Von Kalkutta bis zu Ladekabeln: Worum es bei der EU-Wahldiskussion ging

Politik / 28.05.2024 • 22:23 Uhr
Elefantenrunde EU-Wahl, Diskussion zur EU-Wahl
Michael Prock (VN, v.l.), Helmut Brandstätter, Harald Vilimsky, Reinhold Lopatka, Lena Schilling, Philipp Kreinbucher und Angelika Simma-Wallinger (ORF). VN/Steurer

Was kann die EU? Was soll sie können? Diese Fragen führten in Götzis zu teils hitzigen Debatten.

Götzis In eineinhalb Wochen sind 277.000 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger aufgerufen zu wählen. Es geht um die künftigen Abgeordneten im EU-Parlament. Die Spitzenkandidaten der österreichischen Parteien trafen sich am Dienstagabend zur Diskussion in Götzis. Wichtigen Input gaben dabei die Vorarlbergerinnen und Vorarlberger bei einer Straßenumfrage: Es brauche eine Lösung des Klimawandels, es gebe Mängel bei der Mitbestimmung, der Schutz der Außengrenzen sei zu lasch, hieß es unter anderem.

Elefantenrunde EU-Wahl, Diskussion zur EU-Wahl
Zwei Gegensätze: Vilimsky und Brandstätter.

Von Kalkutta und Migrationspakt

Erst kürzlich zeigte eine Umfrage, dass Migration auf Platz zwei der Topthemen der Wählerinnen und Wähler im Land steht. ÖVP-Kandidat Reinhold Lopatka möchte dabei streng zwischen jenen unterscheiden, die als Fachkräfte gebraucht werden und jenen, die illegal ins Land kommen würden. Philipp Kreinbucher von der SPÖ, der Andreas Schieder in Götzis vertritt, fordert eine unkomplizierte Gestaltung der Rot-Weiß-Rot-Karte. Was Asylwerber betreffe, sei es wichtig, fair zu sein. Wer bleiben dürfe, müsse in den Arbeitsmarkt integriert werden. Harald Vilimsky von der FPÖ will keine „internationale Völkerwanderung“: “Wer Kalkutta retten möchte und halb Kalkutta zu sich holt, rettet nicht Kalkutta, sondern macht sich zu Kalkutta”, fordert er Hilfe vor Ort. Neos-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter reagiert: “Man kann Sprüche führen und darauf aufmerksam machen, was nicht funktioniert.” Oder man könne aufzeigen, dass es eine Einigung zum EU-Migrationspakt gebe und auf die gute Umsetzung dessen achten. Grünen-Spitzenkandidatin Lena Schilling fordert Menschlichkeit in möglichen EU-Aufnahmezentren, ebenso schnelle und faire Asylverfahren sowie einen Verteilungsmechanismus. Auch Rückführungsabkommen seien zentral.

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Hitzige Debatten zu Wirtschaft und Klimaschutz.

Kleiner Koalitionszwist

Hitzig wurde die Debatte zu den Themen Teuerung, Wirtschaft, Klimaschutz. Vilimsky ortet den Ursprung der Teuerung unter anderem in den Ukraine-Milliarden und den Corona-Hilfen. Gleichzeitig kritisiert er die Globalisierung. Wirtschaftspolitisch bremse die EU. Schilling und Kreinbucher erinnern daran, dass vor allem die Abhängigkeit vom russischen Gas zur Teuerung geführt habe. Der europäische Green Deal müsse die Unternehmen von Anfang an mitnehmen und Planungssicherheit gewährleisten, sagt die Grüne Spitzenkandidatin. Der ÖVP wirft sie vor, den Naturschutz und Klimaschutz zu behindern. Lopatka widerspricht. Ein Koalitionszwist entsteht. Lopatka betont gleichzeitig, dass es wichtig sei, eine Basis für eine Transformation weg von fossiler Energie zu schaffen. Ebenso wünscht er sich einen stärkeren Fokus auf die EU als Wirtschafts- und Industriestandort. Neos-Kandidat Brandstätter sieht Vorarlberg als positives Beispiel, wie schöne Landschaft und gesunde Industrie kein Widerspruch seien. Gemeinsame europäische Forschung sei ein Schlüssel. Kreinbucher spricht sich für gewisse Regeln in Europa aus, um das Gemeinsame zu stärken. Außerdem betont er: “Neben Amerika, Indien, Brasilien, China und Russland kann das kleine Österreich allein nichts ausrichten.” Vilimsky wünscht sich hingegen mehr Nationalstaatlichkeit. Die Schweiz beweise, dass dies funktioniere. “Ohne die EU ginge es der Schweiz auch nicht so gut”, quittiert Brandstätter diese Behauptung.

Elefantenrunde EU-Wahl, Diskussion zur EU-Wahl
Das Interesse an der Debatte war groß. Zwischendurch kamen Vorarlbergerinnen und Vorarlberger mit ihren Ansichten zur EU zu Wort.

Viele positive Gesetze

Bei EU-Gesetzen hebt Brandstätter die Abschaffung der Roaming-Gebühren in der Union positiv hervor. Lopatka lobt den Asyl- und Migrationspakt. Schilling sieht den Green Deal und insbesondere das Lieferkettengesetz positiv. Kreinbucher freut sich auf die einheitlichen Ladekabel. Vilimsky will kein Gesetz loben. Er sei dafür da, die Finger in die Wunden zu legen.

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Am Ende der Debatte analysierte Politikwissenschafter Markus Rhomberg das Aufeinandertreffen der Kandidatin und Kandidaten. Ihnen sei es vorwiegend darum gegangen, noch Stimmen zu generieren. Thematisch habe es keine Überraschungen gegeben, allerdings ließen die hitzigen Passagen des Abends doch ein wenig tiefer blicken.

Welche Themen, die Besucherinnen und Besucher der Diskussion bewegen, haben sie den VN bereits im Vorfeld verraten. Lesen Sie hier mehr.