Blau-schwarz will 6,4 Milliarden ohne neue Steuern einsparen

Politik / 13.01.2025 • 15:11 Uhr
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Christian Stocker (ÖVP) und Herbert Kickl (FPÖ) zeigten sich am Montag zuversichtlich, dass die Koalitionverhandlungen positiv verlaufen werden. Über das Geld sei man sich zumindest schon einig. AFP/ Alex HALADA

Am Montag teilten FPÖ und ÖVP erste Pläne zur Budgetkonsolidierung mit. Klimabonus und Bildungskarenz werden wohl gekürzt.

Wien In drei Tagen “intensiver und guter Verhandlung” sei ein Fahrplan entwickelt worden, um ein EU-Defizitverfahren zu vermeiden. “Was anderen in 100 Tagen nicht gelungen ist”, sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl mit Seitenhieb auf die gescheiterten Koalitionsverhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neos. Konkret sollen innerhalb eines Jahres 6,39 Milliarden Euro eingespart werden – und zwar ohne neue Steuern. Die erste gemeinsame blau-schwarze Pressekonferenz wurde kurz und allgemein gehalten. Vertiefende Details, wie das gelingen soll, wurden für Donnerstag angekündigt. Den Gesprächen mit der EU-Kommission soll nicht vorgegriffen werden.

Blau-schwarz will 6,4 Milliarden ohne neue Steuern einsparen
Es war der erste gemeinsame Pressetermin in der neuen Konstellation mit FPÖ-Chef Herbert Kickl und ÖVP-Chef Christian Stocker. APA/HELMUT FOHRINGER

Plan wird EU-Kommission übermittelt

ÖVP-Chef Christian Stocker verteidigte die bisherige Vorarbeit der ÖVP unter seinem Vorgänger Karl Nehammer. Er betonte, dass es nun auch so schnell gehen konnte, da bereits belastbare Zahlen am Tisch lagen. Mit dem neuen Fahrplan will man beim Defizit wieder unter drei Prozent des BIP liegen. Konsolidiert wird über sieben Jahre. Interims-Finanzminister Gunter Mayr wird am Dienstag zu Gesprächen mit Valdis Dombrovskis, EU-Kommissar für Wirtschaftlichkeit und Produktivität, in Brüssel erwartet. Die Maßnahmen müssten rechtzeitig vor dem nächsten Treffen des Rates der Wirtschafts- und Finanzminister am 21. Jänner bewertet werden. Gibt die EU-Kommission grünes Licht, kommt es zu keinem Defizitverfahren.

Sparstift bei Klimabonus und Bildungskarenz

Doch wem wird das harte Sparprogramm wehtun? Vermögenssteuern oder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer oder Mineralölsteuer soll es nicht geben. “Es wird keine neuen Massensteuern geben”, bekräftigte Kickl. Die Richtung, aus welchen Bereichen das Geld kommen soll, zeigt ein Papier, das nach dem Termin in Umlauf gebracht wurde. Demnach machen die steuerlichen Maßnahmen immerhin 920 Millionen aus. Der größte Brocken der Einsparungen fiele auf Förderungen, die gleich um 3,2 Milliarden reduziert werden sollen. Zweitgrößter Punkt ist ein “Stabilitätsbeitrag” der Bundesministerin in Höhe von 1,1 Milliarden. Der Rest teilt sich auf Ausgabeneffizienz durch Reformen und “weitere Maßnahmen” auf.

Aufschlüsselung des Einsparungsmodells in diesem Jahr

– Reduktion der Förderquote: 3,18 Milliarden Euro

– Stabilitätsbeitrag der Bundesministerien: 1,10 Milliarden Euro

– Anpassungen im Steuersystem: 0,92Milliarden Euro

– Ausgabeneffizienz durch Reformen: 0,24 Milliarden Euro

– “Weitere Maßnahmen”: 0,95 Milliarden Euro

Blau-schwarz will 6,4 Milliarden ohne neue Steuern einsparen
FP-Mandatar Arnold Schiefer wird bereits als künftiger Finanzminister gehandelt. APA/HELMUT FOHRINGER

Bei Klimabonus und Bildungskarenz soll es massive Einsparungen geben. “Man muss nicht in die Glaskugel schauen, um zu wissen, dass diese Maßnahmen drinnen sein müssen”, sagte FP-Mandatar Arnold Schiefer. Der 58-jährige Manager war unter anderem Finanzvorstand der ÖBB Holding und wird bereits als Finanzminister gehandelt. Klimabonus und Bildungskarenz summieren sich etwa auf höchstens 3 Milliarden. Bei der Bildungskarenz können in diesem Jahr höchstens 300 Millionen eingespart werden, doch viele Anträge sind ohnehin schon bewilligt.

Ökonom: Befristeter Solidarbeitrag

Kickl kündigte weiters das Stopfen steuerlicher Schlupflöcher an. “Wir haben eigentlich keine Steuerlöcher, sondern viele legale Steuerausnahmen”, sagt dazu Ökonom Friedrich Schneider den VN. Er zählt auf: “Man könnte die Begünstigung des Diesels streichen, die Subventionierung der Fahrdienste reduzieren oder bestimmte Absetzbeiträge, wie etwa für Dienstreisen nicht mehr gewähren.”

Schneider ist auch Experte für Schattenwirtschaft. Geht es um eine Budgetkonsolidierung, würden härtere Maßnahmen gegen Schwarzarbeit nicht greifen: “Der Pfusch erhöht erst einmal das BIP. Wer schwarz arbeitet und zusätzlich Geld verdient, wird das zu 80 Prozent wieder für die österreichische Wirtschaft ausgegeben.” Bei der Bankenabgabe könnten hingegen “ein, zwei Milliarden” herausgeholt werden, schätzt er. Herbert Kickl hat jedoch bereits eine Absage gegen Steuererhöhungen erteilt.

Prof. Friedrich Schneider sprach gestern Abend nach seinem Besuch in der VN-Redaktion vor den Gästen der KMU-Preisverleihung. Foto: VN/PS
Ökonom Friedrich Schneider plädiert für einen zeitliuch befristeten Solidarbeiträg von Besserverdienenden. VN/Philipp Steurer

Der Ökonom bringt das deutsche Modell zu Zeiten der Wiedervereinigung ins Spiel: “Wir haben nun eine Krisensituation, wir haben über unsere Verhältnisse gelebt: Machen wir doch einen eisern befristeten Solidarzuschlag für Gutverdienende.” Mit so einem Gesetz würde auch gleich ein Ablaufdatum mitbeschlossen. Wenn sich die Budgetlage besser entwickelt, kann der Solidarzuschlag systematisch reduziert werden. “Damit wäre rasch das entsprechende Geld da, um das Budget zu sanieren und unter Umständen sogar noch Investitionen zu machen.”

Weitere Themen werden nun verhandelt

Die Parteispitzen nannten keinen Fahrplan für die weiteren inhaltlichen Verhandlungen. Kickl kündigte am Montag aber einen restriktiven Asylkurs und eine ORF-Reform an.