Ohne Promotionsrecht zum Doktor an der FH: “Das ist schon sehr happig”

Politik / 01.12.2024 • 13:48 Uhr
Ohne Promotionsrecht zum Doktor an der FH: "Das ist schon sehr happig"
An der FH kann man promovieren. Aber es ist kompliziert. VOL

An der FH Dornbirn promovieren derzeit 21 Personen. Sie studieren offiziell in Norwegen, Dortmund oder in Spanien. Für die Studenten ist das kompliziert. Nun könnte sich das aber ändern.

Dornbirn Die Stadt Burgos in Spanien ist eine Reise wert. Die imposante Kathedrale ist weit über die Grenzen der rund 180.000 Einwohner zählenden Stadt bekannt. Vergleichsweise jung ist die Universität der Stadt. Erst 1994 hat sie sich als eigenständige Hochschule etabliert. Sofie Bayer aus Dornbirn ist 27 Jahre alt und promoviert an dieser Universität. Sie war noch nie in Burgos, sie kann kein Spanisch – ihr Büro ist in der Fachhochschule Dornbirn. Allerdings kann sie an ihrer Hochschule keinen Doktortitel erwerben. Im Gegensatz zu Bayern und Baden-Württemberg ist es Fachhochschulen in Österreich nicht erlaubt, ein Doktoratsstudium anzubieten. Die Landespolitik pocht längst auf ein Promotionsrecht für Fachhochschulen. Nun könnte auch auf Bundesebene Bewegung in die Sache kommen.

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Markus Preissinger ist Forschungsleiter und Leiter des Josef Ressel Zentrums für Intelligente Thermische Energiesysteme an der FH. 21 Personen promovieren derzeit an der FH, erzählt er. Wobei: Sie sind zwar da, offiziell machen sie ihren Doktortitel aber woanders. Das sei ein großer Standortnachteil, warnt er. “Warum sollen Fachkräfte, die einen Doktortitel machen wollen, nicht dann direkt an die Uni, wo sie das tun?” Zumal Fachhochschulen in den Nachbarregionen ein direktes Promotionsstudium anbieten können. Außerdem könnten durch das fehlende Promotionsrecht einige Masterstudenten nicht gehalten werden – auch das sei ein Standortnachteil. Schließlich benötige Vorarlberg die Fachkräfte.

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Fachkräfte wie Sofie Bayer. Sie forscht seit März 2024 zur nachhaltigen Mobilität im Bodenseeraum. Nach ihrem Master in Linz wurde sie auf die Stellenausschreibung in Dornbirn aufmerksam. “Ich habe mich dann vorgestellt. Dort hieß es plötzlich, dass die FH gar kein Promotionsrecht habe, aber man das über eine andere Uni schon hinbekomme”, erzählt sie. “Und das ist schon sehr happig.” Das Englisch an der Uni im Norden Spaniens sei nicht sonderlich gut. “Da gibt es oft Verständnisprobleme.” Der Aufwand, sich dort einzuschreiben, sei groß gewesen. Sie habe Mails auf Englisch nach Spanien geschickt, Antworten sind auf Spanisch gekommen. Auch einige Kurse müsse sie auf Spanisch belegen. “Dann haben plötzlich wieder Dokumente gefehlt. Das konnte ich nicht einfach klären, indem ich zwei Stockwerke runter in die Administration gegangen bin. Die sitzt eben in Spanien”, schildert die Doktorandin. Wahrscheinlich wird sie ihre Uni nie kennenlernen. Zumindest die Suche nach einem Betreuer sei schnell gegangen. “Allerdings weiß ich nicht, ob ich ihn jemals persönlich sehen werde. Die ersten Ansprechpartner sind sicher hier an der FH.”

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Studenten an der FH promovieren zwar in Dornbirn, der Stempel auf ihrer Urkunde stammt aber zum Beispiel aus Norwegen, aus Dortmund oder eben aus Spanien. Geht es nach der Landesregierung, soll es auch bald in Vorarlberg selbst möglich sein. Im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ findet sich folgender Passus: “Vom Bund fordern wir das Promotionsrecht für forschungsstarke Fachhochschulen.” Doch die ÖVP-Bundespartei sieht die Sache nicht so klar. Noch-Bildungsminister Martin Polaschek tritt als ehemaliger Universitätsrektor auf die Bremse. Die Unis stehen einer Ausweitung des Promotionsrechts bekanntlich skeptisch gegenüber. Sie fürchten einen Qualitätsverlust. Doch Markus Preissinger widerspricht: “Es geht dann nicht darum, dass die FH einfach einen billigen Dr.-Titel verleihen können. Sie sollen nur am Akkreditierungsverfahren teilnehmen dürfen. Die Promotion soll nur unter denselben Qualitätsstandards wie an den Universitäten angeboten werden dürfen.” Preissinger ist überzeugt: Die FH Dornbirn kann das jedenfalls.

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Derzeit verhandelt die ÖVP mit der SPÖ und den Neos über eine neue Koalition auf Bundesebene. Da könnte Bewegung in die Sache kommen. Die ÖVP betont auf VN-Anfrage zwar, mit dem aktuellen Modell zufrieden zu sein, die unterschiedliche Schwerpunktsetzung von FH und Universitäten sei gewollt. Aber: “Mögliche Weiterentwicklungen können natürlich Thema der Koalitionsverhandlungen und einer künftigen Bundesregierung sein.” Da könnten die Hoffnungen der Landes-ÖVP ausgerechnet auf der Bundes-SPÖ liegen. Denn diese schreibt auf VN-Anfrage: “Zusammengefasst befürwortet die SPÖ das Promotionsrecht für FHs, wenn die Sicherung der Qualität, ausreichende Ressourcen und die Förderung der Zusammenarbeit mit Universitäten sichergestellt ist.” Die Vergabe des Promotionsrechts sei kein Selbstzweck, sondern ein Schritt, um das Hochschulsystem leistungsfähiger und international wettbewerbsfähiger zu machen. “Promotionsprogramme an Fachhochschulen müssten wie alle anderen akademischen Angebote sozial durchlässig und fair zugänglich sein, um Chancengerechtigkeit zu gewährleisten.” Die Neos wollten sich auf VN-Anfrage vorerst nicht dazu äußern.

Es könnte also Bewegung in die Sache kommen. Sofie Bayer dürfte davon aber nichts mehr haben. Ihre Stelle ist bis 2027 befristet. Aber wer weiß: Vielleicht betreut sie irgendwann selbst Doktoranden an der FH Vorarlberg.

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