: als Präventivmaßnahme, um weitere Straftaten zu vermeiden. Dieses Erkenntnis hat nun aber der Verfassungsgerichtshof aufgehoben. “Es geht darum, dass das LVwG die Wiederholungsgefahr als Voraussetzung für einen Mundhöhlenabstrich nicht begründet hat”, sagt Cornelia Mayrbäurl, die Sprecherin des Höchstgerichts, den VN.
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STERREICH: ++ THEMENBILD ++ ZU APA0397 VOM 13.2.2024 – Die zur taumelnden Signa-Gruppe von Rene Benko gehrende insolvente Signa Prime Selection beginnt mit dem Versilbern von Luxusassets in Wien und Innsbruck. Im Rahmen des Sanierungsverfahrens in Eigenverwaltung wird nun die Beteiligung an der Signa Prime Assets GmbH verkauft. Im Bild: Eine […]](/2024/03/ABD0077-20240214-1-768x509.jpg)
Laut dem Gesetz ist eine DNA-Untersuchung nur beim Verdacht auf eine Sexualstraftat oder eine andere Straftat, die mit mindestens einem Jahr Haft bedroht ist, zulässig. Außerdem muss die Verdächtige – entweder durch die Art der Tat oder durch ihre Persönlichkeit – den Eindruck machen, dass sie weitere Straftaten begehen könnte. “Bei einer Überprüfung muss aus einer auf den Einzelfall bezogenen Begründung hervorgehen, warum die Anforderungen erfüllt sind und die DNA-Untersuchung somit zulässig ist. Aus der Begründung des Landesverwaltungsgerichts geht aber nicht hervor, woraus man schloss, dass die Frau künftig gefährliche Angriffe begehen würde”, heißt es von der Sprecherin des Verfassungsgerichtshofs weiter. Dieser gab deshalb der Vorarlbergerin in Hinblick auf die DNA-Untersuchung recht. Die erkennungsdienstliche Behandlung selbst – etwa die Abnahme von Fingerabdrücken – war aber vom Gesetz gedeckt.
Neue Entscheidung am Landesverwaltungsgericht
Nun geht der Fall also zurück an das Landesverwaltungsgericht, das erneut über die DNA-Untersuchung entscheiden wird, wie dessen Präsident Nikolaus Brandtner den VN bestätigt: “Der Verfassungsgerichtshof kann die Entscheidung des LVwG aufheben oder bestätigen, er kann aber nicht selbst in der Sache entscheiden. Das Verfahren ist also fortzusetzen und abermals in diesem Punkt zu entscheiden.” Und damit ist diesmal auch genau zu prüfen, ob die DNA tatsächlich untersucht werden durfte.
