Rufe nach höherem Pensionsantrittsalter und weniger Inflationsanpassungen

Politik / 02.12.2024 • 15:14 Uhr
ABD0164_20240322 – WIEN – …STERREICH: Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Freitag, 22. MŠrz 2024, im Rahmen einer PK des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) und dem Institut fŸr Hšhere Studien (IHS) zum Thema “Konjunkturprognose 2024 und 2025 – FrŸhjahrsprognose” in Wien. – FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sprach sich deutlich für Veränderungen im Pensionssystem aus. APA/GEORG HOCHMUTH

Sozialexperten plädierten im Sinne der Generationengerechtigkeit für große Eingriffe in das Pensionssystem.

Wien Eine tiefgreifende Reform des Pensionssystems ist überfällig. Das war der Grundtenor einer Pressekonferenz von Sozialexperten am Montag in Wien. Die Forderungen gingen angesichts des hohen Budgetdefizits vor allem in Richtung der Koalitionsverhandler ÖVP, SPÖ und Neos. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr plädierte etwa für eine Anhebung des Antrittsalters auf 67. Als Privatperson bzw. WU-Professor geht er noch darüber hinaus: Das Pensionsalter sei an die Lebenserwartung zu koppeln. Felbermayr stellte zudem Pensionsanpassungen unter der Inflation in den Raum.

Felbermayr wies darauf hin, dass man in den vergangenen fünf Jahren auch Anpassungen der Bezüge vorgenommen habe, die man sich im budgetären Umfeld eigentlich nicht leisten habe können. So spräche aus Sicht des Wifo-Chefs einiges dafür, nach Jahren einer Erhöhung über der Inflationsrate die nächsten Anpassungen unter der Teuerung vorzunehmen. Halte man das ein paar Jahre durch, würde das schon einiges bringen.

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Weniger Erwerbstätige stützen System

Die demografische Entwicklung ist nicht zu ignorieren: 1980 kamen auf einen Pensionisten noch 4,5 Werktätige, im Vorjahr waren es drei und 2050 werden es nur noch 1,7 sein. Laut Trendprognose der Statistik Austria wird nur das Alterssegment ab 65 Jahren österreichweit wachsen, die VN berichteten. 2060 wird es bereits 29,3 Prozent betragen. Vorarlberg liegt hier landesweit im Durchschnitt: Im Vorjahr betrug der Anteil der Personen ab 65 Jahren an der Gesamtbevölkerung 18,3 Prozent. 2040 werden es laut Trendprognose 25,7 Prozent, 2080 genau 29 Prozent sein.

Alleine aus diesen Entwicklungen ergibt sich für die Experten – sie waren auf Initiative der “Aktion Generationengerechtigkeit” zusammengekommen – Reformbedarf. Basis der Diskussion war eine von Wifo-Experte Thomas Url erstellte Studie, die verglich, mit welchen Schritten andere Staaten in der jüngeren Vergangenheit versucht haben, ihre Systeme zu reparieren.

Anpassungsfaktor auf Basis der Inflation und tatsŠchliche Erhšhung 2018-2025, Quelle: Sozialministerium/Statistik Austria; Die Auslieferung der APA-Grafiken als Embed-Code ist ausschlie§lich Kunden mit einer gŸltigen Vereinbarung fŸr Grafik-Pauschalierung vorbehalten. Dabei inkludiert sind automatisierte Schrift- und Farbanpassungen an die jeweilige CI. FŸr weitere Informationen wenden Sie sich bitte an unser Grafik-Team unter grafik@apa.at. GRAFIK 1130-24, 88 x […]

Vergleich mit anderen Staaten

Nur zwei Staaten setzen auf höhere Beiträge, nämlich Irland und Spanien. In letzterem Land wird das zusätzliche Beitragsaufkommen dazu genutzt, einen Fonds zu füllen, der in demografisch schwierigen Zeiten einspringen kann. Die meisten Staaten drehen aber die Schraube Antrittsalter. So dürfte das Antrittsalter in Dänemark bis 2070 auf 74 Jahre steigen. In Griechenland sollen es immer noch 72,5 Jahre sein.

Hier warnte Felbermayr: In Griechenland habe es eine Staatspleite gebraucht, um das Pensionssystem zu reformieren, nur habe man dann “sehr dramatische Schritte” setzen müssen. Schweden wiederum hat auch die Höhe der Pensionsanpassung an die demografische Entwicklung gekoppelt.

Szenario ohne Reformen in den Bereichen Pensionen, Gesundheit, Langzeitpflege und mit Reformen, Quelle: OECD; Die Auslieferung der APA-Grafiken als Embed-Code ist ausschlie§lich Kunden mit einer gŸltigen Vereinbarung fŸr Grafik-Pauschalierung vorbehalten. Dabei inkludiert sind automatisierte Schrift- und Farbanpassungen an die jeweilige CI. FŸr weitere Informationen wenden Sie sich bitte an unser Grafik-Team unter grafik@apa.at. GRAFIK 0927-24, […]

Künftige Reformen wären noch härter

Sozialexperte Wolfgang Mazal argumentierte, dass Reformen für künftige Generationen wegen der gestiegenen Zinslast noch härter ausfallen würden. Wifo-Chef Felbermayr plädierte zudem dafür, das Pensionssystem besser zu differenzieren, also betriebliche und private Säulen auszubauen. Felbermayr nennt das eine “klügere Mobilisierung” privater Ersparnisse. Dass die höhere Arbeitslosigkeit eine Pensionsreform schwerer macht, will er nicht so stehen lassen. Wichtiger wäre, die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik nicht zu senken.

Einer, der viel Erfahrung mit Pensionsreformen hat, ist der ehemalige Sektionschef und frühere Leiter der Alterssicherungskommission, Walter Pöltner: “Every year the same procedure (jedes Jahr das gleiche Prozedere)”, meinte er. Es kämen allerlei Berichte mit Datenmaterial und alle zögen an der Politik “unbeobachtet vorbei”. Dass die Regierungsverhandler offen genug für eine Einsicht in die Problemlage sein werden, sieht Pöltner skeptisch.