Von der Backstube in den Wehrdienst

Politik / 06.05.2024 • 17:45 Uhr
Frauen im Grundwehrdienst
Neben Carla Winkler sind 662 weitere Soldatinnen Angehörige des österreichischen Bundesheers. Bundesministerium für Landesverteidigung/Markus Koppitz

Michelle Makoru und Carla Winkler sind zwei von 663 Frauen beim Heer. Warum sie sich dafür entschieden haben.

Bregenz, Bludesch, Wien Michelle Makoru und Carla Winkler suchten Veränderung. Beide haben sie im Bundesheer gefunden. Die Vorarlbergerinnen gehören zu den 257 Frauen, die sich im ersten Jahr für den freiwilligen Grundwehrdienst im österreichischen Bundesheer meldeten. Über diesen Weg können Frauen seit April 2023 den Beruf als Soldatin für ein halbes Jahr ohne weitere Verpflichtungen kennenlernen. Zuvor konnten sie nur direkt – nach einer Eignungsprüfung – in eine Kaderlaufbahn zum Offizier oder Unteroffizier einsteigen.

Eine Offizierin oder Unteroffizierin gibt es nicht. Frauen werden im Bundesheer zwar als Frauen angesprochen, die Dienstgrade selbst bleiben aber männlich.

Zur Ausbildung nach Tirol

Frau Gefreiter Makoru hat ihren sechsmonatigen Grundwehrdienst bereits abgeschlossen. Er hat sie überzeugt: „Ich bin im Oktober eingerückt und habe schnell gemerkt, dass es mir im Bundesheer gefällt“, sagt die 23-Jährige im Gespräch mit den VN. Zuvor arbeitete sie als Konditorin, habe aber immer schon etwas anderes ausprobieren zu wollen: „Da war der Grundwehrdienst eine gute Chance. Hätte es mir nicht gefallen, wäre es nach jedem Monat möglich gewesen, wieder rauszugehen.“

Frauen im Grundwehrdienst
Michelle Makoru hat ihren Grundwehrdienst bereits hinter sich und wechselt nun in die Kaderanwärterausbildung. Bundesministerium für Landesverteidigung/zur Verfügung gestellt

Die Karriere beim Heer geht für Michelle Makoru aber weiter. Nun wechselt sie nach Tirol, wo die Ausbildung zum Unteroffizier ansteht. Den Grundwehrdienst in der Walgau-Kaserne in Bludesch bezeichnet sie als eine Art Schnupperphase. Jetzt folgt – so denn alle Wünsche in Erfüllung gehen – die Ausbildung zum Wachtmeister in der Waffengattung Jäger. Diese Kaderanwärterausbildung gliedert sich in drei Teile: Gelehrt werden Grundlagen des Soldatinnendaseins, Spezialisierungen in den einzelnen Waffengattungen und Führungskompetenzen.

Von der Schlosserei in die Kaserne

So weit ist Carla Winkler noch nicht. Die 23-Jährige hat ihren Grundwehrdienst in Bregenz gerade erst verlängert, wechselt bald nach Bludesch und will die Kaderausbildung voraussichtlich ab Herbst angehen – wenn sie im Juli die Eignungsprüfung besteht. Bei dieser gelten für Soldatinnen andere Sportlimits als für ihre Kollegen, die tägliche Arbeit unterscheidet sich aber nicht, betonen Makoru und Winkler. „Gewisse Dinge muss ich noch trainieren“, sagt Carla Winkler. Sie sei für die Prüfung aber zuversichtlich.

Frauen im Grundwehrdienst
Die tägliche Arbeit im Grundwehrdienst ist für alle dieselbe – so auch für Carla Winkler. Bundesministerium für Landesverteidigung/Markus Koppitz

Winkler schloss 2023 die Schlosser-Lehre ab und war bereit für etwas Neues: „Ich habe mir schon länger überlegt, ob ich ins Bundesheer gehen soll, aber bisher gab es für Frauen keine richtige Möglichkeit, hineinzuschnuppern. Weil es nun zeitlich gut gepasst hat, habe ich mir gedacht: ‘Probier es einmal aus.’“ Bereut hat die 23-Jährige diese Entscheidung nicht: „Es war klar, dass ich durchziehe.“

“Wenn es dein Ding ist, mach es!”

Die Familien nahmen die Entscheidung der beiden Vorarlbergerinnen zum Bundesheer zu gehen, unterschiedlich auf. „Es war für sie ziemlich überraschend“, erzählt Makoru. „Meine Familie konnte sich aber nicht viel darunter vorstellen, fand es aber lässig, dass ich etwas anderes machen wollte. Wenn ich jetzt aus meinem Alltag erzähle, klingt es für sie oft, wie aus einer anderen Welt.“ Bei Carla Winkler waren die Reaktionen in Familie und Freundeskreis differenzierter: Die einen hätten es gut gefunden, dass sie eine Karriere beim Bundesheer ansteuere, anderen hätten sich gefragt, was sie sich dabei denke. „Oft heißt es: ‘Du musst deinen Weg gehen. Wenn es dein Ding ist, mach es!’“

Frauen im Grundwehrdienst
Wenn alles wie geplant klappt, startet die Kaderausbildung von Carla Winkler voraussichtlich im Herbst. Bundesministerium für Landesverteidigung/Markus Koppitz

Aktuell zählt das Bundesheer 663 Soldatinnen – 15 davon sind in Vorarlberg stationiert. Ein Jahr nach Einführung des freiwilligen Grundwehrdienstes für Frauen ist der Soldatinnenanteil beim Bundesheer von 4,3 auf 5 Prozent gestiegen. Von 257 Frauen, die sich mit Stand Ende März zum freiwilligen Grundwehrdienst meldeten, wurden 143 einberufen, 137 von ihnen waren da bereits eingerückt. Makoru und Winkler hoffen, bald noch mehr Kolleginnen zu haben, die sich für das Modell des Grundwehrdienstes entscheiden. Und wenn es auch nur zum Reinschnuppern ist.

Von der Backstube in den Wehrdienst
Eine Bildauswahl, die Michelle Makoru aus ihrem neuen Arbeitsalltag beim Bundesheer zur Verfügung gestellt hat. Bundesministerium für Landesverteidigung/zur Verfügung gestellt
Von der Backstube in den Wehrdienst
Die Gefreiten im täglichen Grundwehrdiensteinsatz. Bundesministerium für Landesverteidigung/Markus Koppitz, zur Verfügung gestellt