Das ist eine Gefahr für das Ökosystem Bodensee

Invasive Arten bedrohen ganze Ökosysteme, auch den Bodensee. Der Mensch kann seine Fehler nicht immer selbst beheben.
Text: Falk Böckheler, Schwäbische Zeitung
Friedrichshafen, Bregenz Kaninchen in Australien, Ratten in Neuseeland, Waschbären in Deutschland: Die Ökosysteme dieser Welt sind auf eingeschleppte Arten nicht immer vorbereitet. Fremde Tiere, Pflanzen, Pilze oder Kleinstlebewesen – kurz Neobiota – können ganze Ökosysteme bedrohen. Auch der Bodensee kann und wird durch gebietsfremde Arten stark beeinflusst.
Was genau Neobiota?
Neobiota (Neues Leben) sind Arten, die bei uns ursprünglich nicht heimisch sind. „Die meisten Neobiota verschwinden wieder, weil sie sich nicht etablieren können“, sagt Alexander Brinker. Er ist Leiter der Fischereiforschungsstelle in Langenargen. Andere gliedern sich in das Ökosystem ein und koexistieren mit den heimischen Arten. So habe sich der Kaulbarsch im Flachwasser des Bodensees anfangs massiv ausgebreitet. Er wurde selbst eine Nahrungsquelle und hat sich in das Ökosystem Bodensee eingefügt. Andere Arten breiten sich deutlich aggressiver aus.

Warum können Neobiota gefährlich werden?
Jedes Ökosystem besteht aus Nischen. Dazu gehören Lebensraum, Temperatur, Nahrungsangebot, Fressfeinde und vieles mehr. Wenn Neobiota in eine freie Nische passen oder einheimische Arten verdrängen, kann es gefährlich werden. Sie sind neu, haben noch keine natürlichen Feinde, vermehren sich schnell und sind oft Generalisten. Manche breiten sich ungebremst aus. Diese Arten bezeichnet man als invasiv. Einheimische Arten und deren Anpassungen über Jahrtausende hinweg könnten dadurch verloren gehen.

Die Amerikanischen Großkrebse
Anhand von drei Beispielen kann aufgezeigt werden, wie invasive Arten auf den Bodensee wirken. Bei den heimischen Flusskrebsen zeigen sich die Auswirkungen deutlich. “”„Das ist das schlimmste Beispiel“, sagt Brinker. „Die einheimischen Krebse “Sie sind nicht mehr da”, wurden von den invasiven Amerikanischen Großkrebsen vollständig verdrängt.
Der Stichling
Der Stichling hat andere Arten noch nicht komplett verdrängt. Eine Konkurrenz ist er trotzdem. Die kleinen Fische sind normalerweise im Flachwasser heimisch. Vermutlich wurden sie von einem Aquarianer im See ausgesetzt. Nachweisen kann man das aber nicht. Im Bodensee finde man sie seit rund 70 Jahren, sagt Brinker. Vor rund zehn Jahren sei die Population explodiert.
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Befischungen zeigten, dass bis zu 90 Prozent der Fische im Bodensee Stichlinge sind. Er ernährt sich vom freischwebenden Plankton, von Eiern und Larven der anderen Fischarten. Dies sei normalerweise unter anderem die Futterquelle von Felchen.

Die Quagga-Muschel
Bei der Quagga-Muschel, zeigt sich, wie sich eine Art auf den kompletten See auswirken kann. Sie stammt aus dem Dnepr bei Cherson in der Ukraine. Die Muschel verbreitet sich im Bodensee seit ungefähr 2016. Spaak forscht dazu genauer. „Es gibt kein Ort im See, wo wir runter gegangen sind und kein Quagga gefunden haben“, sagt er. Ein weiteres Problem: Die freischwebende Larve der Muschel, könne sich fast überall festsetzen. So werden Wasserrohre für Trinkwasser verstopft. Eine Reinigung ist nur mit teuren Verfahren möglich.

Was kann man dagegen machen?
„Gegen die Quagga-Muschel können wir wirklich nur auf das Ökosystem selbst hoffen“, sagt Brinker. Die Ausbreitung im Bodensee sei nicht mehr zu verhindern. Beim Stichling sehe es anders aus, sagt Brinker. „Wir Menschen haben ja alle möglichen Fischarten schon kaputtgefischt.“ Ein neues Pilotprojekt soll im Herbst testen, ob die gezielte Befischung von Stichlingschwärmen ohne große Kollateralschäden möglich ist. Dass die heimischen Krebse zurückkommen, ist unwahrscheinlich. Das Ökosystem ist für immer verändert.
Darum dreht sich unsere Serie „Wem gehört der Bodensee?“. Entstanden ist sie grenzübergreifend wie der See, seine Schönheit und seine Probleme, als Coproduktion von Vorarlberger Nachrichten, St. Galler Tagblatt, Thurgauer Zeitung und Schwäbischer Zeitung.