Messengerüberwachung nach Villach-Attentat? Datenschützer sind skeptisch

Pläne rund um “anlasslose Massenüberprüfung” und Online-Messenger im Fokus.
Villach, Schwarzach Das Attentat von Villach hat für Entsetzen und Fassungslosigkeit gesorgt. Ein 23-jähriger Syrer stach wahllos auf Menschen ein. Die traurige Bilanz: Ein 14-Jähriger starb, fünf Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Syrer konnte festgenommen werden, er soll aus einem islamistischen Motiv gehandelt und sich in kurzer Zeit auf TikTok radikalisiert haben. Der Innenminister will nun „anlasslose Massenkontrollen.“ Zudem pochte er auf eine Messengerüberwachung. Datenschützer sehen in der Forderung eine Themenverfehlung.
2020 nach Österreich gekommen
Der mutmaßliche Täter kam 2020 nach Österreich, wo ihm Asyl gewährt wurde. Der 23-Jährige gab nach seiner Festnahme an, im Namen der Terrororganisation IS gehandelt zu haben.

Als Reaktion auf das Attentat möchte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) anlasslose Massenkontrollen in Privatquartieren. Ihm zufolge sollen bestimmte Zielgruppen betroffen sein, die in Zusammenhang mit Radikalisierung aufgefallen seien. Er nannte afghanische und syrische Staatsbürger. Sein Ressort prüft, wie solche Kontrollen umgesetzt werden können. Es dürfte sich um eine Bestimmung im Verfassungsrang handeln.
Der Rechtsexperte Peter Bußjäger verweist auf bestehende Möglichkeiten im Rahmen des Staatsschutzgesetzes, um die islamistische Szene stärker zu beobachten. So könnten etwa die Verbreitung entsprechender Inhalte auf TikTok genauer unter die Luppe genommen werden. “Es wäre zum Beispiel auch sicherlich möglich, in Unterkünften von Asylwerbern die Hausordnung strenger zu kontrollieren, in Hinblick auf Messer und andere verbotene Gegenstände, vielleicht auch islamistische Zeichen.” Der Verfassungsrechtler gibt aber zu bedenken, dass es dafür Kapazitäten benötigt. Er stellt auch klar: “Aufs Geratewohl einfach Menschen herauspicken und überprüfen geht nicht.”

Bei den angekündigten Massenkontrollen in Privatunterkünften verweist Bußjäger auf große Unsicherheiten. „Es stellt sich die Frage, ob das im Hinblick auf die Europäische Menschenrechtskonvention und die EU-Grundrechtecharta zulässig ist.“ Käme es zu einer solchen anlasslosen Überprüfung, riskiere Österreich mitunter eine Verurteilung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. „Ob es einem viel nützt, ist also fraglich. Dann wäre es vielmehr eine Augenblickslösung.“

Das Innenministerium macht sich auch für eine Überwachung von Messengerdiensten wie zum Beispiel WhatsApp oder Telegram stark. Es gab im Vorjahr schon einmal einen Gesetzesentwurf, zu einer Einigung kam es nicht. Die Datenschutz-NGO epicenter.works äußerte schon mehrfach Bedenken. Daran hat sich nichts geändert, wie die NGO in einem Statement an die VN ausführt. Nach wie vor spricht sie von einem “unverhältnismäßigen Eingriff in unserer aller Grundrechte.” Zudem sieht sie eine Themenverfehlung. Denn der mutmaßliche Täter von Villach habe sich, soweit bekannt, über TikTok radikalisiert. Verschlüsselte Nachrichten, auf welche die Messengerüberwachung abzielt, seien nicht im Spiel gewesen. Vielmehr gehe es um illegale Inhalte, die auf öffentlich einsehbaren Plattformen wie TikTok verbreitet werden. “Was offline verboten ist, ist es auch online.” Die NGO sieht vor allem diese Plattformen gefordert, nach Digital Services Act der EU gegen solche Inhalte vorzugehen.