Radverkehr in Bregenz: “Es gibt Luft nach oben”

Die Radlobby hat die Positionen der Bregenzer Spitzenkandidaten abgeklopft.
Bregenz Vorarlberg gilt als Fahrradland. Laut Verkehrsclub Österreich besitzen drei Viertel der Haushalte mindestens ein funktionstüchtiges Fahrad, mehr als die Hälfte sogar zwei. Um die Parteien der Landeshauptstadt vor der Gemeindewahl auf ihre Positionen zu Radinfrastruktur und -politik abzuklopfen, hat die Radlobby Fragebögen an die Spitzenkandidaten verschickt. Die Antworten bieten zum Teil interessante Einblicke. Gernot Kiermayr, Sprecher der Radlobby in Bregenz, bezeichnet die Diskrepanz zwischen Planung und tatsächlicher Umsetzung als großes Problem. “Es gibt reihenweise Maßnahmen, die nichts kosten, aber Mut erfordern.”

FPÖ antwortete knapp
Kiermayr war von 2005 bis 2013 grüner Vizebürgermeister. Nun engagiert er sich bei der Radlobby. Der Verein sieht sich als Vertreter der Menschen, die im Alltag mit dem Rad unterwegs sind. Vor kurzem hat er die Antworten der Bregenzer Kandidaten zur Radpolitik veröffentlicht. “Sie waren aussagekräftig. Im positiven, wie im negativen Sinne”, sagt Kiermayr. Er verweist etwa auf das Schreiben von FPÖ-Kandidat Hubert Kinz: Es ist kurz gehalten und enthält Fehler, habe also eher provokativen Charakter. Kinz verlangt lediglich, dass das Fuß- und Radverkehrskonzept von 2019 einer Evaluierung (Kinz schreibt “Evakuierung”) bedarf.

Ausführlicher sind die anderen Parteien, etwa die Bürgermeisterpartei SPÖ. Michael Ritsch schildert, dass von über 200 Einzelmaßnahmen über 30 umgesetzt werden konnten. Dass die Umsetzung des Fuß- und Radverkehrkonzepts nicht schneller vonstatten geht, begründet der Bürgermeister damit, dass die Maßnahmen Zeit bräuchten, rechtlich, budgetär und verwaltungsintern abgeklärt werden müssten. Als nächstes solle die Radwegführung im Bereich Bregenz Mitte optimiert und die Radinfrastruktur in Weidach ausgebaut werden.

Die grüne Vizebürgermeisterin Sandra Schoch thematisiert sogenannte Quickwins, die sich ohne großen Aufwand umsetzen lassen. “Die Umsetzung der Quickwins kann umgehend begonnen werden. Die ‘großen’ Maßnahmen bedürfen einer budgetären Planung.” Dass bisher nicht mehr geschehen sei, bedauert Schoch. Dies sei nicht im Einflussbereich ihrer Partei gelegen.

Bei der ÖVP sieht die Radlobby vor allem autoaffine Positionen. Kandidat Roland Frühstück macht sich zum Beispiel für Tempo 40 stark. “Wir können uns die Prüfung eines generellen Tempo 40 auf allen Straßen in Bregenz, inklusive der Landesstraßen, vorstellen. Diese Maßnahme könnte die Verkehrssicherheit erhöhen und die Emissionen reduzieren”, ist Roland Frühstück überzeugt. Seit Februar 2024 gilt in allen öffentlichen Straßen im Ortsgebiet Tempo 30.

Die ÖVP lehnt außerdem einen stadtseitigen hochrangigen Radweg von der Vorklostergasse bis zur Bilgerikaserne ab. Frühstück verweist auf ungeklärte Punkte, die nicht in Entscheidungshoheit der Stadt liegen, etwa was Grundstückseigentümer angeht. Die Radschnellverbindung solle besser seeseitig entstehen, fordert er. Schoch ist hingegen dafür, Ritsch prinzipiell auch. Neos-Kandidat Michael Sagmeister spricht zwar grundsätzlich von einer guten Idee. Doch: Bevor ein weiterer Radweg errichtet wird, muss man sich ehrlich eingestehen, dass die bestehende Radinfrastruktur in Bregenz chaotisch und unkoordiniert ist.” Insbesondere am Seeufer zeigten sich Probleme. Sagmeister sieht zum Beispiel den Radweg an See, zwar durch die Pipeline aufgewertet, aber an mehreren Stellen unklar geführt.

Gernot Kiermayr ist überzeugt: “Es gibt in der Politik noch Luft nach oben.” Die Radlobby hält diesen Freitag, ab 18 Uhr, vor dem Rathaus eine Radkundgebung ab, um Aufmerksamkeit auf das Fahrrad zu lenken. Man müsse etwa auf Städte wie Kopenhagen, Amsterdam oder Paris blicken, sagt der Sprecher. Dort würden Maßnahmen nicht nur geplant, sondern auch umgesetzt. Selbst in der Nähe gebe es Vorbilder. “Sogar Wangen macht mehr für den Radverkehr als Bregenz.”