Zu Besuch bei der KFOR – Österreich und der europäische Innenhof

Seit über 25 Jahren engagiert sich Österreich im Kosovo. Ein Ende ist bei der Weihnachtsfeier diesen Montag nicht in Sicht.
Pristina, Wien Die einen sprechen vom Hinterhof, die anderen vom Innenhof Europas, wenn sie auf den Westbalkan blicken. Ein Hof, auf dem es immer noch oft laut wird. Serbien, das sich im Spannungsfeld zwischen der EU und Russland bewegt, hat Interessen in Bosnien und im Kosovo. In beiden gibt es serbische Minderheiten, schwelende Konflikte – und Friedenstruppen der NATO und EU. In beiden ist das Bundesheer mit Hunderten Soldaten präsent, es sind noch vor dem Libanon die größten laufenden Auslandseinsätze Österreichs.

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“Je mehr wir als Europa wegsehen, umso eher wird jemand anderes den Platz einnehmen, den wir frei lassen”, erklärt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner am Rande eines Weihnachtsbesuchs beim österreichischen Kontingent in Pristina. Seit 1999 ist Österreich in der KFOR militärisch präsent, um dem ihm so nahen Innenhof eine friedliche und stabile Zukunft zu ermöglichen. Erst vor wenigen Wochen gab es einen Anschlag auf die Wasser- und Energieversorgung im Kosovo, Hunderttausende Haushalte waren betroffen. Der Kosovo sieht eine serbische Handschrift, Serbien wiederum spricht von einer Aktion Pristinas, um die eigene Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Denn Kosovo strebt die Eigenstaatlichkeit an, Serbien will die autonome Provinz jedoch nicht aufgeben.


Und das Selbstbewusstsein des Kosovo steigt: Über Pristina ragen Baukräne, es wird investiert und gebaut. Und ebenso allgegenwärtig sind die roten Fahnen mit dem schwarzen Doppeladler – sowohl in der Version der albanischen Nationalfahne als auch der UÇK, der kosovarischen Befreiungsarmee, die bis 1999 gegen Serbien kämpfte.

Dazwischen 4300 Soldaten der KFOR, davon knapp 170 aus Österreich. Diese sorgt dafür, dass die Konflikte sich nicht entzünden und steht dabei nicht immer automatisch auf der Seite Pristinas. So wurden auch Grenzgräben der Kosovaren auf dem serbischen Staatsgebiet wieder von der KFOR zugeschüttet. “Mit Sicherheit ist der Kosovo noch kein stabiler Raum”, verweist Tanner auf die wiederkehrenden Eskalationen zwischen den Kosovoalbanern, den überwiegend serbisch besiedelten vier Gemeinden des Nordkosovos und Serbien. “Umso wichtiger ist es, dass wir vor Ort sind – solange es notwendig ist”, stellt die Verteidigungsministerin kein Ende des Engagements in Aussicht.


Dabei werden die knappen personellen Ressourcen des Heeres auch an anderen Baustellen benötigt: Die Auslandseinsätze werden rein über Freiwillige befüllt, viele der Soldaten sind Milizsoldaten. Und 2025 übernimmt Österreich für ein Jahr die logistische Führung der EU-Battlegroup, der multinationalen Reaktionskräfte. Mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz dürfte zumindest die Nachrüstung des Heeres so weit gesichert sein, dass das notwendige Material von Lkw bis Jets beim einfachen Soldaten ankommt, zeigt sich Tanner vom aus ihrer Sicht größten Erfolg ihrer bisherigen Amtszeit überzeugt. Und sie ist immerhin schon so lange im Amt, wie ihre vier jüngsten Vorgänger es gemeinsam waren.


Doch auch auf dem politischen Parkett arbeite Österreich weit über seine bescheidene Größe hinweg an einer Verbesserung der Situation am Balkan mit, betont sie. “Wir haben eine Vielzahl an Aktionen gesetzt, die auch Erfolge zeigen”, ist Tanner überzeugt.