Land schäumt über Gewessler: “Das sind Taschenspielertricks” und “einen Teufel werden wir tun”

Ministerin Eleonore Gewessler fordert vom Land eine Absage an die S18. Die streitbare Grünen-Politikerin sorgt damit einmal mehr für reichlich Unmut im Landhaus. Landeshauptmann Markus Wallner geht mit der Ministerin hart ins Gericht.
Bregenz, Wien Es ist nichts Neues, wenn Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ausrücken muss, um das Projekt der Bodenseeschnellstraße S18 zu verteidigen. Vor allem Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) fordert ihn dabei heraus. Zuerst lässt sie das Projekt prüfen, dann schlägt sie eine neue Variante vor und nun fordert sie Land und Asfinag dazu auf, sich von der S18 zu verabschieden. In einem noch nicht finalen Arbeitsübereinkommen will die Ministerin eine Verkehrsentlastung über niederrangige Straßen. Der Bund würde das finanzieren. Wallner schließt das aus: „Niederrangig bedeutet, dass der Lkw-Verkehr durch die Dörfer rollt.“
Eugen Schneider von der Initiative „Lebensraum Zukunft Lustenau“ sieht im Vorschlag der Ministerin indes die Basis für eine neue Diskussion. „Wir brauchen Dialog. Wir haben ein Verkehrsproblem und das müssen wir nach dem aktuellen Stand diskutieren.“

“Das ist ein Taschenspielertrick”
Gesprächsbedarf sieht auch Wallner, aber aus einem anderen Grund: „Es passiert nicht zum ersten Mal, dass man uns über Medien Vorschläge erteilt, die wir nicht kennen. Das ist ein schlechter politischer Stil“, sagt er in Richtung Ministerin. „So kann man nicht mit einem zentralen Anliegen eines Bundeslandes vorgehen.“ Im Dezember 2016 habe sich der Bund dazu verpflichtet, im Rheintal eine Autobahnverbindung zwischen der Schweiz und Österreich herzustellen und dies im Bundesstraßengesetz so verankert. „Der Bund ist eine Verpflichtung zu Planung, Bau, Durchführung und Finanzierung eingegangen. Zu 100 Prozent. Daraus werden wir ihn niemals entlassen“, hält Wallner gegenüber den VN fest. Er werde den Teufel tun. Den Vorschlag, eine Entlastung über niederrangige Straßen zu schaffen, bezeichnet der Landeshauptmann als Scheinangebot. Verkehrslandesrat Marco Tittler (ÖVP) spricht von einem Taschenspielertrick der Ministerin. Wolle sich der Bund zusätzlich zur S18 beim niederrangigen Straßennetz beteiligen, stünden alle Türen offen. „Wir fordern schon lange eine Verkehrsbeeinflussungsanlage auf der A14 und einen direkten Zugang zum Güterbahnhof“, spricht Tittler zwei Projekte an. „Das kann aber nicht im Abtausch sein.“ Wallner ergänzt: Gewessler sei in einem Irrgarten unterwegs und niemand wisse, wo sie eigentlich hinwill. Lediglich: „Sie will sich aus der Verantwortung schleichen.“

Gewessler hofft auf rasche Umsetzung
Im Klimaschutzministerium von Gewessler wird der Darstellung widersprochen: „Im Arbeitspapier sind viele mögliche Maßnahmen gelistet, die zu einer verkehrlichen Entlastung der Bevölkerung im Rheintal beitragen würden. In erster Linie sollen statt der hochrangigen S-18-Schnellstraße Lösungen am niederrangigen Netz verfolgt werden, die Kosten dafür würde der Bund zur Gänze übernehmen. Diese umfassen etwa die Entlastung von vom Transit geplagten Gemeinden und Ortschaften, Maßnahmen im Öffentlichen Verkehr sowie in der Aktiven Mobilität (Radfahren, Gehen).“ Zusätzlich müssten die bereits viel diskutierten Sofortmaßnahmen in Umsetzung kommen. „Die Detailplanung muss selbstverständlich unter Einbeziehung des Landes sowie der betroffenen Gemeinden erfolgen. Hier unterstützt der Bund selbstverständlich gerne.“ Das vollständige Arbeitspapier übermittelt das Ministerium den VN nicht, da es noch nicht final ausgearbeitet sei. Daher liege es auch dem Landeshauptmann noch nicht vor. „Nach Gesprächen mit dem Land Vorarlberg werden selbstverständlich alle weiteren Stakeholder mit einbezogen“, heißt es aus dem Ressort außerdem auf die Frage, ob die Verantwortlichen in der Schweiz bereits involviert gewesen seien. Es wäre möglich, die im Arbeitspapier genannten Vorschläge rasch in Angriff zu nehmen, erklärt man ebenso: „Sie können innerhalb der nächsten Jahre realisiert werden. Das Arbeitsübereinkommen kann nach Verhandlungen mit dem Land Vorarlberg, die noch ausständig sind, innerhalb kurzer Zeit unterschrieben und alle weiteren notwendigen Schritte eingeleitet werden.“

“Weg von diesem Kindergarten”
Die Initiative „Lebensraum Zukunft Lustenau“ hofft indes auf neue Gespräche, wie Eugen Schneider erklärt. „Der Ausstieg aus der S18 wäre sicher sinnvoll“, zumal die Volksbefragung dazu eine klare Botschaft an die Politik gewesen sei. Der Straßenbau müsse generell aufhören. Stichwort: Klimawandel, Umweltprobleme, Bodenversiegelung. Es müsse darüber diskutiert werden, ob mit dem Straßenbestand eine Entlastung machbar sei. Ebenso sei der Güterverkehr weiter auf die Schiene zu bringen. Hier gehöre ausgebaut. Als Sofortmaßnahme in Lustenau schlägt Schneider eine Temporeduktion vor. Und: „Als die Rheinbrücke generalsaniert wurde, hat man den Transit auf kleine Grenzübergänge umgeleitet. Da gibt es großes Erfahrungspotenzial.“ Offenbar sei die Umleitung überraschend problemlos abgelaufen. „Es wäre wichtig, wenn sich alle zusammensitzen. Wir müssen endlich weg von diesem Kindergarten.“