Was die Universitäten vom Wunsch der FH nach einem Doktoratsrecht halten

Bei der Frage nach dem Promotionsrecht für Fachhochschulen gehe es weniger um die Wissenschaft, befürchtet Oliver Vitouch, Vorsitzender der Universitätenkonferenz.
Bregenz In Österreichs Fachhochschulen ist nach dem Master Schluss. Wer einen Dr.-Titel möchte, also promovieren, der muss an eine Universität. Manche FH bieten zwar Partnerprogramme mit Unis an, ein eigenes Promotionsrecht haben Fachhochschulen aber nicht. Kürzlich ging Landeshauptmann Markus Wallner wieder in die Offensive. Er erneuerte seine Forderung nach einem Promotionsrecht für die FH. Die Bundespolitik hat diesem Ansinnen bereits eine Absage erteilt. Und auch die Universitäten halten nichts davon, wie Oliver Vitouch im VN-Interview erklärt. Er ist Rektor der Uni Klagenfurt und Vorsitzender der Österreichischen Universitätenkonferenz.
Wie beurteilen Sie den Wunsch der Vorarlberger Landesregierung und der Fachhochschule nach einem Promotionsrecht für die FHs in Österreich?
Oliver Vitouch: Der Wunsch kommt nicht zum ersten Mal. Der Umstand, dass er auch von der Landesregierung vorgetragen wird, zeigt auch, dass da vielleicht nicht in erster Linie wissenschaftliche oder die Entwicklung der Forschung betreffende Interessen dahinterstehen. Sondern eher Standortinteressen. Nachdem Vorarlberg eines von zwei Bundesländern ohne Universität ist.
Was halten Sie vom Vorschlag?
Vitouch: Aus Sicht der Universitätenkonferenz passt das Promotionsrecht schlecht zum Auftrag und zur Struktur von Fachhochschulen. Das liegt am Unterschied zwischen Fachhochschulgesetz und Universitätsgesetz. Universitäten verfügen über einen klaren Forschungsauftrag und genügend Stammpersonal für Forschung. Die Fachhochschulen in Österreich haben das in aller Regel nicht. Anders übrigens als in der Schweiz und Deutschland, dort sind Fachhochschulen traditionell anders aufgestellt.
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Warum sind Sie dagegen?
Vitouch: Ein Promotionsvorhaben ist in erster Linie kein Studium mehr, sondern eigenständige wissenschaftliche Aktivität. Dafür braucht es ein entsprechendes Forschungsumfeld und eine kritische Masse an forschungsqualifizierten Personen, die in der Regel habilitiert sind. Denn nur sie sind bei Promotionen betreuungsberechtigt. Es gibt zwar auch vereinzelt Habilitierte an Fachhochschulen, aber die kritische Masse ist eindeutig nicht vorhanden.
Also soll man weiterhin keine Dr.-Abschlüsse an Fachhochschulen machen dürfen?
Vitouch: Wenn man ein differenziertes Hochschulsystem möchte, braucht es verschiedene Hochschultypen. Aber es gibt ja kooperative Doktoratsprogramme und eine hohe Durchlässigkeit des Systems. Natürlich kann man mit einem FH-Masterabschluss an einer Uni den Doktor machen, das passiert zum Beispiel an der TU Graz und bei uns an der Uni Klagenfurt recht häufig. Außerdem kooperieren Fachhochschulen mit Universitäten, um in jenen Bereichen Promotionen anzubieten, in denen sie besonders forschungsstark sind. Etwas Ähnliches dürfte sich bald für die Pädagogischen Hochschulen etablieren.
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Die Universitäten werden schulischer, die Fachhochschulen forschungsintensiver. Nähern sich die beiden Hochschultypen nicht irgendwann an?
Vitouch: Hoffentlich bleiben die Unterschiede bestehen. Beide haben ihre Stärken, und wenn sie irgendwann dasselbe sind, braucht es die unterschiedlichen Typen nicht mehr. Es ist auch eine Frage der Kosten, forschungsintensive Institutionen sind teurer als solche, die überwiegend Lehr- und Ausbildungsinstitutionen sind. Es ist nicht im Sinne der Erfinder, dass die Universitäten praxisnäher und die Fachhochschulen akademischer werden sollen.
Warum, denken Sie, wünschen die Fachhochschulen das Promotionsrecht?
Vitouch: Generell sollte es bei einem Promotionsvorhaben um Erkenntnisinteresse, Forschungsqualifikation, einen Beitrag zur Wissenschaft gehen. Nicht vorrangig um Prestige oder die Liebe zum Titel. Natürlich besteht die Sorge, dass die Forderung nach einem autonomen Promotionsrecht für Fachhochschulen vor allem eine Prestigefrage und eine Form des „Reputationswettlaufs“ ist. Davon sollte die Vergabe des höchsten akademischen Grades aber nicht abhängig gemacht werden.