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„Der Wahlkampf ist vorbei“, mahnte VP-Wahlverlierer Reinhold Lopatka den liberalen Spitzenkandidaten Helmut Brandstätter bei der Analyserunde. Die aufgeheizte Stimmung offenbarte, dass am Sonntag eine Testwahl für den Herbst stattfand. Neben den Prozenten und Mandaten muss für die Parteizentralen die Richtung für den Nationalrat stimmen. Die FPÖ lieferte wie erwartet einen historischen Sieg: Erstmals erreichte die Partei bei bundesweiten Wahlen Platz 1. Karl Nehammer bleibt nur die Rolle des Schlechte-Stimmung-Verstehers und Andreas Babler schwankt zwischen Zweckoptimismus und Realitätsverweigerung. Beide wissen: Wenn ihre Parteien am Kurs zu zweifeln beginnen, haben sie als Kanzlerkandidaten keine Chance. Zu viel Interessenausgleich kann dabei schaden. In der Mitte ist zwar Platz, aber wer sich alle Türen offenhalten (bzw. alle Wählergruppen ansprechen) will, verliert das Profil und wird austauschbar. Gestern wurden zwei Parteien belohnt, die sich klar positionierten: die FPÖ gegen die EU und die Neos klar für Europa.
Und noch eine Lehre vom Sonntag: Skandale beeindrucken stimmungs- oder themenorientierte Wähler wenig bis gar nicht. Die Grünen teilen mit ihren Verlusten das Schicksal vieler Regierungsparteien, Lena Schilling hat die Partei aber nicht in den Abgrund gerissen. In Deutschland lässt sich dieses Phänomen noch eindrücklicher an der AfD studieren. Sie erreichten Platz 2 trotz Korruptions- und Spionagevorwürfe gegen beide Spitzenkandidaten. Deutsche Jungwähler haben ihre Stimmen übrigens Kleinstparteien oder der extremen Rechten geschenkt. Da wächst eine Generation heran, die mit dem klassischen Parteiensystem nichts mehr anfangen kann. Darüber sollten sich auch die österreichischen Strategen den Kopf zerbrechen.