Sie könnten ausgerottet sein: Stattdessen massiver Anstieg bei Masern

Die Zahl der Masernfälle hat rasant zugenommen. Mehrere Faktoren sind dafür verantwortlich.
Schwarzach Die Zahl der Masernfälle hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr beinahe verdreifacht. In Vorarlberg nahm sie um mehr als das Siebenfache zu, wie Zahlen aus dem Gesundheitsministerium von Johannes Rauch ergeben. Auch Kleinkinder bleiben nicht verschont. „In Vorarlberg waren fünf Kinder mit Jahrgang 2020 und jünger sowie elf Kinder mit Jahrgang 2006 und jünger betroffen“, heißt es aus dem Büro von Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher auf VN-Anfrage. Insgesamt zählte das Land heuer 23 Fälle.
Impflücken
„Der aktuelle Masernausbruch in Österreich ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen, insbesondere auf Impflücken in der Bevölkerung.“ Die Durchimpfungsrate liege unter dem von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Wert von 95 Prozent, der für einen Gemeinschaftsschutz erforderlich ist. Das heißt, Masern könnten ausgerottet werden, wären ausreichend Menschen geimpft.
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In der Realität werden Kinder aber nachweislich zu spät und zu wenig konsequent mit den empfohlenen zwei Impfungen gegen Masern immunisiert, berichtet eine Sprecherin im Gesundheitsressort. Auch seitens der Gesundheitslandesrätin wird erklärt: „In der Altersgruppe der Zwei- bis Fünfjährigen sind etwa acht Prozent der Kinder komplett ungeimpft und nur 87 Prozent haben die zweite Impfdosis erhalten. Bei den 18- bis 30-Jährigen besitzen lediglich etwas mehr als 86 Prozent einen vollständigen Impfschutz. Die Covid19-Pandemie hat diese Situation verschärft, da während dieser Zeit weniger Routineimpfungen durchgeführt wurden.“

Sehr ansteckende Erkrankung
Zusätzlich zu den Impflücken “sind Masern eine der ansteckendsten Viruserkrankungen beim Menschen, die wir kennen“, heißt es aus dem Gesundheitsressort. Das bestätigt auch die zuständige Fachabteilung im Land: “Sie werden durch Tröpfcheninfektion übertragen und können in der Luft oder auf Oberflächen mehrere Stunden infektiös bleiben.“

Auffallend ist, dass mit der Maskenpflicht während der Pandemie auch die Zahl der Masernerkrankungen sank. In den Jahren 2020, 2021 und 2022 gab es in Österreich insgesamt 27 Fälle und keinen einzigen in Vorarlberg.
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STERREICH: ++ THEMENBILD ++ Illustration zum Thema “Masern / Impfung / Masernimpfung”. Ein Impfpass aufgenommen am Donnerstag, 15. Februar 2024, in Wien. Die steigenden Masernflle in
sterreich sind auf die sinkenden Durchimpfungsraten zurckzufhren. Wie aus einer Anfragebeantwortung durch den Gesundheitsminister zu entnehmen ist, sank die Zahl der abgerufenen Kombinationsimpfungen gegen Masern-Mumps-Rteln […]](/2024/04/ABD0041-20240215-1-768x574.jpg)
Hartnäckige Falschinformationen
Gleichzeitig halten sich weiterhin hartnäckige Falschinformationen zur Impfung, berichtet man im Gesundheitsministerium. Es sei falsch, dass die Masernimpfung Autismus verursache. Eine entsprechende wissenschaftliche Publikation Ende der 1990er aus Großbritannien wurde bereits zurückgerufen. „Mittlerweile ist nachgewiesen, dass es sich um eine Fälschung von Studiendaten handelte.“ Die Impfung gegen Masern-Mumps-Röteln habe sich seit seiner Einführung 1963 als sehr sicher und gut verträglich erwiesen. „Das zeigen Erfahrungen mit bereits mehr als 575 Millionen verabreichten Dosen.“

Keine Impfpflicht
Masern sind weltweit noch immer die Haupttodesursache von Erkrankungen bei Kindern, die man durch eine Impfung verhindern hätte können. Eine Impfpflicht lehnen Land und Ministerium dennoch ab. Auch eine Verknüpfung mit finanziellen Beihilfen schließen sie aus. Wichtig sei, dass der Impfstoff kostenfrei zur Verfügung stehe. Die vergangenen Jahre hätten außerdem gezeigt, dass der bessere Weg zu sein scheint, die Menschen zu informieren. „Unser Weg geht daher in Kooperation mit der Vorarlberger Ärzteschaft über Information und niederschwellige Impfmöglichkeiten, beispielsweise in niedergelassenen Arztordinationen, in der Impfordination des Landes oder über mobile Teams für Schulimpfungen“, heißt es seitens des Büros von Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher. „Der beste Anreiz ist jedoch, dass die Impfung vor einer ernsten und potenziell tödlichen Erkrankung schützt.“
Masern bei Kindern und Jugendlichen 2024
Unter-Einjährige: 25 Fälle (0 in Vorarlberg)
Ein- bis Vierjährige: 58 Fälle (4 in Vorarlberg)
Fünf- bis Neunjährige: 86 Fälle (1 in Vorarlberg)
Zehn- bis 14-Jährige: 103 Fälle (2 in Vorarlberg)
Quelle: Gesundheitsministerium
Hohe Gefahr durch Masern
1 von 4 Erkrankten wird ins Krankenhaus eingeliefert.
1 von 5 Erkrankten hat schwere Krankheitsverläufe z. B. Bronchitis, Mittelohrentzündung, Lungenentzündung.
1 von 1000 Krankheitsfällen nimmt einen tödlichen Verlauf (auch in Österreich).
Bei 1 von 600 Fällen kommt es bei Säuglingen unter 1 Jahr zu einer speziellen Form der Gehirnentzündung (SSPE, subakut sklerosierende Panencephalitis), die erst Jahre nach der Masernerkrankung ausbrechen kann und zu einem fortschreitenden Funktionsverlust des Nervensystems mit tödlichem Ausgang führt.
Masern führen zu einer zwei bis drei Jahre anhaltenden, deutlichen Schwächung des Immunsystems und erhöhen so das Risiko, an anderen Infektionskrankheiten zu sterben.
Quelle: Fachabteilung, Land Vorarlberg