Lena Schilling polarisiert

Politik / 20.05.2024 • 16:20 Uhr
ABD0131_20240507 – WIEN – …STERREICH: Spitzenkandidatin Lena Schilling im Rahmen des Wahlkampfauftaktes der GrŸnen fŸr die EU-Wahl am Dienstag, 7. Mai 2024, in Wien. – FOTO: APA/ROLAND SCHLAGER
Lena Schilling ist als Klimaaktivistin bekannt. Als solche polarisiere sie, habe grün-affine Wähler für und viele andere gegen sich, analysiert Kommunikationsexpertin Aumayr. Foto: APA

Grünen-EU-Wahl-Kandidatin löst enormes Interesse aus: Expertinnen erklären, warum.

SCHWARZACH. Mit wenigen Politikern geht das Phänomen einher, dass sie bei Wählern ein enormes Interesse auslösen. Bei ihnen sorgt allein die Erwähnung in einem Beitrag dafür, dass dieser eher gelesen, gehört oder gesehen wird als bei anderen. Das war bei Jörg Haider (FPÖ) so oder bei Sebastian Kurz (ÖVP).

Auch bei der Grünen-Spitzenkandidatin für die EU-Wahl, Lena Schilling, ist es feststellbar. Und zwar schon länger. Nachdem die Zeitung „Der Standard“ vor zwei Wochen über Vorwürfe gegen sie berichtet hatte, war es erst recht so.

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Eine Auswertung von „Google“-Suchanfragen zeigt, dass es hier im Verlauf der vergangenen zwölf Monate die mit Abstand meisten für die 23-Jährige gab. Die Anfragen werden indexiert ausgewiesen. Gemessen daran gab es in den vergangenen zwölf Monaten nicht nur für alle übrigen EU-Spitzenkandidaten weniger, selbst Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), SPÖ-Chef Andreas Babler und FPÖ-Obmann Herbert Kickl kamen kein einziges Mal an dieses Volumen heran. Bei Nehammer war das nicht einmal nach dem Video der Fall, in dem er Eltern empfahl, ihre Kinder Burger essen zu schicken oder bei Babler nach seiner Wahl zum Parteivorsitzenden. Bemerkenswerter: Als Schilling im Jänner als grüne Kandidatin präsentiert wurde, gab es mehr Suchanfragen nach ihr als nach Nehammer zu dessen „Österreich Plan“-Rede.

ABD0330_20240126 – WELS – …STERREICH: Bundeskanzler und …VP-Bundesparteiobmann Karl Nehammer am Freitag, 26. JŠnner 2024, im Rahmen der …VP-PrŠsentation des “…sterreichplans” in Wels. – FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
Kanzler Nehammer hat mit seiner “Österreich Plan” im Jänner weniger Interesse ausgelöst als Lena Schilling bei ihrer Präsentation als EU-Wahl-Kandidatin. Foto: APA

Die Suchanfragen bringen zum Ausdruck, was eine Masse interessiert. Das wird von vielen gegoogelt. Es sagt nichts darüber aus, wie sie darüber denken. Es steht allein für das Interesse. Bei Schilling ist es grundsätzlich groß. Warum? Ein Punkt sei, dass sie neu in der Politik ist, wie die Kommunikationsberaterin Heidi Glück erläutert. Neues ziehe an. Doch nicht nur deswegen hebe sie sich ab von den anderen EU-Spitzenkandidaten: „Sie ist jung, kann gut reden, ist die einzige Frau.“

Lena Schilling polarisiert
Die Grünen seien mit Schilling eine Wette eingegangen. Sie hätten auf Stimmenmaximierung gesetzt, erklärt die Kommunikationsexpertin Christina Aumayr. Foto: Aumayr

Ihre Partei, die Grünen, sei mit ihr eine Wette eingegangen, erklärt Christina Aumayr, die ebenfalls als Kommunikationsberaterin tätig ist: Sie habe in Kauf genommen, dass Schilling kein Polit-Profi sei. Sie habe auf Stimmenmaximierung bzw. darauf gesetzt, dass sie als junge, eloquente Frau ankommt, die vor allem auch als Klimaaktivistin bekannt ist. Als solche polarisiere sie, habe grün-affine Wähler für und viele andere gegen sich.

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Lena Schilling in der Wiener Lobau, wo sie als Klimaaktivistin tätig war und gegen eine Straßenprojekt kämpfte. Foto: APA

Vervielfacht hat sich das Interesse für Schilling eben durch die Vorwürfe, die gegen sie erhoben wurden. Sie hat Unwahrheiten über Bekannte und Journalisten verbreitet. Für einen Journalisten hatte dies kritische Folgen: Er musste gegenüber seinem Arbeitgeber glaubhaft machen, sie nicht belästigt zu haben.

Bei diesen Vorwürfen gehe es um Dinge, die für eine Masse eher greifbar seien als zum Beispiel eine EU-Reform, meint Glück: „Da kann jeder mitreden.“ Wichtiger: Das Krisenmanagement der Partei habe für noch größeren Wirbel gesorgt. Parteichef Werner Kogler sprach von „Gefurze“. Dafür entschuldigte er sich Tage später als der Schaden angerichtet war.

ABD0093_20240517 – WIEN – …STERREICH: GrŸnen-Chef Vizekanzler Werner Kogler und die Spitzenkandidatin fŸr die EU-Wahl, Lena Schilling, am Freitag, 17. Mai 2024, im Rahmen einer Pressekonferenz anl. der “PlakatprŠsentation – 2. Welle” der GrŸnen in Wien. – FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
Grünen-Chef Werner Kogler sprach von “Gefurze” und hat damit vieles schlimmer gemacht für Lena Schilling. Foto: APA

Was sind die Folgen? „Das kann für die Grünen sehr bitter werden“, meint Aumayr: Einer ihrer Markenkerne sei moralische Integrität. Darum geht es hier. Glück ist der Überzeugung, dass das Ganze – „wenn jetzt keine weiteren Vorwürfe kommen“ – abebbt. Aber: Die Glaubwürdigkeit der Grünen in Bezug auf ihre Ansprüche „Ehrlichkeit, Anständigkeit, Transparenz“ habe „ein paar Kratzer“ bekommen.