Groß angekündigt, nicht umgesetzt: Digitale Passfotos bleiben leeres Versprechen der Politik

Politik / 30.08.2024 • 06:30 Uhr
Symbolbild Feature Reisepass
Digitale Revolution? Fehlanzeige: Das eBild-System versagt in der Praxis. VOL.AT/MAYER

Passfotos sollte man längst digital an die Behörden übermitteln können. Doch die Realität sieht anders aus.

Schwarzach Es klang vielversprechend: Wer einen neuen Pass benötigt, sollte ab diesem Jahr die Möglichkeit haben, Passfotos direkt digital vom Fotografen oder Fotohändler an die Passbehörde übermitteln zu lassen. Das sogenannte eBild-System, das im Frühjahr von der Politik groß angekündigt wurde, versprach eine vereinfachte und moderne Lösung. “Sicher, effizient, praktisch: Digitales Ausweisfoto erleichtert Behördengänge”, freute sich die Wirtschaftskammer Österreich noch im Februar.

Auch das Bundesministerium für Finanzen hob auf seiner Website die Vorteile des Tools hervor: “Das eBild-System steht allen Berufsfotografen und Fotohändlern für ihre Kunden zur Verfügung und wird vom Innenministerium ausdrücklich empfohlen, denn damit stehen die Bilder für die Behörden in höchster Qualität zur Verfügung”, ist dort zu lesen. Innenminister Gerhard Karner lobte die Innovation ebenfalls: “Mit dem eBild-System haben wir ein modernes System zur papierlosen Bereitstellung von Passbildern für Lichtbildausweise geschaffen.”

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Technische Probleme

Doch die Realität sieht anders aus. Wer das eBild-System nutzen möchte, wird schnell feststellen, dass es schlichtweg nicht funktioniert. Woran es liegt? Weder die beteiligten Ministerien noch die Wirtschaftskammer können das Problem benennen. Stattdessen wird die Verantwortung hin und her geschoben.

“Das Bundesministerium für Inneres hat dieses Tool weder entwickelt noch einen Auftrag dafür erteilt, ebenso sind dem BMI keine Kosten entstanden”, teilte dieses auf VN-Anfrage mit. Zwar ermögliche das System, Lichtbilder den Behörden zum Download bereitzustellen, aber eine direkte Einbindung in das Passregister sei nicht vorgesehen. Die Bundesländer seien vom Ministerium lediglich darauf hingewiesen worden, dass es aus passrechtlicher Sicht keine Einwände gegen die Nutzung des Systems gebe. Dennoch habe das BMI damit nichts zu tun – das eBild-System bleibe ein Projekt der Wirtschaftskammer Österreich.

Innenminister Gerhard Karner im Interview bei Vorarlberg LIVE
Innenminister Gerhard Karner zeigte sich im Februar begeistert von der digitalen Lösung für Passbilder. APA/FOHRINGER

Die Wirtschaftskammer teilte mit, dass die Entwicklung und Implementierung des eBild-Systems von der Firma Asgard Technology GmbH durchgeführt wurde. Genauere Informationen zur Auftragsvergabe und zu den Projektkosten lagen der Kammer nicht vor. “Das eBild-System ist eine optionale Dienstleistung für Berufsfotografen und Fotohändler. Viele Funktionäre des Bundesinnungsausschusses Berufsfotografie nutzen es selbst erfolgreich”, erklärte eine Sprecherin. Wo genau das System in den Bundesländern und bei Behörden erfolgreich im Einsatz ist, wusste sie nicht.

Die Rolle der Asgard Technology GmbH

Entwickelt wurde das eBild-System von der Asgard Technology GmbH in Gmunden. Geschäftsführer ist Dietmar Schreiner, ein ehemaliger Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes. Er war maßgeblich an der technischen Umsetzung beteiligt. Die Idee dazu hatte er eigenen Angaben zufolge bereits vor zehn Jahren. Damals arbeitete er noch für das Bundeskriminalamt und damit für das Innenministerium, wie VN-Recherchen ergaben. Eine offizielle Ausschreibung für die Entwicklung des eBild-Systems gab es laut Schreiner nicht. Wer den Auftrag an seine Firma erteilte, ist unklar. “Technisch funktioniert alles wie geplant. Die Probleme liegen nicht bei uns, sondern bei der administrativen Umsetzung”, betont Schreiner. “In manchen Bundesländern wird auf der Behördenseite leider seit Jahren verzögert und gebremst. Warum dies so ist, entzieht sich meiner Kenntnis.”

Symbolbild Feature Reisepass
Wer einen neuen Reisepass benötigt, muss die Bilder weiterhin ausgedruckt mitbringen. VOL.AT/MAYER

Rechtliche Rahmenbedingungen unklar

Die Vorarlberger Landesregierung hingegen scheint zu wissen, warum das eBild-System in ihrem Bundesland nicht verwendet wird. “Dieses Thema wurde im Frühjahr vom Bund lanciert. Leider haben die drei zuständigen Bundesministerien die notwendigen technischen Voraussetzungen bisher nicht in die dafür vorgesehenen Systeme implementiert. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen, die mit der Nutzung eines solchen Systems durch die Behörden verbunden sind, sind ungeklärt”, teilt ein Sprecher der Landesregierung mit.

Bereits im März 2024 habe die Landesamtsdirektorenkonferenz die Bundesministerien für Inneres, Finanzen und Innovation/Technologie aufgefordert, die offenen Fragen zu klären, um das eBild-System vollständig in den Verwaltungsprozess zu integrieren. Dies betreffe vor allem rechtliche Rahmenbedingungen. Eine Rückmeldung der zuständigen Ministerien sei bisher ausgeblieben. Und das eBild-System, das als Vorzeigemodell für eine moderne Verwaltung angekündigt wurde, bleibt damit – zumindest bislang – ein unerfülltes politisches Versprechen.