Geringe Wahlbeteiligung in Aussicht? Wahlkartenanträge als möglicher Vorbote

Politik / 13.03.2025 • 14:33 Uhr
Mehrere Wahlkarten sollen bei der Gemeindewahl im September 2020 in Bludenz gefälscht worden sein.  Stadt bludenz
Wahlkarten sind je nach Gemeinde unterschiedlich nachgefragt.  Stadt bludenz

In den Gemeinden sind Wahlkarten mal mehr mal weniger nachgefragt als vor fünf Jahren. Zur Wahl 2020 gibt es Unterschiede.

Schwarzach Vorarlbergerinnen und Vorarlberger sind wahlmüde. Etwas mehr als die Hälfte entschied sich vor fünf Jahren, wählen zu gehen. Mit einer Wahlbeteiligung von 53,4 Prozent erreichten die Wählerinnen und Wähler – oder besser gesagt die Nichtwähler – bei den Gemeindewahlen einen neuen Tiefpunkt. Historiker Wolfgang Weber bezeichnet die Beteiligung als „dramatisch tief“. Er sieht mehrere Gründe dafür, unter anderem, dass kontroversielle Themen fehlen und die Politikverdrossenheit zugenommen hat.

Eine Prognose zur Wahlbeteiligung am Sonntag wäre Kaffeesudlesen. Wie groß das Interesse ist, kann zumindest durch die Wahlkartenanträge erahnt werden, die allerdings je nach Gemeinde in völlig unterschiedlichem Ausmaß ausgestellt worden sind.

Stadtamtsdirektor Markus Kranz, Personalserviceleiterin Sigrid Dieing und Bürgermeister Dieter Egger - © Stadt Hohenems
Der Hohenemser Stadtamtsdirektor Markus Kranz erklärt, dass weniger Wahlkarten beantragt wurden. Bis Freitag können Wahlkarten in der Gemeinde noch ausgestellt werden. VN

Weniger Interesse in Hörbranz und Klaus

In Hörbranz haben die Bürgerinnen und Bürger bislang deutlich weniger Wahlkarten beantragt als vor fünf Jahren, wie Irmgard Schuler-Schwendinger vom Meldeamt erklärt. Sie geht „aufgrund des geringeren Interesses an Wahlkarten“ von einer niedrigeren Wahlbeteiligung aus. Auch in Klaus hält sich der Andrang in Grenzen. „Bisher wurden 15 Prozent weniger Wahlkarten ausgestellt“, erklärt Christine Schmid vom Bürgerservice. Weniger Interesse an Wahlkarten sieht auch Stadtamtsdirektor Markus Kranz in Hohenems. Alle verweisen aber darauf, dass bis Freitag in der Gemeinde noch Wahlkarten ausgestellt werden können.

Zuwächse in Bludesch und Hard

In Bludesch ist das Interesse an Wahlkarten hingegen gestiegen, wie Gemeindesekretär Helmut Wegeler erklärt. „Im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren sind es deutlich mehr.“ Auch in Schruns ortet Amtsleiter Christof Obwegeser Zuwächse. Auch in Hard sind es tendenziell mehr, erklärt der Leiter der Abteilung Bürgerservice & Soziales, Matthias Österle.

Florian Kasseroler ist seit 20 Jahren Bürgermeister.  EM (2)
Florian Kasseroler tritt nicht mehr als Bürgermeister an. In Nenzing rechnete man daher mit mehr Wahlkartenanträgen als 2020. Derzeit sind es allerdings in etwa gleich viele. VN

Gleichbleibend in Nenzing und Egg

Mit Blick auf die Wahlkarten ist das Interesse in Nenzing fast gleich, berichtet Gemeindesekretär Hannes Kager. „Wir hätten gedacht, dass mehr Wahlkarten beantragt werden.“ Schließlich verabschiedet sich Bürgermeister Florian Kasseroler nach fast 22 Jahren aus der Politik. Drei neue Kandidaten stehen zur Wahl. Gleichbleibend scheint die Lage auch in Egg, erklärt Gemeindesekretär Stellvertreter Josef Behmann. Doch auch das könnte einen Hinweis bieten, denn: „Meine Erfahrung als alter Wahlhelfer ist, dass bei Herbstwahlen tendenziell mehr Wahlkarten beantragt werden.“ In Rankweil verweist Kommunikationsleiterin Fleur Weiland auf einen weiteren Unterschied zu 2020. Heuer seien in der Marktgemeinde etwa gleich viele Wahlkarten beantragt worden, “vermutlich dadurch, dass im September 2020 mehr aus gesundheitlichen Gründen (Corona) eine Wahlkarte beantragt haben.” In Bregenz bewegen sich die Wahlkarten ebenso auf ähnlichem Niveau zu 2020, berichtet der Leiter des Meldeamts Martin Rainer. „Eine Tendenz für die Wahlbeteiligung lässt sich, nach meiner Erfahrung, nicht unbedingt ablesen.“ Der Trend zur Wahlkarte erhöhe sich aber.

307.890 Personen sind am Sonntag wahlberechtigt. Das sind rund 6000 mehr als vor fünf Jahren. Auch EU-Bürgerinnen und Bürger dürfen ihre Stimme abgeben.

Wolfgang Weber
Wolfgang Weber sieht mehrere Gründe für die geringe Wahlbeteiligung. VN/Stiplovsek

Ursachensuche

Die höhere Zahl der Wahlberechtigten könne ein Erklärungsfaktor für die geringere Beteiligung sein, verweist Wolfgang Weber auf eine Studie nach der Innsbruck-Wahl. Eine andere Untersuchung zeige, dass „je höher die ökonomische Zufriedenheit ist, desto geringer der Impuls, wählen zu gehen.“ Weber umschreibt auch die These seines Kollegen Günther Pallaver, der die Politik zusehends in Konkurrenz mit anderen Tätigkeiten von Ehrenamt bis Familienleben sieht. „Natürlich ist die Wahlbeteiligung auch immer eine Frage der Mobilisierung.“ Dazu brauche es auch Themen, die mobilisieren. „Nicht zuletzt gibt es auch eine steigende Politikverdrossenheit.“ Diese sei statistisch nachweisbar. Mittlerweile nehme auch die Politik die Verdrossenheit zur Kenntnis. „Nur konkrete Maßnahmen dagegen hat sie noch nicht angeboten.“