Warum sich das KHBG-Siemens-Verfahren zieht

Wie detailreich und verschachtelt Ermittlungen bei großen Betrugsverfahren sein können, zeigt die Causa rund um kolportierten Baubetrug bei der KHBG.
Wien Vorarlberg beschäftigte die Korruptionsermittler im Vorjahr intensiv. Sind die Vorkommnisse um den Wirtschaftsbund nun erstinstanzlich abgehandelt, laufen die Ermittlungen um den kolportierten Baubetrug bei der Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) weiter. Im Mittelpunkt steht ein ehemaliger Manager der Vorarlberger Siemens-Niederlassung – und ehemalige Mitarbeiter der Bauabteilung der KHBG. Seit fast zwei Jahren laufen die Ermittlungen, die Betrugscausa wurde im Sommer 2023 publik – ein Ende ist nicht abzusehen. “Der Schaden ist noch Gegenstand von Erhebungen. Eine Summe können wir noch nicht seriös abschätzen”, sagt Oberstaatsanwalt Martin Ortner den VN. Aktuell geht man von einer Schadenssumme von über fünf Millionen Euro aus – ab dieser Grenze landen die Ermittlungen automatisch bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

Österreichweit hat die WKStA insgesamt 1000 Verfahren abgeschlossen. Gleichzeitig sind 960 neue hinzugekommen. 47 Staatsanwälte, zehn Wirtschaftsexperten und 15 IT-Experten sind aktuell bei der WKStA beschäftigt, wie die Chefin Ilse-Maria Vrabl-Sanda erklärt. Auffällig: Die Zahl der Fälle mit mehr als drei Jahren Verfahrensdauer konnten zwar um ein Drittel gesenkt werden. Derzeit verfolgt die WKStA aber 77 und damit zwei Drittel aller Großverfahren in Österreich.
Schwer nachprüfbare Positionen
Dazu gehört auch die Causa rund um die KHBG. Von diesen Ermittlungen waren neben einem Siemens-Manager zwei damals aktive und ein pensionierter Beschäftigter der KHBG betroffen. Sie sollen seit 2013 über ein eigenes Unternehmen für Aus- bzw. Neubauprojekte der KHBG manipulierte Rechnungen ausgestellt haben. Es kam in der Folge zu mehreren Selbstanzeigen, insgesamt werden zwölf Personen als Beschuldigte geführt. Die Aufarbeitung ist für die Ermittler langwierig und mühsam. Offenbar versteckten die Beschuldigten in Rechnungen für kleinere und mittlere Bauvorhaben schwer nachprüfbare Positionen mit fantasievollen Bezeichnungen, um das Geld dann umzuleiten. Hunderte Einzelfälle stehen im Raum. Die KHBG sei dabei eine der Hauptgeschädigten, aber nur eines von mehreren Unternehmen. “Auch der Staat ist Opfer, wenn es etwa um Bauvorhaben von Bund, Land oder Gemeinden geht”, betont Oberstaatsanwalt Wolfgang Handler.
Bei Großverfahren handelt es sich um Verfahren mit zwei- bis dreistelligem Millionenschaden oder tausenden Geschädigten und damit enormem Ermittlungs-, Management- und Administrationsaufwand. “Komplex, verschachtelt, detailreich”, fasst es Vrabl-Sanda zusammen. Medial bekannt sind etwa die Signa-Insolvenz und das sogenannte Ibiza-Verfahren.
Wirtschafts- und Korruptionsdelikte häufiger gemeinsam
Vor allem die Aktenadministration stelle einen großen Aufwand dar und ziehe Verfahren in die Länge, berichtet Vrabl-Sanda. Das gilt aktuell insbesondere für die Signa-Pleite. Großverfahren rücken immer mehr in das Zentrum der Arbeit der WKStA. Die Zahl reiner Korruptionsverfahren sinkt, berichtet die WKStA-Chefin: Von 2023 auf 2024 von zwölf auf sieben Prozent. “Das bedeutet jedoch nicht, dass Korruption nicht mehr so ein Gewicht hat – stattdessen steigen Verfahren, in denen Wirtschaftsstrafsachen und Korruption gemeinsam auftreten” – von 18 auf 21 Prozent.