Bis zu 500 Tote pro Jahr: Hitze wird unterschätzt

Politik / 19.06.2024 • 17:32 Uhr
Bis zu 500 Tote pro Jahr: Hitze wird unterschätzt
Ages-Geschäftsführer Johannes Pleiner-Duxneuner, Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und Projektleiterin Andrea Schmidt präsentierten den neuen nationalen Hitzeschutzplan. APA/TOBIAS STEINMAURER

Rauch präsentierte einen neuen Hitzenotfallplan. Auch in Vorarlbergs Heimen ist Prävention ein Thema.

Wien Die ersten heißen Tage des Jahres freuen die einen und sind für die anderen lästig. Über einen längeren Zeitraum hinweg können Hitzeperioden jedoch mehr als nur unangenehm werden. Jährlich sterben in Österreich dadurch bis zu 500 Menschen. Mit dieser Zahl ließ Johannes Pleiner-Duxneuner, Geschäftsführer der Ages (Agentur für Ernährungssicherheit), am Mittwoch aufhorchen. Auch in Vorarlbergs Heimen sind Hitzewellen ein Thema.

Für die Berechnung wurden Zeiträume, in denen die Nachttemperatur nicht unter 18 Grad fällt, mit der Mortalitätsstatistik der Statistik Austria verschränkt. Für 500 zusätzlich Verstorbene gab es außer der Hitze keine plausible Erklärung. Auch die Zahl der Krankenhausaufenthalte sei in extrem heißen Sommern um bis zu einem Viertel gestiegen.

“Wir haben es mit klimatischen Veränderungen zu tun, die Auswirkungen haben”, ergänzte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Er wolle keine Panik verbreiten, aber eine Überarbeitung des nationalen Hitzenotfallplans sei nach sieben Jahren notwendig gewesen. Das neue Strategiepapier wurde präsentiert.

Ältere Menschen besonders betroffen

“Hitze und Hitzewellen werden weiterhin in ihren gesundheitlichen Auswirkungen unterschätzt”, sagt Rauch. Ältere, kranke Menschen, Kleinkinder und Säuglinge seien besonders gefährdet. Das belastet auch das Gesundheitssystem, es kommt zu einem merkbaren Anstieg der Krankenhausaufenthalte.

Die Belastung ist hoch, das zeigt auch ein Blick in Vorarlbergs Pflegeheime. “Gerade wir im Pflegebereich wissen: Hitzewellen stellen eine ernst zu nehmende Gesundheitsgefahr dar”, sagt Daniel Siegl, SeneCura Regionaldirektor für Tirol und Vorarlberg den VN. Doch durch präventive Maßnahmen seien negative Auswirkungen meist vermeidbar. Dazu gehört eine präventive Kommunikation, auch über Poster, zusätzliche Trinkmöglichkeiten und das Angebot von kühlenden Bädern, richtiges Lüften und leichte Ernährung und Bekleidung. Die zunehmende Belastung durch Hitze werde zudem schon bei baulichen Maßnahmen eingeplant.

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Belastung für Pflegeheimpersonal steigt

Große Hitzeentwicklungen über mehrere Wochen seien sowohl für die Seniorinnen und Senioren, als auch für das Personal belastend, betont Carmen Helbok-Föger, Geschäftsführerin bei Benevit. Die Pflegegesellschaft betreibt unter anderem sieben Sozialzentren und Pflegeheime mit aktuell 294 Pflegeheimbetten.  “Irgendwann bekommt man die Raumtemperatur nicht mehr in den Griff”, berichtet sie den VN. An den Standorten gebe es keine Klimaanlagen.

Doch noch sei die Situation zu lösen. Aber je länger die Hitzeperioden werden, umso schwieriger werde der Umgang damit. “Klimaschutz ist für uns alle, das kann nicht getrennt werden: Für die Älteren, das Personal und die gesamte Gesellschaft”, sagt Helbok-Föger.

Rolle der Länder zentral

Für die Umsetzung von Maßnahmen aufgrund extremer Temperaturen sind die Bundesländer zuständig. Auch Vorarlberg hat 2020 einen Hitzeschutzplan erstellt, heißt es aus dem Büro von Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne). Dazu gehört, dass das Land Maßnahmen gegen Hitze in Gemeinden fördert und es Handlungsanweisungen für Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen gibt.

Nicht zu spät für Klimaschutz

Nie zuvor wurden Tage mit mehr Hitze verzeichnet als vergangenes Jahr. Diese Entwicklung werde so weitergehen, prognostiziert Andrea Schmidt, Leiterin des Kompetenzzentrums Klima und Gesundheit der Gesundheit Österreich GmbH. “40 Hitzetage werden zum Normalfall, wenn wir weiterhin den ungebremsten Ausstoß von CO2 zu lassen.” Schmidt warnte zudem: “60 bis 80 Tage sind bis 2100 laut langfristiger Prognose möglich. Bei Einhaltung der Pariser Klimaziele könnte sich das aber noch leicht über dem aktuellen Wert einpendeln.”