Gericht stoppt Rondo-Kraftwerk: “Wir haben eine riesen Freude!”

Politik / 25.04.2024 • 12:16 Uhr
Marilyn Oswald; Rondo
Marilyn Oswald hofft, dass es zu einem UVP-Verfahren kommt. VN/Haller

Die Landesregierung muss für den UVP-Feststellungsbescheid die Kraftwerkspläne genauer prüfen, hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.

Von Maximilian Werner und Michael Prock

Frastanz, Göfis Marilyn Oswald ist erleichtert. “Gott sei Dank ist es so gekommen. Wir haben eine riesen Freude! Es sieht so aus, als ob doch noch Gerechtigkeit einzieht.” Othmar Mäser pflichtet ihr bei: “Das ist für uns eine große Bestätigung! Wir haben den Bescheid zurecht beeinsprucht.” Er, Marilyn Oswald und andere Bürgerinnen und Bürger haben Beschwerde gegen einen Bescheid des Landes eingereicht – und Recht bekommen. Jetzt muss die Umweltabteilung im Landhaus erneut prüfen, ob für das Müllverbrennungskraftwerk von Rondo-Ganahl in Frastanz eine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig ist. Die Heizwerkpläne erhalten dadurch einen herben Dämpfer.

Rendering Reststoff-Kraftwerk Rondo Ganahl AG
So soll das Kraftwerk in Frastanz aussehen. Rendering: Rondo

Der Plan von Rondo-Ganahl: Eine Müllverbrennungsanlage soll aus Abfall Wärme für die Papier- und Wellpappefabrik erzeugen. Die Pläne liegen bereits vor, eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist nicht nötig, kürzlich wurde vor Ort auch schon das Verfahren nach dem Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) abgehalten. Alles schien zügig voranzugehen. Bis jetzt. Nun müssen die Betreiber wieder einen Schritt rückwärts machen. Das Bundesverwaltungsgericht hat der Landesregierung ihren UVP-Feststellungsbescheid zurückgeworfen – der Beschluss liegt den VN vor. Das Land muss die Auswirkungen des Projekts genauer untersuchen, heißt es. Nun also wieder von vorn.

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Im ersten Moment klingt das Projekt so, als könnte man gar nicht dagegen sein. Die Wärme soll einerseits in die Firma, andererseits ins Nahwärmenetz von Frastanz eingespeist werden, bis zu 500 Haushalte könnten beheizt werden. Auch die Brauerei Frastanz und andere Betriebe möchte man anschließen. “Das neue Reststoffkraftwerk ist für uns ein großer und notwendiger Schritt raus aus fossilem Erdgas”, wirbt Rondo-Vorstandsvorsitzender Hubert Marte in einer Aussendung. 70 Millionen soll das Kraftwerk kosten.

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Doch so beliebt ist das Projekt nicht. Insgesamt sind 40 Beschwerden gegen die Entscheidung der Landesregierung eingegangen, dass es kein UVP-Verfahren benötigt. Unter den Beschwerdeführern: die Gemeinde Göfis und Othmar Müller. Die Gemeinde befürchtet, dass der gemeindeeigene Trinkwasserbrunnen gefährdet ist. Außerdem hat sie mögliche Messungenauigkeiten im Bescheid entdeckt und moniert eine zu geringe Toleranzschwelle bei der Abfallentnahme. Müller befürchtet Auswirkungen auf die Umwelt. Und er sagt: “Das Kraftwerk würde mitten in einem Wohnmischgebiet stehen. Üblicherweise steht so etwas in einer Industriezone.” Jetzt hat er Recht bekommen.

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Das Bundesverwaltungsgericht geht mit dem Land hart ins Gericht: “Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde kommt nur dann in Betracht, wenn sie jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat.” Das heißt also, das Gericht kann den Bescheid nur dann dem Land zurückwerfen, wenn das Land die Auswirkungen schlecht bis gar nicht untersucht hat. Und genau das hat das Land nach Ansicht der Richterin getan: Der Schwellenwert laut UVP-Gesetz sei erreicht, weil das Projekt gemeinsam mit den Standorten der Loacker Recycling und von “Kessler bewegt’s” gemeinsam betrachtet hätte werden müssen. Doch das hat das Land ignoriert, stellt das Bundesverwaltungsgericht sinngemäß fest. Das Land hat eine zu wenig umfassende Einzelfallprüfung durchgeführt.

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Zu räumlichen Zusammenhängen zu diesen anderen Betrieben hätte das Land detaillierter arbeiten müssen, sagt das Bundesverwaltungsgericht und spricht diesen Auftrag aus: Das Land muss einen neuen Bescheid erlassen, mit neuen Ermittlungen. Dann sei festzustellen, “ob durch die Verwirklichung des geplanten Vorhabens und der Kumulierung mit anderen stehenden Vorhaben mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sein könnte.”

Bei Rondo-Ganahl ist man gelinde gesagt irritiert. “Wir sind aus allen Wolken gefallen und waren total überrascht über diese vorschnelle Entscheidung”, ärgert sich CTO Udo Nachbaur. “Wir sind fix davon ausgegangen, dass es im Juni eine Verhandlung geben wird.” Das Verfahren müsse nun zurück an den Start. “Wir möchten am Projekt dran bleiben, überlegen uns in den nächsten zwei Wochen aber, welchen Verfahrensweg wir einschlagen.” Am Projekt selbst werde sich nicht viel ändern. “Aus der Hüfte heraus geschossen würde ich aber sagen, dass es mindestens ein Jahr länger dauern wird. Billiger wird es dadurch sicher auch nicht”, sagt Nachbaur.

Zuständige Regierungsmitglieder sind Landeshauptmann Markus Wallner und Landesrat Daniel Zadra. Zadra betont: “Der Beschluss des Gerichts zeigt, dass der Rechtsstaat funktioniert. Wir müssen nun im UVP-Feststellungsverfahren dem Auftrag nachkommen, das Ermittlungsverfahren zu ergänzen. Das hat jetzt oberste Priorität.” Die Landesregierung möchte bis zum nächsten UVP-Feststellungsbescheid keine weiteren Verfahrensschritte im Abfallwirtschaftsverfahren durchführen. Müller hofft, dass die Landesregierung bei einer erneuten Prüfung feststellt, dass eine UVP nötig ist. “Das wäre im Interesse der besorgten Bürger.” Und Marilyn Oswald hofft: “Die ganzen Ängste und Beschwerden in den Stellungnahmen werden jetzt noch einmal genau geprüft.”

So oder so: Bis das Kraftwerk möglicherweise gebaut werden kann, wird noch einige Zeit vergehen.