Nach islamistischem Attentat in Villach: Wie steht es um die Szene in Vorarlberg?

Politik / 17.02.2025 • 12:47 Uhr
Nach islamistischem Attentat in Villach: Wie steht es um die Szene in Vorarlberg?
Trauernde umarmen sich am Tatort in Villach, wo Blumen und Kerzen niedergelegt wurden. APA/Eggenberger

Experte gibt zu bedenken, dass radikalisierte Einzeltäter im Vorfeld oft kaum auffallen.

Schwarzach, Villach Ein Attentat hat am Wochenende die zweitgrößte Stadt Kärntens erschüttert. Ein 23-jähriger Syrer stach mit einem Messer wahllos im Zentrum Villachs auf Passanten ein. Ein 14-Jähriger kam ums Leben. Fünf Personen sind schwer verletzt, drei liegen auf der Intensivstation. Am Montag beantragte die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft für den Täter, er wurde in die Justizanstalt Klagenfurt überstellt. Bei dem 23-Jährigen soll es sich um einen Islamisten handeln, der sich innerhalb weniger Wochen online radikalisiert hat. “Generell macht es den Eindruck, dass solche Fälle heute häufiger sind als vor fünf oder zehn Jahren”, sagt der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger, gibt aber zu bedenken, dass wissenschaftliche Studien dazu noch ausstehen. Was die Situation in Vorarlberg angeht, gab es schon seit etwa 2013 immer eine „kleine Szene von einigen Dutzend Sympathistanten dschihadististischer Gruppen.“ Sie sei den Behörden jedoch gut bekannt.

Nach islamistischem Attentat in Villach: Wie steht es um die Szene in Vorarlberg?
In der zweitgrößten Stadt Kärntens herrscht Trauer. APA/Eggenberger

Waffe vor wenigen Tagen gekauft

Dass am Samstag in Villach nicht noch mehr passierte, ist wohl einem 42-jährigen Essenszusteller zu verdanken, der ebenfalls aus Syrien stammt. Er fuhr den Täter mit seinem Auto an, woraufhin dieser sein Messer fallen ließ und festgenommen werden konnte. “Ich habe keine Zeit zum Nachdenken gehabt. Ich habe gesehen, er hat ein Messer und habe gewusst, was los ist”, zitierten Medien den Mann. Über den 23-jährigen Angreifer sind unterdessen mehr Details bekannt geworden. Laut “Salzburger Nachrichten” kaufte er sich die Tatwaffe, ein Klappmesser mit einer zehn Zentimeter langen Klinge, erst drei Tage vor der Tat. Dem Innenministerium zufolge kam der Täter im Jahr 2020 nach Österreich. Ihm wurde Asyl gewährt. Im Visier von Polizei oder Nachrichtendiensten stand er nie. Vor der Tat soll er aber einen Treueschwur auf die Terrororganisation Islamischer Staat abgelegt haben. Die Behörden gehen von einem Einzeltäter aus.

Nach islamistischem Attentat in Villach: Wie steht es um die Szene in Vorarlberg?
Politologe Schmidinger sagt, dass viele Strukturen in den Untergrund gewandert sind. MArktgemeinde Lustenau

Politologe Thomas Schmidinger, der besonders zu den Schwerpunkten politischer Islam und Naher Osten forscht, ist im Unterschied zu anderen Experten skeptisch, was die Rolle des Internets angeht. “Was klar ist, ist, dass es kaum mehr sichtbare Orte dschihadistischer Organisierung gibt, wie etwa einschlägige Moscheen oder Vereine.” Dadurch wanderten viele Strukturen in den Untergrund, seien weniger gut sichtbar. “Es gibt bislang wenige Fälle, wo eine Radikalisierung bei näherer Betrachtung ausschließlich durch das Internet erfolgt ist. Was es aber insbesondere seit dem Gaza-Krieg gibt, ist eine wachsende Zahl von oft jungen Muslimen, die sich weitgehend isoliert und, oft sogar ohne auf eine konkrete Gruppierung wie den IS Bezug zu nehmen, radikalisiert.” Diese Verschiebung hin zu individuellem Extremismus zeige sich auch anhand der Aktionsformen. Es handle sich nun überwiegend um Einzeltäter, die auch weniger im Vorfeld auffallen. Mit polizeilichen Maßnahmen ließen sie sich kaum erwischen – insbesondere bei einer so schnellen Radikalisierung.

Keine Zahlen

Das Büro von Sicherheitslandesrat Daniel Allgäuer (FPÖ) nennt keine konkreten Zahlen, wie viele Personen in Vorarlberg aktuell als “Gefährder” beobachtet werden. Inwieweit eine Person als solche im Zusammenhang mit terroristischen Tendenzen eingestuft wird, obliege den Sicherheitsbehörden, besonders dem Landesamt für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE). Die Lage werde laufend beobachtet. “Entsprechende Statistiken in diesem Bereich können aus ermittlungstaktischen Gründen jedoch nicht veröffentlicht werden.”

Ausschuss-Obmann Daniel Allgäuer hofft auf ein engmaschiges Kontrollnetz.
Das Büro von Sicherheitslandesrat Daniel Allgäuer nannte keine Zahlen – aus ermittlungstaktischen Gründen, wie es hieß. VN/Hartinger

Experte Schmidinger sagt zu den VN: “Von meiner Erfahrung her würde ich sagen, dass die Szene in Vorarlberg relativ gut unter Kontrolle ist.” Aber: “Solche Einzeltäter, die sich sehr schnell radikalisieren und dann schnell handeln, würden auch in Vorarlberg vermutlich nicht rechtzeitig auffallen.”

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