Alle Hände ausgestreckt
Wahl geschlagen. Überraschung ausgeblieben. Bis am Sonntagabend die Spitzenkandidaten im ORF das Wort ergriffen: Wählerinnen und Wähler, die Wahlkampf und TV-Konfrontationen verfolgt hatten, mussten den Eindruck bekommen, sie wären plötzlich in einem anderen Film. Hatten wir eben noch Handgreiflichkeiten zwischen Andreas Babler und Karl Nehammer erlebt, bekamen wir hier die erste Runde von Koalitionsverhandlungen zwischen den beiden zu sehen. Babler begegnete dem Klassenfeind mit dem Satz: „Unsere Hand ist ausgestreckt“. Nehammer antwortete dem Klassenkämpfer mit dem Satz „Unsere Hand ist ausgestreckt.“ Und wenn ich mich nicht täusche, sagte sogar Beate Meinl Reisinger, (die ohnehin stets händeringend um eine Regierungsbeteiligung gebeten hatte): „Meine Hand ist ausgestreckt.“ Das war offensichtlich ansteckend, denn selbst Herbert Kickl bot sich an mit – richtig: „Meine Hand ist ausgestreckt.“ Was allerdings auf wenig Widerhall stieß, zumal der Kanzler ihn samt der FPÖ gleich am Beginn jener denkwürdigen Runde als eine Art Extremist von weiteren Begegnungen ausgeschlossen hatte. Was ist da geschehen? Warum so plötzlich der Austausch von Freundlichkeiten zwischen ÖVP und SPÖ? Mein Eindruck: Die beiden großen Verlierer dieser Wahl wollen das Heft des Handelns in die (ausgestreckte) Hand nehmen, bevor andere in ihrer Partei das tun (und in der ÖVP Schwarz-Blau fordern und in der SPÖ einen anderen Chef). Eine Koalition von Schwarz, Rot und zur Absicherung der Mehrheit vermutlich auch Pink ist nun jedenfalls wahrscheinlich geworden. Andreas Babler ließ uns dann auch noch wissen, dass bereits Gespräche vereinbart seien. Na dann.
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