Was der Bodenverbrauch für uns bedeutet

Österreich gehört beim Bodenverbrauch zu den Nationen in Europa, die am meisten verbauen. Was das bedeutet – und was dagegen getan werden kann.
Schwarzach Versuchen Sie sich einmal fünf Fußballfelder nebeneinander vorzustellen. Schwierig, oder? Trotzdem werden Fußballfelder gerne als Vergleichsgröße verwendet – speziell beim Bodenverbrauch. Fünf Fußballfelder pro Woche werden in Vorarlberg verbaut, sagen die Grünen. 11,3 Hektar wären das. Vorarlbergs Parteichefin Eva Hammerer warnt: Der Boden und damit die Lebensgrundlage werde immer knapper. Eine Strategie müsse her.
Strategien gibt es bereits – das Thema ist nicht neu. Immer wieder wird über den Verbrauch der Böden diskutiert. Vorarlberg erstellte im Jahr 1992 ein Bodenschutzkonzept. Schon damals warnte die schwarz-blaue Landesregierung vor zu hohem Bodenverbrauch: “Jeder unnötige Bodenverbrauch ist zu unterlassen”, stand darin.
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Seitdem ist weitergebaut worden. Im Jahr 1999 waren 10.500 Hektar Land als Baufläche gewidmet, im Jahr 2023 knapp 1000 Hektar mehr. Laut einer Studie der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) sind in Vorarlberg rund 97 Quadratkilometer versiegelt, das sind 241 Quadratmeter pro Einwohner. Hinter Wien mit 97 Quadratmeter hat Vorarlberg den zweitniedrigsten Wert.
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Und trotzdem sehen die Grünen Handlungsbedarf. Hammerer rechnet vor: „Seit dem Jahr 2000 wächst der Bodenverbrauch in Vorarlberg dreimal so stark wie die Bevölkerung.“ Der Landtagsabgeordnete Bernhard Weber spricht von einem verschwenderischen Umgang. Zwischen 2019 und 2021 wurden im Land durchschnittlich 5000 Quadratmeter Boden pro Tag in Anspruch genommen. Wobei Flächeninanspruchnahme und Versiegelung nicht das gleiche ist. Laut ÖROK sind 58 Prozent der in Anspruch genommenen Flächen auch tatsächlich versiegelt, also verbaut. Fast 60 Quadratkilometer sind mit Wohngebieten, Betriebsgebieten oder anderen Bauten versiegelt, 34 Quadratkilometer mit Verkehrsflächen, also mit Straßen.

Die Grünen betonen: Bodenschutz sei also nicht nur Lebensgrundlage, sondern auch für den Wirtschaftsstandort essenziell. Siedlungen müssten nach innen entwickelt werden. Jan Kluge vom Forschungsinstitut Agenda Austria stimmt zu. “Städte brauchen Nachverdichtung. Gerade beim Wohnbau müssen sie über ihren Schatten springen und auch im historischen Stadtzentrum in die Höhe bauen.” Für den Grünen Landtagsabgeordneten Bernhard Weber ist Hohenems ein Vorbild: Mit Verdichtung, Quartiersplanung, Bebauung in die Höhe und Freiraumentwicklung habe sich die Innenstadt zu einer Perle entwickelt. “In Hohenems hat man das Gefühl, Naherholung beginnt schon im Zentrum.“ In Dornbirn passiere das Gegenteil: „Hier sind drei Erweiterungen der Siedlungsgrenzen in der Entwurfsphase, zwei reichen in die Grünzone.“
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Dass der Bodenverbrauch ein Problem ist, sehen auch Experten so. Franz Sinabell vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo spricht von einer großen Bedrohung. “Erträge in der Landwirtschaft gehen aufgrund des Klimawandels zurück, gleichzeitig steigt die Bevölkerung.” Mit weniger Flächen für die Landwirtschaft wäre Österreich immer stärker vom Lebensmittelimporten abhängig. Für die Umwelt seien vor allem die Straßen ein Problem, die Lebensräume durchschneiden. “Und die Biodiversität wird massiv eingeschränkt”, betont Sinabell.

Die Grünen fordern: Bevor neue Fläche gewidmet wird, soll die bereits gewidmete verwendet werden. Deshalb sei eine Abgabe für leere Grundstücke wichtig, betont Bernhard Weber. „Ich rede hier nicht vom kleinen Grundstück fürs Enkerl“, sagt Weber. Es gehe um eine Größenordnung ab 2000 Quadratmetern. Bei der Abgabe müsse man sich außerdem an den tatsächlichen Aufwendungen – Kanalgebühren oder Räumungsarbeiten – der Gemeinde orientieren. Zudem soll bei Bauprojekten eine verpflichtende Größe bei Grünflächen vorgeschrieben werden.
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Sinabell vom Wifo sieht ebenfalls finanziellen Druck als Schlüssel. “Flächeninanspruchnahme könnte mehr kosten, damit der Anreiz zu flächensparendem Bauen stärker wird.” Etwa eine Abgabe auf CO2, das entweicht, wenn Boden verbaut wird. Ökonom Jan Kluge von Agenda Austria ist überzeugt, dass ein stärkerer Föderalismus helfen würde. “Derzeit haben die Gemeinden ein Interesse daran, dass Boden verbraucht wird, da sie nur so Geld einnehmen können.” Wenn die Bevölkerung steigt, gibt es mehr Geld aus dem Finanzausgleich, wenn sich ein Unternehmen ansiedelt, gibt es mehr Kommunalsteuer. “Wenn Gemeinden andere Einnahmequellen hätten, wäre dieses Problem abgemildert.”
In Vorarlberg müsse das Tempo gedrosselt werden, fordern die Grünen. Auch das haben Regierungen schon früher erkannt. Im Bodenschutzkonzept von 1992 steht etwa als Maßnahme zu lesen: “Keine neuen Einkaufszentren außerorts.” Gebaut wurden sie trotzdem.
