Richtungswahl für das Schulsystem: Wie geht es mit der Gemeinsamen Schule weiter?

Was nach Oktober im Schulsystem passiert, hängt auch vom Wahlergebnis ab. In Vorarlberg könnte es bis zur Gemeinsamen Schule gehen – oder auch nicht.
Schwarzach Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink möchte sie ermöglichen, auch wenn es ihr die Vorgaben des Bundes nicht immer einfach machen. Es geht um die Gemeinsame Schule, für die sich die ÖVP-Politikerin ausgesprochen hat. Es soll einen Schulversuch in einer Region geben. Ziel wäre es, mit dem Schuljahr 2025/26 zu starten. So soll Erfahrung gesammelt werden, damit Vertrauen in dieses Schulmodell wachse. Derzeit befasst sich ein Lenkungsausschuss mit der Entwicklung.

Diesem gehören neben der Landesstatthalterin auch Vertreter der Bildungsdirektion und die Bildungssprecher der Landtagsparteien an. Ein für Schulbeginn anberaumtes Treffen musste laut Schöbi-Fink aus terminlichen Gründen verschoben werden. Ungeachtet der anstehenden Wahlen liefen die operativen Arbeiten aber weiter. „Ob die Umsetzung 2025/26 möglich ist, hängt von mehreren Faktoren ab“, hält Schöbi-Fink auf VN-Anfrage fest. „Die Zusammensetzung künftiger Regierungen, ob auf Bundes- oder Landesebene spielt naturgemäß wie auch überall sonst eine Rolle. Ein Wahlausgang beeinflusst die Zusammensetzung des Parlaments, was sich auf die Gesetzgebung auswirkt und somit auf politische Vorhaben.“
ÖVP lässt Frage offen
So lohnt sich ein Blick in die Wahlprogramme der im Landtag vertretenen Parteien. Und siehe da: Die ÖVP bleibt in dieser Frage vage. Vorarlberg soll chancenreichster Lebensraum für Kinder sein, heißt es im Wahlprogramm. Ob mit differenziertem Schulsystem oder einer Gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen lässt die Volkspartei offen.

Grüne SPÖ und Neos dafür
Grüne, SPÖ und Neos sind gegen eine frühe Trennung der Kinder im Bildungssystem. Die Neos fordern eine Modellregion der Gemeinsamen Schule in einem ersten Schritt und später in ganz Vorarlberg. Ähnliches liest sich bei den Sozialdemokraten. Die Grünen betonen: „Die Gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen ist nicht nur fairer, was Chancengerechtigkeit angeht, sondern vermag es auch, am meisten aus den Kindern und Jugendlichen herauszuholen.”

FPÖ dagegen
Auch die Freiheitlichen positionieren sich, allerdings in eine andere Richtung: „Jedes Kind hat unterschiedliche Begabungen. Wir sehen es als Aufgabe des Bildungssystems, die Kinder in ihren individuellen Bedürfnissen, Interessen und Stärken zu fördern. Das schaffen wir am besten durch ein differenziertes Schulsystem mit unterschiedlichen Schultypen.“ Das geplante Aus dieses differenzierten Schulsystems in Vorarlberg sei mit Sicherheit der falsche Weg für unser Land.
Richtungswahl
So wird die Wahl am Sonntag auch für das Schulsystem bedeutsam. Während die FPÖ ein differenziertes Schulsystem bevorzugt, sagt Grünen-Chefin Eva Hammerer: „Wenn ich in der kommenden Regierung Bildungslandesrätin wäre, würde ich die Gemeinsame Schule ambitioniert in Angriff nehmen.”
Sie berichtet, dass die großen Fragen zur Weiterentwicklung geklärt seien. Ähnliches hört man aus dem Büro der Landesstatthalterin: Mit dem Bildungsministerium habe es bereits erste Gespräche gegeben, dass AHS-Gebäude, die dem Bund gehören, in einer Gemeinsamen Schule gemeinsam genutzt werden könnten und auch AHS-Lehrer (Bundeslehrer) dort unterrichten dürften. „Minister Martin Polaschek hat signalisiert, dass er einem möglichen Schulversuch in Vorarlberg im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben offen gegenübersteht“, sagt Schöbi-Fink.

Laut ebendiesen gesetzlichen Vorgaben müssen alle am Versuch Beteiligten – Schüler, Lehrer, Eltern – diesen Versuch auch einstimmig befürworten. „Es braucht Erfahrung, was eine Gemeinsame Schule kann, damit das Vertrauen wächst”, betont die Landesstatthalterin. Daher sei eine Art Testregion geplant. Auch Hammerer sagt: „Wir müssen mit den Betroffenen erarbeiten, was sie benötigen, um hinter dem Projekt stehen zu können.“
Region unklar
Welche Region für den Vorarlberger Versuch ins Auge gefasst wird, steht noch nicht fest. „Logischerweise muss es eine Region sein ohne Privatgymnasien in unmittelbarer Nähe, auf die man ausweichen kann, weil man meint, dass die Kinder dort eine scheinbar bessere Bildung erhalten. Die Betonung liegt auf scheinbar“, erklärt Hammerer. Schöbi-Fink sagt, dass die Gespräche noch laufen.
Die Wahlprogramme
ÖVP: Vorarlberg geht vor.
FPÖ: Unser Programm für Vorarlberg.
Grüne: Vorwärts mit Grün.
SPÖ: Das Wahlprogramm wird am Samstag von den Gremien abgesegnet.