Kinderbetreuung: “Viele Väter sind nur Dienstleister”

Politik / 07.05.2024 • 17:00 Uhr
Frank Feiner
Frank Feiner war einer von 117 Männern in Vorarlberg, die im April Kinderbetreuungsgeld bezogen haben. FEINER

Forscherinnen sehen hohe Belastung der Mütter. Väter in Karenz oder mit Teilzeit-Job gehören nach wie vor zur Minderheit.

Hohenems Frank Feiner möchte dabei sein, wenn sein Sohn die ersten Schritte macht. Er will seine Entwicklung sehen, die ersten Worte hören, die gemeinsame Zeit genießen. „Ich möchte auf keinen Fall einmal zurückblicken und sehen, dass ich all das verpasst habe“, erzählt der 39-jährige Vater aus Hohenems. Zwei Monate war er in Karenz, daheim bei seinem Sohn Finnian. Nun arbeitet er Teilzeit. Frank Feiner ist damit fast ein Unikum. Im April war er einer von 117 Männern in Vorarlberg, die Kinderbetreuungsgeld bezogen haben. Bei den Frauen waren es 4769. Die Väterbeteiligung liegt im Land laut Monatsstatistik bei 2,4 Prozent. Österreichweit ist sie mit 3,7 Prozent höher.

Sonja Dörfler-Bolt
„In Österreich hat sich lange das Mantra der Wahlfreiheit gehalten”, erklärt Sonja Dörfler-Bolt vom Institut für Familienforschung. Dörfler-Bolt

Es gibt Luft nach oben. Das sagen Sonja Dörfler-Bolt vom Institut für Familienforschung und Soziologin Gerlinde Mauerer. Anlässlich des bevorstehenden Muttertags am Sonntag machten sie auf die ungleiche Verteilung der familiären Kinderbetreuung aufmerksam. Es liege auch an der Politik, die Richtung vorzugeben. „In Österreich hat sich lange das Mantra der Wahlfreiheit gehalten. Dieses Mantra fällt auf einen kulturell sehr traditionellen Boden“, erklärt Dörfler-Bolt. Es sei schwierig, verfestigte Geschlechterrollen aufzubrechen. Fixe Vätermonate und höhere Ersatzraten könnten helfen. In Schweden, wo drei Monate der Karenz für Väter reserviert sind, sei die Veränderung zu sehen. Nur ein Beispiel: Während in Schweden 16,2 Prozent glauben, dass das Familienleben leidet, wenn die Mutter einen Vollzeitjob hat, sind es in Österreich 56,7 Prozent.

Frank Feiner
„Ich finde, dass auch Väter bei der Erziehung mitwirken müssen”, sagt Frank Feiner. FEINER

Gleichzeitig steht Vollzeiterwerbstätigkeit für Männer bislang kaum infrage. Die meisten Väter arbeiten nach ihrer Karenz wieder ohne Abstriche. Frank Feiner hat sich bewusst dagegen entschieden. Auch damit gehört er zu einer Minderheit. In Vorarlberg sind 6,4 Prozent der Männer mit Kindern unter 15 Jahren teilzeitbeschäftigt. Bei den Frauen sind es 77,9 Prozent. „Ich finde, dass auch Väter bei der Erziehung mitwirken müssen. Am Ende geht es um Gleichberechtigung, jetzt, aber auch wenn wir an die Pension denken“, erklärt der Hohenemser. Männer müssten zurecht ihren Teil beitragen.

Gerlinde Mauerer
Bei Müttern laufe eine Dauerschleife, sagt Soziologin Gerlinde Mauerer. Mauerer

Mütter sind nach wie vor mehr belastet, weiß Soziologin Mauerer aus ihrer Forschung. Bei ihnen laufe eine Dauerschleife an Planungen, Besorgungen, möglichen Arztbesuchen. „Väter brauchen etwas länger, um ins Planen hineinzukommen. Sie fungieren im Familienalltag eher als Dienstleister. Das resultiert auch daraus, dass Mütter klarere Vorstellungen haben und gewisse Dinge früher angehen wollen“, berichtet die Wissenschaftlerin. Gleichzeitig seien es eher die Frauen, die etwa für ein krankes Kind zuhause bleiben. Dennoch bleibe ihre Arbeit daheim oft ungesehen.

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Umso wichtiger ist es, Väter diese Erfahrung machen zu lassen. „Jene, die länger in Karenz sind, fangen an, mitzudenken und mitzuplanen“, weiß Mauerer. Während in Schweden 88 Prozent der Männer nach der Geburt jedes Kindes in Elternzeit wechseln, sind es in Österreich 16,3 Prozent, vergleicht Familienforscherin Dörfler-Bolt. Die Zahlen beziehen sich auf Väter mit Kindern des Jahrgangs 2019. In Vorarlberg ist der Wert mit 10,8 Prozent deutlich niedriger. Hinzu kommt, dass die Verweildauer in der Karenz mit jener von Frauen nicht vergleichbar ist.

Frank Feiner
Frank Feiner wechselte von der Karenz in die Teilzeitarbeit. FEINER

Frank Feiner war zwei Monate daheim. „Man sieht, wie schwierig und herausfordernd es ist, die Bedürfnisse des Kindes zu befriedigen.“ Die Wertschätzung für die Arbeit der Partnerin steige. Er wisse, was sie leiste. „Ich kann auch mitfühlen.“ Die Wissenschaftlerinnen nennen das „von der Liebe ins Tun“ kommen. „Partnerinnen nehmen sich mit, dass sie sich auf den Partner verlassen können.“ Auch das Kind profitiert. Die Bindung zu den Vätern sei deutlich größer, wenn sich diese für eine Zeit daheim entscheiden.