Nach hitziger Debatte: Magnus Brunner als Kommissars-Kandidat bestätigt

Der Hauptausschuss des Nationalrats hat entschieden: Die Republik nominiert den Finanzminister als nächsten österreichischen EU-Kommissar. Wie es nun weitergeht.
Wien Schlussendlich haben nur die Regierungsparteien zugestimmt. ÖVP und Grüne nutzten ihre gemeinsame Mehrheit im Hauptausschuss des Nationalrats und nominierten Finanzminister Magnus Brunner als nächsten österreichischen EU-Kommissar. Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und Neos kritisierten Brunners Nominierung bereits Ende Juli, als die Regierung die Personalie bekannt gab – und stimmten jetzt nicht zu.
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Damit ist das innerstaatliche Prozedere beendet und Magnus Brunner offiziell von Österreich nominiertes Mitglied der Europäischen Kommission. Der 52-jährige Bregenzer muss noch vom Europaparlament bestätigt werden und sich einem Hearing stellen – in den Ausschüssen, die für das Ressort, das Brunner antreten soll, inhaltlich zuständig sind. Welches das sein wird, entscheidet die wiedergewählte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Die Bestätigung durch das Europaparlament gilt keineswegs als Formsache. Immer wieder fallen Kandidatinnen oder Kandidaten durch; zum Beispiel, weil die inhaltlichen Differenzen zu den Abgeordneten zu groß und die fachlichen Qualifikationen zu klein sind oder weil offene Fragen zum Lebenslauf ungeklärt bleiben. Eine Sprecherin des Europaparlaments schreibt auf VN-Anfrage: „Die Anhörungen in den Ausschüssen dauern drei Stunden. Sie finden im Oktober statt. Am Anfang haben die Kandidat:innen 15 Minuten Zeit, sich zu präsentieren. Das daraus resultierende Feedback der Ausschüsse geht dann an die Kommissionspräsidentin.“ Neos-Landessprecherin Claudia Gamon hat dieses Prozedere 2019 als EU-Abgeordnete selbst miterlebt: „Das sind keine Pseudo-Hearings, wie vielleicht in Österreich, sondern das ist schon eine ernsthafte Angelegenheit. Es werden sowohl inhaltliche als auch politische Fragen gestellt.“

Über die Nominierung eines Vorarlbergers freute sie sich als Vorarlbergerin, aber: „Sobald alle Kandidat:innen bekannt sind, wird man besser einschätzen können, ob es für Magnus Brunner schwieriger wird oder nicht.“ Gamon nennt ein Beispiel: Die österreichische Bundesregierung habe sich in Brüssel mit ihrer kritischen Haltung zur Erweiterung des Schengen-Raums „nicht besonders beliebt gemacht“, sagt Gamon den VN: „Da war das Europaparlament mehrheitlich anderer Meinung. Für einen Kandidaten aus Österreich ist das natürlich nicht hilfreich. Ob das dann am Schluss relevant sein wird, werden wir aber erst sehen.“ Die 27 Mitgliedsstaaten müssen ihre Kommissarinnen und Kommissare bis zum 30. August benennen. Die neue Kommission soll nach aktuellem Plan am 1. November ihr Amt antreten, zuvor muss sie noch als Ganzes vom EU-Parlament bestätigt werden.
Skeptische Opposition
Im Hauptausschuss des Nationalrats, wo Brunners Nominierung bestätigt wurde, ging eine hitzige Debatte vonstatten. Der freiheitliche Generalsekretär Christian Hafenecker meinte, einen „ungeheuerlichen Vorgang“ zu erkennen, würden sich doch die Verlierer der EU-Wahl miteinander einhängen und Brunner nach Brüssel schicken. Die FPÖ-EU-Mandatarin Petra Steger sprach von einem „unwürdigen Schauspiel“. Ein Hearing hätte sich SPÖ-Vize-Klubchef Jörg Leichtfried gewünscht. „Posten-Mauscheleien“ im Hinterzimmer sollten eigentlich der Vergangenheit angehören.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) begegnete dem mit dem Hinweis darauf, dass man dasselbe Prozedere vorgenommen habe wie die Regierung von Werner Faymann (SPÖ). Den Einwand von Leichtfried, dass man mit einer weiblichen Kandidatin wohl bessere Chancen auf ein attraktiveres Ressort gehabt hätte, teilte der Regierungschef nicht. Aufgabe für eine nationale Regierung sei es, einen Kandidaten mit breitem Portfolio aufzustellen. Genau das biete Brunner mit Erfahrungen in den Bereichen Energie, Wirtschaft und Finanzen. Ganz anders sah das Hafenecker, der Brunner einen „Bauchfleck beim Budget“ attestierte. Hier hakten auch die NEOS ein. Generalsekretär Douglas Hoyos meinte, über die finanzpolitische Expertise könne man angesichts der aktuellen Zahlen diskutieren. Sein Fraktionskollege Gerald Loacker aus Dornbirn mutmaßte, dass Brunner wohl kaum Haushaltskommissar werde.
Mit Material der Austria Presse Agentur (APA).