Pflege vor großen Herausforderungen: Lange Wartelisten, leere Pflegebetten

Politik / 27.01.2025 • 14:27 Uhr
Pflege vor großen Herausforderungen:  Lange Wartelisten, leere Pflegebetten
Melanie Stemer arbeitet seit zwölf Jahren bei Senecura und berichtet vom vielfältigen Aufgabenspektrum im Pflegealltag. Senecura

Personalmangel setzt den Heimen zu. Es gäbe Möglichkeiten, das bestehende Personal zu entlasten, berichtet eine Fachkraft.

Schwarzach Mehr als 300 Vorarlbergerinnern und Vorarlberger warten auf einen Platz im Pflegeheim. Daneben stehen 200 Betten leer, 45 Prozent davon wegen Personalmangels. Auch Melanie Stemer berichtet, dass es Luft nach oben gibt. Seit Dezember ist sie Qualitätsmanagerin für den Heimbetreiber SeneCura, war zuvor als diplomierte Pflegefachkraft bis hin zur Wohnbereichsleitung tätig. Spricht sie vom Job in der Pflege, so sieht sie Herausforderungen, aber auch wunderschöne Seiten. In der Pflege zu arbeiten, sei abwechslungsreich und krisensicher.

„Der Pflegealltag ist vielfältig“, berichtet sie außerdem von ihren Erfahrungen der vergangenen Jahre und zählt auf: Grund- und Behandlungspflege, Betreuung und Aktivierung der Bewohnerinnen und Bewohner, Körperpflege, Mobilisation, Wundversorgung, Angehörigenarbeit, Austausch mit Ärzten, Hospiz und Ehrenamtlichen sowie die gesetzlich geforderte Dokumentation. „Wir haben viele Jobs in einem verpackt.“

Verhandlungen erneut gescheitert

Und doch gibt es weiterhin Gehaltsunterschiede zwischen dem Bereich der Langzeitpflege und der Pflege in den Krankenhäusern. Auch Stemer sieht diese kritisch. „Eine Vereinheitlichung würde sicher Entlastung schaffen“, glaubt sie. Potenzial sieht die Qualitätsmanagerin auch bei administrativen Tätigen.

Erst vergangene Woche scheiterte die siebte Verhandlungsrunde über einen neuen Kollektivvertrag für die rund 9000 Beschäftigten in den privaten Sozial- und Betreuungsberufen in Vorarlberg. Dass es nach Ankündigungen von Soziallandesrätin Martina Rüscher erst 2026 eine neue Gehaltstabelle geben könnte, sorgte bei der Gewerkschaft für besondere Empörung. Rüscher bekräftigt, dass es attraktive Arbeitsbedingungen sowie Wohnraum und Kinderbetreuungsplätze für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Heime benötige. „Hier sind auch die Gemeinden gefordert.“ Der neue Pflegeheimtarif sei in Arbeit.

Maurice Shourot
Martina Rüscher hat die Pflegeagenden von Katharina Wiesflecker übernommen. Shourot

Fehlende Fachkräfte, leere Betten

Derzeit fehlen in den Sozial- und Pflegeheimen 133 Fachkräfte, wovon mehr als die Hälfte diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal sein sollte. Die weiteren offenen Stellen teilen sich auf Pflegeassistenten und Heimhilfen auf.

Manchmal könnte die Besetzung auch ausgewogener sein. Nach VN-Informationen wird in manchen Heimen der Mangel an diplomierten Kräften mittels Heimhilfen und Assistenten kompensiert. Seitens des Landes heißt es dazu, dass die Heimhilfen Tätigkeiten durch Delegation übernehmen dürften. Aber: „Die Heimbetreibenden müssen eine angemessene Pflege und Betreuung gewährleisten.“ Dies sei in Vorarlberg unter anderem durch einen verbindlichen Mindestpersonalschlüssel gesichert.

Pflege vor großen Herausforderungen:  Lange Wartelisten, leere Pflegebetten
“Es ist von allen Seiten großes Bemühen da”, aber es gebe auch noch einige Möglichkeiten zur Entlastung, sagt Stemer. Senecura

Wer diesen nicht erfüllt, muss Betten sperren. 85 stehen derzeit aufgrund von Personalmangel leer. Ende Oktober waren es 106. So soll die Pflegequalität aufrechterhalten werden. Das geschieht aber nicht in einem luftleeren Raum, wie Stemer erklärt. Seien Betten gesperrt, habe dies Auswirkungen auf die häusliche Pflege und die Spitäler. „So kommen alle an die Grenzen.“

Medikamentenverteilung frisst Zeit

Grundsätzlich – glaubt die Qualitätsmanagerin – hätte das Personal ausreichend Zeit, um sich gut um die Bewohnerinnen und Bewohner zu kümmern. Gleichzeitig sei vieles gar nicht planbar. „Die Pflege ist ein Job, in dem oft vieles sehr unvorhersehbar kommen kann.“ Genau deshalb wären weitere Ressourcen wichtig. Diese könnten auch geschaffen werden, indem das ein oder andere ausgelagert wird. Als Beispiel nennt Stemer die Verblisterung von Medikamenten: „Wenn eine diplomierte Fachkraft für 20 Bewohner die Medikamente herrichtet, dauert das drei bis vier Stunden. Rechnet man das hoch, kommt einiges zusammen.“ In Kärnten übernehme diese Aufgabe etwa eine Apotheke oder Blisterfirma und das Land trage die Kosten dafür.

Pflege vor großen Herausforderungen:  Lange Wartelisten, leere Pflegebetten
Stemer berichtet von zufriedenen Bewohnerinnen und Bewohnern. Senecura

“Es ist von allen Seiten großes Bemühen da”, hält Stemer aber abschließend fest. Die Bewohnerinnen und Bewohner seien zufrieden, was aber nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass es auch Spielraum für Verbesserung gebe.

Pflege in Zahlen

Mit Stichtag 31.12.2024 waren 2372 Pflegebetten in Vorarlberg genehmigt. 2180 Bewohnerinnen und Bewohner wurden in den Einrichtungen betreut und gepflegt.

Somit waren 192 Betten nicht belegt. 85 aufgrund von Personalmangel, 53 wegen Um- oder Zubauten und 38 aus sonstigen Gründen (etwa verzögerte Aufnahmen).

Derzeit fehlen 72,71 Vollzeitäquivalente an diplomiertem Gesundheits- und Krankenpflegepersonal, 37,69 Vollzeitäquivalente an Pflegeassistentinnen und -assistenten sowie 22,77 Vollzeitäquivalente an Heimhilfen.

Aktuell warten 284 Personen im Rahmen einer Daueraufnahme und 33 Personen für eine Überleitungspflege (Kurzzeitpflege).

Quelle: Land Vorarlberg

Das Welcome Center Pflege & Soziales steht allen, die an einem Job in der Pflege interessiert sind, für eine Beratung zur Verfügung. Telefon: +43 5574 48787 0; E-Mail: welcome@connexia.at.