Nächste Bundesregierung muss bis zu 24 Milliarden Euro einsparen

Die EU-Kommission erwartet die Vorschläge zur Konsolidierung bis Mitte Jänner. Der Fiskalrat rät zu Maßnahmen ohne Tabus.
Wien Nun haben es die Koalitionsverhandler schwarz auf weiß: Zwischen 18 und 24 Milliarden Euro muss die kommende Bundesregierung einsparen. Das ergibt sich aus den Daten, die die EU-Kommission noch Sonntagnacht übermittelt hat. Vor allem die ÖVP hatte im Zuge der Koalitionsgespräche mit SPÖ und Neos darauf gedrängt, erst die Zahlen aus Brüssel abzuwarten. Am Montag tagten die drei Parteien intern, am Dienstag treffen sich die Steuerungsgruppen. Die Einsparungen werden wohl das Hauptthema sein.
Klimabonus wackelt
Finanzminister Gunter Mayr nannte bereits Beispiele für mögliche Maßnahmen: Der Wegfall des Klimabonus würde die jährlichen Ausgaben um rund zwei Milliarden Euro reduzieren. Eine Abschaffung der Bildungskarenz könnte rund 650 Millionen Euro einsparen, und ein Absenken der Förderquote auf den EU-Durchschnitt würde sogar zu Einsparungen in Höhe von rund drei Milliarden Euro führen.

Streckt man die Konsolidierung, wäre sie den Angaben des Finanzministeriums zu Folge zudem günstiger. Konkret sehen die Zahlen folgendermaßen aus: Für den vierjährigen Referenzpfad ohne EU-Defizitverfahren besteht ein Gesamtkonsolidierungsbedarf von 24,1 Milliarden Euro, wobei jährlich rund sechs Milliarden gespart werden müssten. Beim siebenjährigen Referenzpfad liegt der Konsolidierungsbedarf bis zum Ende der Laufzeit bei 18,1 Milliarden. Nimmt man jetzt die kommenden fünf Jahre her, also den Zeitraum der gerade angelaufenen Legislaturperiode, käme man auf exakt 14 Milliarden. Das wären in der Zeit der nächsten Regierung zehn Milliarden weniger als beim Vier-Jahres-Pfad. Ausnahme ist das erste Konsolidierungsjahr: bei beiden Varianten müssten 2025 6,3 Milliarden eingespart werden.

Vorschläge bis Mitte Jänner
Viel Zeit bleibt nicht mehr: Bis Mitte Jänner müssen die Regierungsverhandler der EU-Kommission ein Maßnahmenpaket übermitteln. Darin sollte skizziert werden, wie das Budget-Defizit im kommenden Jahr auf unter drei Prozent gesenkt wird. Akzeptiert die Kommission die Pläne, kann sie von der Einleitung eines EU-Defizitverfahrens gegen Österreich absehen.
Während zuletzt die SPÖ erwog, ein Defizitverfahren auf sich zu nehmen, weil damit die Einsparungen milder gesetzt werden könnten, will es Mayr vermeiden. Durch die zeitliche Streckung würde der Sieben-Jahres-Pfad mehr finanziellen Handlungsspielraum für Maßnahmen abseits der reinen Budgetkonsolidierung ermöglichen. So könnten etwa leichter konjunkturelle Impulse gesetzt werden.

Keine Empfehlung des Fiskalrats
Beim Fiskalrat, der am Montag seinen Bericht über die öffentlichen Finanzen bis 2028 vorlegte, wollte man keine Empfehlung pro oder kontra Defizitverfahren aussprechen. Präsident Christoph Badelt verwies allerdings darauf, dass flexible Elemente und Verhandlungsspielräume der Fiskalregeln genutzt werden sollten, um das große Konsolidierungserfordernis möglichst konjunkturgerecht über den Anpassungszeitraum zu verteilen.
Generell rät der Fiskalrat zu einer Budgetkonsolidierung ohne Tabus, ein Maßnahmenbündel, das sich in der Praxis sowohl auf die Ausgaben- als auch die Einnahmenseite beziehen werde. Notwendig sei eine grundlegende Gesprächs- und Kompromissbereitschaft bzw. ein Aufbrechen traditionell festgefahrener Denkansätze, wurde bei der Pressekonferenz des Fiskalrats betont.

Gründe für Konsolidierungsbedarf
Wifo-Ökonom und WU-Wien-Professor Harald Oberhofer betonte, dass das Bruttoinlandsprodukt nach dem EU-Beitritt vor 30 Jahren und ebenso ab 2004 ein starkes Wachstum verzeichnete. Seit 2019 habe sich das Bild allerdings im Vergleich mit anderen EU-Ländern eingetrübt. “Wir sind durch die Pandemie und die Energiepreiskrise schlechter gekommen als andere Mitgliedsländer”, sagte Oberhofer dazu. Er ergänzte: Das habe weniger mit der EU-Mitgliedschaft als mit nationaler Politik zu tun.