Nur noch in Hörbranz: Wahl weitgehend ohne Heimat aller Kulturen

Vor fünf Jahren sah es noch anders aus. Expertin ist nicht überrascht.
Text: Magdalena Raos & Michael Prock
Schwarzach Bregenz, Hard, Hörbranz, Dornbirn, Lustenau, Höchst. Das ist nur eine Auswahl von Gemeinden, in denen die Heimat aller Kulturen (HaK) bei der Gemeindewahl 2020 angetreten ist. In einigen Kommunen konnte sich die Kleinpartei, die sich besonders, aber nicht nur an Vorarlbergerinnen und Vorarlberger mit Migrationshintergrund richtet, Mandate in den Gemeindevertretungen sichern, zum Beispiel in Lustenau. Heuer sieht die Sache anders aus. Die HaK tritt nur noch in Hörbranz an, wo sie Spitzenkandidat Bayram Ceper ins Rennen schickt. Ansonsten sucht man sie auf den Wahlzetteln vergebens. Die Expertin sagt: Diese Entwicklung ist nicht überraschend.
Zu wenige Kandidaten
Beispiel Lustenau, eine Gemeinde mit einem hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund. Dort dürften sich zu wenig Kandidatinnen und Kandidaten gefunden haben. Und das, obwohl die anderen Parteien die HaK-Mandatare für ihre Arbeit in den vergangenen Jahren durchaus loben. Auch in anderen Kommunen fand die “Heimat aller Kulturen” wohl zu wenige Kandidaten.
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Die Projektstelle “okay.zusammenleben” hat sich erst kürzlich mit dem Thema ausführlich befasst. In der Studie “und sie bewegt sich doch” wurde untersucht, wie sich die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund in den verschiedenen politischen Gremien verändert hat. Fazit: Es werden mehr, aber es dauert. Bei der Arbeiterkammerwahl 2019 hatten 48 Prozent der Kandidatinnen und Kandidaten Migrationshintergrund. Trotzdem schafft es jene Partei, die sich für die Anliegen eben dieser Menschen einsetzen möchte, nur noch in einer Gemeinde, eine Liste aufzustellen. Eva Grabherr, Leiterin von “okay.zusammenleben”, erläutert: “Wir glauben nicht, dass sich eine ethnische Partei auf längere Zeit etabliert. Wir kennen keine europäischen Staaten, in denen sich ethnische Parteien längerfristig stabilisiert haben.” Natürlich könnte es Ausnahmen geben, etwa wenn die richtigen Leute vorne dran und die richtigen Themen gerade wichtig seien. “Aber auf lange Sicht würde mich das wundern, es wäre gegen den Trend in Europa”, stellt Grabherr fest.
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Außerdem seien auch migrantische Communitys höchst unterschiedlich. Die HaK vertritt andere Werte als so mancher türkischstämmige Wähler. “Gerade die türkischstämmige Community ist der Inbegriff von Buntheit”, sagt Grabherr. “Und man merkt, dass sich in den großen Parteien etwas tut. Die ÖVP hatte bei der Landtagswahl auf allen Listen türkischstämmige Kandidaten aufgestellt, sogar mit Kopftuch.” Die SPÖ und die Grünen versuchen das schon länger. Somit könnte der Erfolg von migrantischen Parteien gleichzeitig deren Ende sein; dann nämlich, wenn Menschen mit Migrationshintergrund in den etablierten Parteien ankommen. Die CDU in Deutschland unter Angela Merkel hat es etwa geschafft, türkischstämmige Wähler zu CDU-Wählern zu machen.
Steigerung bei Landtagswahl
Ein Blick auf die Landtagswahl untermauert diese These. Im Jahr 2019 hatten von allen Kandidatinnen und Kandidaten zwei Prozent einen türkischen Nachnamen und/oder den Geburtsort in der Türkei. Bei der Landtagswahl im Vorjahr waren es 25 Personen von rund 390 Kandidatinnen und Kandidaten; das sind sechs Prozent.
Die HaK trat damals auf einer gemeinsamen Liste an und nicht als eigene Liste. Jetzt offenbar nur noch in Hörbranz. In der Partei stehen Änderungen an. Der frühere langjährige Vorsitzende Murat Durdu hat sich zurückgezogen, es gibt einen neuen Vorstand. Obmann ist nun Yusuf Kalkan. Auf VN-Anfrage wollte sich die Partei nicht äußern.